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Alles hat seine Zeit

Titel: Alles hat seine Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ennio Flaiano
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kochte er mir einen sehr starken Kaffee, und als ich ihn getrunken hatte, fühlte ich mich besser.«Es ist nur ein vorübergehendes Unwohlsein», sagte ich,«und ich täte gut daran, mich auf den Weg zu machen.»Stattdessen schlummerte ich ein. Aber so groß war meine Angst, der Alte könnte meinen Schlaf dazu benutzen, um fortzugehen, dass ich ihn mehrmals rief, wenn ich plötzlich aus dem Schlaf auffuhr, und er kam immer, um mich zu beruhigen.
    «Du darfst nicht fortgehen», sagte ich zu ihm.
    «Es geht dir aber schlecht», erwiderte er. Und er fügte hinzu:«Wenn ich nicht gehe, habe ich die Schuld.»
    Da ergriff ich seine Hand, ich war verstört, und beinahe jammernd wiederholte ich:«Du darfst nicht gehen.»Und da er mich ansah, ohne zu begreifen, oder wenigstens so tat, als begreife er nicht, damit ich ein Geständnis ablege, und auch nicht wagte, seine Hand zurückzuziehen, die trocken und rauh war wie von Rost zerfressenes Eisen, fügte ich hinzu:«Niemand darf wissen, dass ich hier bin.»

    Er ging auf seine Hütte zu, wobei er sich halb umwandte und mich mit immer ernsteren Blicken ansah, denn er hatte begriffen und musste nicht mehr so tun, als ob, und alle seine Überzeugungen erlitten einen tödlichen Schlag. Doch er empfand Genugtuung. Genauso sollte er mich nun an den folgenden Tagen immer anschauen.
    Nach dem dritten Tag ging es mir gut, aber ich hatte durchaus keine Lust, mich wieder auf den Weg zu machen. Die Strecke nach Massaua kam mir endlos vor, und je mehr ich mir auf der Landkarte die Etappen des Weges einprägte, desto überzeugter war ich, dass ich in diesem Zustand nicht einmal die ersten in Angriff nehmen konnte, ohne sogleich die Folgen zu spüren. Ich musste zuerst wieder zu Kräften kommen, und dies war schließlich der beste Ort dafür, der sich mir bot, selbst wenn alles dazu beitrug, ihn zu verdüstern. Vielleicht würde ich mich mit der Zeit sogar an Johannes gewöhnen.
    An jenem Tag arbeitete der Alte gerade an einer Art Pfählen für eine neue Lagerstatt, und er fragte mich - eine ganz ungewohnte Aufmerksamkeit -, wie es mir gehe; und zwar mit einer Stimme, die ich nie an ihm gehört hatte. Es war eine freundlichere Stimme; ich hätte sogar einen Anflug von Sympathie heraushören können, wenn an dem schwachen Lächeln, das seine Worte
begleitete, auch seine Augen beteiligt gewesen wären. Nein, Johannes’ Augen blieben immer zu weit aufgesperrt und zu starr, wenn sie mich anblickten. Er schien jedes Mal überrascht, mich zu sehen. Während des ganzen Tages konnte ich den Gedanken nicht loswerden, dass der Alte irgendetwas gegen mich im Schilde führe. Ich erinnerte mich jetzt an die Worte des Schmugglers:«Diese Leute binden sich nicht an einen», und ich übersetzte sie:«Es sind unvertraute Leute.»Aber ich konnte ja nicht verlangen, dass Johannes mich mit Förmlichkeiten überhäufte; und ich war jetzt entschlossen, mir diese Ruhetage nicht mit tausend Verdächtigungen zu verderben. Ich hatte mich in die Hände des Alten begeben, und wenn er mich verraten sollte, war dies ein Zeichen, dass ich dem Geschehenen zu viel Gewicht beimaß. Und dann tröstete mich der Gedanke, die verschwörerischen Pläne umzustoßen, gerade damit, dass ich mich dem Henker auslieferte. Es war ein gefährlicher Schachzug, aber er konnte gelingen. Den Risiken, die ich würde auf mich nehmen müssen, wenn ich das Dorf sofort verließe, war das Risiko einer Anzeige vorzuziehen. Vom Hügel aus übersah man den Pfad, und falls irgendeine Patrouille käme, würde ich mich rechtzeitig verstecken können. Überall waren Bäume, und es gab den Pfad, der zum Nebenfluss führte. Wenn dann Johannes
einen Vorwand finden würde, um sich zu entfernen, ginge auch ich auf und davon, am Nebenfluss entlang hinauf, und meine Spuren würden sich verlieren. Wenn ich mit Johannes sprach, sagte ich nämlich, dass ich mich ins Tiefland begeben müsse, an die Grenze zum Sudan, und er schien es zu glauben. Er kannte den Weg ins Tiefland, und so ließ ich ihn lange darüber reden, wobei ich mir Notizen machte. Ich fragte ihn aus über die verschiedenen Stämme dort unten; er war freigiebig mit seinen Angaben, und so zweifelte er am Schluss unseres langen Gesprächs nicht daran, dass ich mich wirklich in jene Gegend begeben wolle. Ich fragte ihn auch, ob er in letzter Zeit auf dem Hochland gewesen sei.
    «Nein», erwiderte er. Jetzt nannte er mich nicht mehr«Herr Oberleutnant», und beim ersten Mal hatte ich es nicht

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