Alles Ist Ewig
hatte. Sie stellte sich vor, wie das Mädchen auf dem Roller irgendwo in der Nähe um die Häuserblocks kreiste, wie ein Raubtier, das den richtigen Moment abwartet, um sich auf seine Beute zu stürzen. Nicht einmal als im Schneegestöber vor ihnen endlich die Lichter ihres Hotels auftauchten, gestattete Haven es sich, Erleichterung zu verspüren. Es bestand immer noch die Chance, dass sie es trotzdem nicht bis in die Lobby schaffen würde – dass sie wie ein Kaninchen kurz vor dem sicheren Bau geschnappt werden würde. Das Mädchen auf dem Roller verfolgte sie. Da war Haven sich sicher.
Als sie endlich in der Lobby angelangt waren, fuhr Haven herum und spähte nach draußen, die Nase fast an die Glastür gepresst.
»Ist da draußen irgendwas?« Iain, der sich allmählich auch Sorgen zu machen schien, legte ihr die Hand auf die Schulter und blickte hinaus in die Dunkelheit.
»Pssst«, machte Haven. Die Straßen waren verlassen und nichts bewegte sich in den Schatten. Ein paar Häuserblocks weiter flackerte ein winziges Licht auf. Zuerst dachte sie, es sei vielleicht die Vespa, die sie noch immer verfolgte, aber als das Licht sich über eine Minute lang nicht bewegte, atmete sie auf. Havens Angst ließ ein wenig nach und verwandelte sich in das Verlangen nach einer langen, heißen Dusche. Sie ließ zu, dass Iain sie bei der Hand nahm, und sie machten sich auf den Weg durch die Lobby.
»Entschuldigen Sie, Miss Moore.« Eine streng aussehende Rezeptionistin trat ihnen in den Weg, kurz bevor sie die Aufzüge erreicht hatten. Trotz ihrer geringen Größe bildete sie ein unüberwindbares Hindernis. »Könnte ich Sie kurz sprechen?«
»Wir sind ein bisschen in Eile«, erwiderte Haven müde, doch als sie versuchte, einen Schritt an der Frau vorbeizumachen, musste sie feststellen, dass ihr Weg schon wieder versperrt war.
»Es dauert nur einen Moment.« Die Frau deutete auf eine offene Bürotür. Widerwillig folgten Haven und Iain ihr hinein.
»Ja?«, fragte Haven, die sich wie ein unartiges Kind vorkam, das ins Büro des Schuldirektors gerufen worden war.
»Es gibt ein Problem mit Ihrer Kreditkarte. Das Hotel ist angewiesen worden, keine Abbuchungen mehr vorzunehmen.«
»Angewiesen worden? Von wem?«, wollte Haven wissen. Sie spürte, wie sich dunkelrote Flecken auf ihrem Gesicht und ihrer Brust ausbreiteten.
»Von der Kreditkartengesellschaft. Würden Sie Ihre Rechnung dann lieber bar bezahlen oder möchten Sie früher auschecken?« Die Frau ließ keinen Zweifel daran, welche der beiden Möglichkeiten sie bevorzugte.
»Wir zahlen bar«, sagte Iain zum zweiten Mal an diesem Abend. »Ich hatte einen Umschlag im Hotelsafe platzieren lassen. Wären Sie wohl so nett, ihn zu holen?«
»Selbstverständlich«, erwiderte die Frau knapp.
»Glaubst du mir jetzt endlich?«, fragte Haven, sobald sie und Iain allein im Büro waren. »Irgendjemand hat meine Konten gesperrt. Das muss Adam gewesen sein. Wer sollte uns sonst so was antun?«
»Lass uns keine voreiligen Schlüsse ziehen«, entgegnete Iain, noch immer fest entschlossen, Haven zu beruhigen. »In New York ist es erst halb fünf. Wir haben also genug Zeit, das Problem zu lösen. Check als Erstes mal deine E-Mails. Vielleicht hat das Kreditkarteninstitut dir ja eine Nachricht geschickt. Das ist alles bestimmt nur ein Missverständnis.«
»Ein Missverständnis? Und wie erklärst du dir dann bitte das Mädchen auf der Vespa? Die hat uns beobachtet.«
»Wir sind in Italien, Haven«, sagte Iain. »Hast du eine Ahnung, wie viele Mädchen hier auf Vespas herumfahren?«
»In so einem Schneesturm?«
»Komm schon, Haven. Lies erst mal deine E-Mails.«
Haven kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy. Und tatsächlich war zwei Stunden zuvor eine E-Mail von ihrem New Yorker Anwalt angekommen. Sie überflog die Nachricht.
»Na, das erklärt natürlich einiges«, rief Haven. »Deine Mutter verklagt mich.«
»Sie tut was ?« Nun begann auch Iains gelassene Fassade zu bröckeln.
»Sie behauptet, ich hätte dein Testament gefälscht.«
»Lies mal vor.«
»›Sehr geehrte Miss Moore, ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass alle Ihre Konten vorübergehend gesperrt wurden. Mrs Virginia Morrow, die Mutter Ihres verstorbenen Partners, hat Klage gegen Sie wegen Erbbetrugs erhoben. Sie hat den Verdacht geäußert, dass die Unterschrift auf Iains Testament gefälscht sein könnte. Ein Richter hier in Manhattan hat nun angeordnet, dass das Vermögen der Familie Morrow auf
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