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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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selbst war und dabei den ganzen Tag im Bett blieb.
    Und der im Tageslicht blinzeln musste.
     
    Hatte sie meine Gedanken gelesen?
    »Bei Drogis ist das was anderes. Entweder gibt es niemanden mehr, oder die Eltern sind dermaßen kaputt, dass man sie auch gleich dabehalten müsste. Und diejenigen, die noch da sind, die immer da waren, weißt du, was die sagen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Es ist alles unsere Schuld.«
     
    Als dieses Abendessen stattfand – ’85 oder ’86 –, war Alexis noch einigermaßen clean, würde ich sagen. Er hat vor allem geraucht. Ich weiß es nicht, aber er war wohl noch nicht bei Abschnürbinden und langen Ärmeln angekommen, sonst könnte ich mich an meine Antwort erinnern. An dem Abend erzählte sie mir von den Eltern der anderen, und ich pflichtete ihr wortlos bei. Die anderen ...
    Woran ich mich erinnere, war, dass ich es geschafft hatte, das Gespräch in andere Bahnen zu lenken, dass wir über unverfänglichere Themen sprachen, über mein Studium, unseren Nachtisch und den Film, den ich letztes Wochenende gesehen hatte, als ihr Lächeln gefror.
    »Ich hatte am Sonntag Dienst«, fing sie wieder an, »und – und da war dieser Junge, kaum älter als du, ein Tänzer. Er hat mir Fotos gezeigt, ein Tänzer, Charles. Ein fantastischer Körper und ...«
    Sie sah zur Decke, um alles zurückzudrängen, seinen Speichel, seinen Rotz und das, was seinen Blick trübte, sah dann wieder zu mir und legte auf mich an. »... an diesem Sonntag also, als ich ihm den Körper mit Kampfer eingerieben habe, im Grunde also gar nichts gemacht, ihn regelrecht verarscht habe, half ich ihm, sich vorzubeugen, damit ich seinen Rücken einreibenkonnte, und weißt du, was unter meiner Hand passiert ist?«
    Sie hielt sie mir hin. »Unter dieser Hand hier, dieser Hand einer examinierten Krankenschwester, die in über zwanzig Jahren Tausende verbunden hat?«
    Ich reagierte nicht.
    »Auf ...«
    Sie hielt inne und leerte ihr Glas. Ihre Nasenflügel bebten. »Auf seinem Rückgrat ist die Haut – ist die Haut ...«
    Ich hielt ihr meine Serviette hin.
    »... gerissen.«
     
    *
     
    Er hatte gerade seinen Koffer abgeholt und wartete ungeduldig vor den Schaltern, um einzuchecken. Um ihn herum wurde schon überall Russisch gesprochen, und drei Mädchen glucksten laut, während sie das Ergebnis ihrer Einkäufe verglichen.
    Man konnte ihre Bäuche sehen.
     
    Er hatte Lust auf einen Kaffee.
    Und auf eine Zigarette.
    Als er sein Buch herausholte, fiel der Abschnitt seines letzten Flugscheins heraus, der ihm als Lesezeichen gedient hatte. Keine Panik, er würde in wenigen Metern einen neuen bekommen.
     
    XXXIII
     
    Die Hauptgefechte der Schlacht bei Borodino spielten sich auf einer Fläche von einigen tausend Metern zwischen Borodino und Bagrations Pfeilschanzen ab. Außerhalb dieser Fläche wurde auf der einen Seite gegen Mittag von Uwarows Kavallerie eine Demonstration unternommen, während auf der anderen Seite hinter Utiza ein Zusammenstoß zwischen Poniatowski und Tutsch...
    Kein Fenster ...
    Ihr war immer schwindlig geworden ...
    ...kow stattfand, aber das waren zwei gesonderte, im Vergleich mit dem, was in der Mitte des Schlachtfelds vor sich ging, unbedeutende Gefechte ...
    Er verstand kein Wort von dem, was er las.
     
    Sein Handy vibrierte. Das Büro. So früh?
    Nein. Die Nachricht war von gestern. Es war Philippe. Einer von Páwlowitschs Schergen hatte eine verhängnisvolle Mail geschickt. Die zweite Schicht Estrich musste noch einmal aufgetragen werden, ein Fehler in den Berechnungen, davon wollten die Typen von Wórodin nichts wissen, und man hatte einen Toten gefunden, links auf dem Gelände. Ein Typ, der natürlich nirgendwo registriert war. Die Polizei würde noch einmal vorbeikommen.
    Gut, okay. Warum war der Typ nicht verschwunden? Gab es keinen Beton mehr?
     
    Er atmete tief ein, um dann seine Wut auszuatmen, suchte sich einen freien Sitz, klappte sein Buch zu, verstaute die beiden Fürsten und ihre fünfhunderttausend Toten in den Tiefen seiner Tasche und holte seine Akten heraus. Sah auf die Uhr, rechnete zwei Stunden drauf, landete auf einer Mailbox und fing an, auf Englisch zu fluchen. Good Lord, er tobte sich nach Herzenslust aus. Dieser fucking bastard würde seine Nachricht bestimmt nicht bis zum Ende anhören.
     
    Mit einem Mal explodierte alles. Alexis, seine fiese Art, Claire und die kleinen Kapellen von Skopelos, Laurence’ Launen, Mathildes Schmollmund, seine Erinnerungen, ihre Zukunft,

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