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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Eine Reihe weiterer gründlicherer Untersuchungen seien notwendig, aber er habe in meiner Akte gelesen, dass ich mich lange in Afrika aufgehalten hätte, und vermute, ich hätte mir dort eine Tuberkulose zugezogen.
    Aber ich kann mich nicht daran erinnern, krank gewesen zu sein, verteidigte ich mich. Er war ganz ruhig, war sicher der Ranghöchste in dem ganzen Laden und daran gewöhnt, schlechte Nachrichten zu überbringen. Er hat lange mit mirgeredet, ich habe jedoch nicht hingehört. Es war eine Form der Tuberkulose, die sehr wohl unbemerkt auftreten kann, ich erinnere mich nicht genau. Mein Gehirn war genauso nekrotisch wie der Rest.
    Woran ich mich erinnere, ist, wie ich später wieder auf der Straße stand und meinen Bauch unter dem Pulli berührt, ja gestreichelt habe. Ich war völlig neben der Spur.
    Zum Glück verging die Zeit. Ich musste mich sputen, wenn ich noch in den großen Schreibwarenladen wollte, bevor ich die Kinder von der Schule abholte. Ich habe ihr alles gekauft. Alles, wovon sie träumte. Farben, Pastellkreide, einen Aquarellkasten, Kohlestifte, Papier, Pinsel in allen Stärken, ein Basis-Kit für chinesische Kalligraphie, Perlen ... alles.
    Anschließend bin ich in einen Spielzeugladen gegangen, um die beiden anderen hemmungslos mit Geschenken zu überschütten. Ich hatte so schon Mühe, finanziell über die Runden zu kommen, aber egal. Life was definitely a bitch.
    Ich war sehr spät dran, hätte um ein Haar einen Unfall gebaut und bin völlig aufgelöst an der Schule vorgefahren. Es war schon fast dunkel, und ich sah sie alle drei unter dem Vordach sitzen, wo sie angsterfüllt auf mich warteten.
    Außer ihnen war kein Mensch mehr auf dem gesamten Schulhof.
    Ich habe gesehen, wie sie die Köpfe hoben und lächelten. Das Lächeln von Kindern, die soeben begriffen hatten, dass sie nicht verlassen worden waren. Ich habe mich auf sie gestürzt und sie in die Arme genommen. Ich habe gelacht, geweint, sie um Entschuldigung gebeten, ihnen gesagt, dass ich sie liebe, dass wir uns niemals trennen würden, dass wir die Stärksten seien und dass ... dass die Hunde bestimmt auf uns warteten, was?
    Sie haben ihre Geschenke ausgepackt, und ich habe wieder angefangen zu leben.
     
    So«, sagte sie und stellte ihre Tasse ab, »jetzt wissen Sie alles. Keine Ahnung, was Sie denen erzählen, die Sie hergeschickt haben, aber ich für meinen Teil habe Ihnen alles gezeigt.«
    »Und die beiden anderen? Yacine und Nedra? Wo kommen sie her?«
    »Oh, Charles«, seufzte sie, »bald sind es ...«, sie streckte die Hand nach ihm aus, packte sein Handgelenk und drehte es, um seine Uhr zu befragen, »sieben Stunden am Stück, dass ich von mir erzähle. Haben Sie denn noch nicht genug?«
    »Nein. Aber wenn Sie müde sind –«
    »Haben Sie wirklich keine Zigaretten mehr?«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Nein.«
    » Shit . Okay, legen Sie noch Holz nach. Ich bin gleich zurück.«
     
    Sie hatte jetzt eine Jeans an, unter ihrem Kleid.
    »Wieder anfangen zu leben, das war für mich mit meinem unnützen Bauch gleichbedeutend damit, das Haus für andere Kinder zu öffnen.
    Es war so groß, es gab so viele Tiere, so viele Schlupfwinkel, so viele Schuppen ... Und außerdem hatte ich so viel Zeit. Ich habe beim Jugendamt angefragt und mich als Pflegemutter beworben. Ich stellte mir vor, während der Ferien Kinder aufzunehmen. Ihnen ein tolles Ferienlager zu bieten, schöne Erinnerungen und ... Na ja, so genau wusste ich es nicht, aber ich hatte den Eindruck, dass sich das Leben hier regelrecht anbot. Dass wir alle im selben Boot saßen und zusammenhalten mussten. Und außerdem ... Dass ich schließlich noch für etwas taugen musste. Ich habe mit den Kindern gesprochen, und sie haben Sachen gesagt wie: Müssen wir dann unsere Spielsachen teilen?
    Das war das Schlimmste, was sie sich vorstellen konnten. Ich habe eine ganz neue Welt kennengelernt. Habe mir bei der Mutter-Kind-Einrichtung Unterlagen besorgt und alle Feldergewissenhaft ausgefüllt. Familienstand, Einkünfte, Motivationen ... Habe mein Schulwörterbuch zu Hilfe genommen, um keine Rechtschreibfehler zu machen, und Fotos vom Haus beigefügt. Ich dachte schon, sie hätten mich vergessen, aber nach ein paar Wochen kündigte eine Sozialarbeiterin ihren Besuch an, um zu überprüfen, ob ich eine Genehmigung erhalten könnte.«
    Sie griff sich lachend an die Stirn. »Ich weiß noch, wie wir am Vortag alle Hunde im Hof gewaschen haben! Sie stanken aber auch mächtig! Und ich habe

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