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Alles Glück kommt nie

Titel: Alles Glück kommt nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verräucherten Baracke ein, legte seine Papiere vor, bestieg den Flieger, wartete auf seinen Koffer, stieg in ein Taxi, an dessen Rückspiegel eine Fatima-Hand baumelte, kehrte zu einer Frau zurück, die ihn nicht mehr liebte, und zu einem Mädchen, das sich noch nicht liebte, umarmte beide, hielt seine Termine ein, aß mit Claire zu Mittag, rührte sein Essen kaum an, versicherte ihr, dass alles in Ordnung sei, wich aus, als sich das Gespräch von ausgewiesenen Naturschutz-gebieten und gesetzlich vorgeschriebenen Gebäudeerhaltungsmaßnahmen als Ergebnis der Dezentralisierung entfernte, begriff, dass der Riss unter ihm Boden gewann, als er sie an der Straßenecke verschwinden sah und sein Herz in den Schuhen zerschellte, schüttelte den Kopf, versuchte, sich auf dem Boulevard des Italiens zu zerlegen, hüllte sich in bohrendes Schweigen, analysierte die Bodenqualität, schloss daraus, dass er einer Manifestierung reinsten Mitleids ausgesetzt war, verachtete sich, unterwarf sich der Selbstkasteiung, machte eine Kehrtwende, setzte einen Fuß vor den anderen und fing wieder von vorn an, änderte seine Grundsätze, begann wieder zu rauchen, vertrug keinen Tropfen Alkohol mehr, verlor an Gewicht, gewann Ausschreibungen, rasierte sich seltener, spürte, wie sich seine Gesichtshaut schuppte, verzichtete darauf, sich den Abfluss genauer anzuschauen, wenn er sich die Haare wusch, war weniger redselig, trennte sich von Xavier Belloy, holte sich einen Termin beim Augenarzt, kam von Tag zu Tag später heim, häufig zu Fuß, litt an Schlafstörungen, ging so oft wie möglich zu Fuß, orientierte sich am Bordstein, überquerte außerhalb der Ampelmarkierungen die Straße, querte die Seine, ohne den Blick vom Boden zu heben, bewunderteParis nicht mehr, berührte Laurence nicht mehr, stellte fest, dass sie, wenn sie sich zuerst schlafen legte, in die gemeinsame Bettdecke eine Art Graben einbaute, fing zum ersten Mal in seinem Leben an fernzusehen, war völlig verdattert, schaffte es, Mathilde zuzulächeln, als sie ihm ihre Physiknote mitteilte, reagierte nicht mehr, als er sie dabei erwischte, wie sie sich bei LimeWire bediente, scherte sich keinen Pfifferling um die muntere Datenklauerei, stand nachts wieder auf, trank auf den kalten Fliesen der Küche literweise Wasser, versuchte zu lesen, ließ Kutúsow und seine Truppen bei Krasnóje im Stich, antwortete auf die Fragen, die ihm gestellt wurden, antwortete mit nein, als Laurence ihm mit einer Aussprache drohte, wiederholte seine Worte noch einmal, als sie ihn fragte, ob er zu feige sei, schnallte den Gürtel enger, ließ seine Derbys besohlen, nahm eine Einladung zu einer Konferenz über environmental issues in the construction industry in Toronto an, die ihn völlig kalt ließ, reagierte gereizt auf eine Praktikantin, zog an ihrem Computer schließlich den Stecker, schnappte sich einen Stift, den er ihr in die Hand drückte, erregte sich, los, zeigen Sie mir, ja, Sie, was ich sehen soll, schob ein Projekt für einen Hotelbesitzer in der Nähe von Nizza an, brannte sich mit einer Zigarette ein Loch in den Jackenärmel, schlief im Kino ein, verlor seine neue Brille, fand sein Buch über den Architekten und Designer Jean Prouvé wieder, erinnerte sich an sein Versprechen, klopfte daraufhin eines Abends bei seiner Großen an und las ihr folgenden Absatz laut vor: »Ich erinnere mich, dass mein Vater immer sagte: Siehst du, wie sich der Dorn am Stengel dieser Rose festkrallt? Bei diesen Worten öffnete er die Hand und fuhr mit einem Finger ihre Umrisse nach: Siehst du? Wie der Daumen einer Hand. Das alles ist sehr durchdacht, sehr solide, es sind Formen, die haltbar sind und trotzdem beweglich. Das ist mir in Erinnerung geblieben. Wenn Sie sich manche Möbel anschauen, die ich entworfen habe, findet man überall Dinge, die ...«, stellte fest, dass es sie nicht die Bohne interessierte, fragte sich, wie das möglich war, bei ihr, die früher so neugieriggewesen war, ging rückwärts aus ihrem Zimmer, stellte das Buch einfach irgendwo ins Regal, lehnte sich an den Türpfosten der Bibliothek, betrachtete seinen Daumen, schloss die Hand zur Faust, seufzte, legte sich schlafen, stand auf, kehrte in seinen Sumpf zurück, schloss sich erneut in einer verräucherten Baracke ein, legte seine Papiere vor, stieg in den Flieger, wartete ...
     
    Das ging wochenlang so und hätte gut und gern noch Monate oder Jahre so gehen können.
    Am Ende hatte der Draufgänger den Sieg davongetragen. Was nur

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