Alles Ist Ewig
führt.«
»Ja, das haben du und deine Freundin vorhin schon deutlich genug gemacht. Woher kennst du das Mädchen, das du mit hierhergebracht hast?«
»Wir sind zusammen aufgewachsen«, antwortete Haven. »Sie ist mit mir und Beau zur Schule gegangen.«
»Sie kann in die Zukunft blicken, nicht wahr?«
»Das sollten Sie Leah lieber selbst fragen«, sagte Haven.
»Aber ich frage dich , Haven.«
»Und ich gebe Ihnen keine Antwort darauf.«
»Diese Spielchen müssen endlich ein Ende haben!« Der Wasserturm erzitterte unter der Wucht von Phoebes Zorn. »Wenn Leah die Eine ist, dann muss es einen Grund haben, dass ihr zusammen aufgewachsen seid. Das hier ist eine Wendung, die ich niemals vorhergesehen habe.«
»Wie ich schon sagte, Phoebe, da müssen Sie Leah schon selbst fragen.«
Phoebe stand auf und öffnete die Tür des Turms. »Dann gehen wir jetzt zu ihr«, knurrte sie.
Im Besprechungsraum saß Leah noch immer in ihrem Wintermantel. Es war brütend heiß in dem Zimmer, Leah schien jedoch kein bisschen zu schwitzen. Mit einem Mal fiel Haven wieder ein, wie die siebenjährige Leah eines Tages mitten in einem Schneesturm in Rock und T-Shirt aus dem Schulbus gestiegen war. Und einmal war sie im Sommer mit einem Wollpullover ins Freibad gekommen, der groß genug für einen erwachsenen Mann gewesen wäre. Eine Gruppe von Jungs in Badehosen hatte angefangen, das außergewöhnliche Mädchen zu hänseln. Beau hatte sie verteidigt, und es war zu einer Prügelei gekommen. Aber Leah hatte bloß in der Sonne gesessen und dem Streit genauso wenig Beachtung geschenkt wie dem Wetter.
Haven dachte auch an den Abend, als Adam keinen Mantel zu ihrem Spaziergang mitgenommen hatte. An die Art, wie Phoebe die sengende Hitze in dem Wasserturm ertrug. Sie alle schienen Hitze oder Kälte nicht so zu empfinden wie andere. Schließlich begriff Haven, warum die Horae Leah so ernst nahmen. Sie konnte nicht ganz menschlich sein. Sie musste eine von ihnen sein.
»Hast du gesehen, was du sehen wolltest?«, fragte Leah.
»Nein, noch nicht«, erwiderte Haven, die das Mädchen nun mit völlig neuen Augen sah.
»Tja, dann war’s das wohl«, sagte Leah zu Phoebe. »War nett, Sie alle kennenzulernen.«
»Warte!«, bellte Phoebe. Dann wurde ihr Tonfall sanfter. »Warte. Bitte. «
»Ja?«, fragte Leah.
»Hast du eigentlich eine Ahnung, wer du bist?«, wollte die alte Frau wissen.
»Wer denn?«, gab Leah zurück, obwohl es sie nicht sonderlich zu interessieren schien.
»In jeder Generation gibt es nur eine einzige Frau, die in die Zukunft blicken kann. Auch anderen mag das hin und wieder gelingen, aber es gibt nur eine, die wahre Prophezeiungen aussprechen kann. Sie stößt nur in Zeiten großen Elends zu uns. Wir nennen sie seit zwei Jahrtausenden die Schlangengöttin.«
»Wenn es nur eine Person gibt, die in die Zukunft sehen kann, tja, dann muss ich das wohl sein«, entgegnete Leah mit einem Schulterzucken. »Aber ich bin keine Göttin. Meine Fähigkeiten sind eine Gabe des Herrn.«
»Was hast du gesehen?«, verlangte Phoebe zu wissen, deren Verdacht nun bestätigt war. »Irgendetwas hat dich hergebracht. Was war es?«
Vera trat einen Schritt vor. »Wir werden tun, was immer du uns befiehlst. Aber bitte erzähl uns, warum deine Visionen dich hierhergeführt haben.«
»Ich werd drüber nachdenken und noch mal wiederkommen«, erklärte Leah den Horae.
»Wann?«, wollte Phoebe wissen.
»Sobald ich mir darüber klar geworden bin, ob ich es Ihnen wirklich erzählen sollte. Wir sehen uns, wenn Havens nächste Vision fällig ist.«
Niemand wagte es, sie aufzuhalten, als die beiden das Haus verließen.
KAPITEL 34
D u hast wirklich Nerven, hier aufzutauchen, nach dem, was du Iain angetan hast«, motzte Frances Whitman Haven an. Dann warf sie Leah ein entschuldigendes Lächeln zu. »Entschuldige bitte, du erwischst uns leider mitten in einer Familienkrise. Ich bin Frances.«
»Leah«, sagte das Mädchen und schüttelte der älteren Frau die Hand.
»Freut mich, dich kennenzulernen, Leah«, sagte Frances. »Bitte, komm doch rein und mach es dir im Wohnzimmer gemütlich. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern kurz allein mit Haven sprechen.«
Frances’ Augen wurden schmal, als Leah den Flur hinunterging.
»Woher weißt du das von neulich?«, fragte Haven, obwohl dies das Letzte war, worüber sie jetzt reden wollte. Beau ging es schlecht. Sie hatte noch immer keinen einzigen Hinweis darauf, wo sie ihn finden konnte. Und in ein
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