Alles Ist Ewig
aufgestellt, wie bei den Geschworenen im Gerichtssaal. Nur einer der Stühle war leer. Auf den restlichen saßen Frauen und Mädchen, die alle identische weiße Kleider aus feinstem Leinen trugen. Phoebe nahm in der Mitte der Gruppe Platz. Es waren fremde Gesichter darunter, die Haven noch nie in Sylvan Terrace gesehen hatte. Sie erkannte die elegante Frau aus dem Restaurant in Florenz. An ihrem Finger steckte nun kein Ouroboros-Ring mehr. Ein paar Plätze weiter saß die Hotelmanagerin, die Havens Kreditkarten für ungültig erklärt hatte. Und rechts von Phoebe saß Virginia Morrow.
»Was zum Teufel macht die denn hier?«, verlangte Haven zu wissen. »Entweder sie geht oder ich!«
»Sie ist eine von uns«, erklärte Phoebe. »Es ist schon viele Jahre her, dass wir alle vereint gewesen sind, aber Virginia hat sich unseren Schwestern nun endlich wieder angeschlossen.«
»Eure Familienzusammenführung interessiert mich nicht. Ich will, dass sie geht, und zwar sofort!«
»Ich hätte gedacht, dass du ein wenig nachsichtiger mit einem von Adams Opfern umgehen würdest.«
»Wie bitte?«, knurrte Haven. »Was genau hat Adam ihr denn angetan?«
»Das wirst du noch früh genug herausfinden«, entgegnete Phoebe. »Miss Frizzell sieht ein wenig kränklich aus. Am besten legt sie sich auf den Boden am Feuer. Und deine andere Freundin kann sich zu ihr setzen.«
»Soll ich einen Stuhl für die Schlangengöttin holen?«, bot Vera an.
»Du bleibst hier«, befahl Phoebe. »Und Haven wird jetzt zu uns vortreten.«
»Ich würde sagen, heute bin ich diejenige, die bestimmt«, fauchte Haven, während Frances Leah half, sich hinzulegen und ihr ihren zusammengerollten Mantel unter den Kopf schob.
»Nein, das bist du nicht«, widersprach Phoebe. »Wir haben Beau Decker, und wir können ihn so lange festhalten, wie wir wollen. Oder wir können ihn töten. Du hast gesehen, was Chandra und Cleo mit seinem Gesicht gemacht haben. Es scheint, als hätte es ihnen einiges Vergnügen bereitet.«
»Wenn ihr Beau noch ein einziges Mal anfasst, lasse ich Adam Calum töten.«
Phoebe blieb vollkommen ungerührt. »Das ist ein Opfer, das ich zu bringen bereit bin«, erwiderte sie.
Die anderen Horae rutschten unbehaglich auf ihren Stühlen herum. Virginia Morrow starrte ihre Schwester mit unverhohlenem Entsetzen an.
»Phoebe?«, flüsterte Vera, doch sie wurde nicht beachtet.
»Sie sind widerwärtig«, keuchte Haven.
»Ich bin realistisch . Einen Kampf gegen das Chaos kann man nun mal nicht mit Gänseblümchen und Sonnenschein führen. Und jetzt sag, was hat Miss Frizzell gesehen, das ihr dermaßen zugesetzt hat?«
»Sie hat die Früchte Ihres Plans gesehen. Aber wir sind gekommen, um dem ein Ende zu machen.«
»Unseres Plans?« Phoebe erhob sich und ging zu dem Platz am Feuer, wo Leah lag. »Erzähl mir von deinen Visionen«, forderte sie sie auf.
»Es wird eine schreckliche Krankheit geben. Es ist wie ein Gift, das sich durch die Luft verbreitet. Alle werden sterben. Die ganze Stadt ist tot«, sagte Leah.
»Wann?«, fragte Phoebe.
»In fünf Jahren.«
Phoebe fuhr zu Haven herum. »Und du glaubst, dass wir dafür verantwortlich sind? Das ist genau das, was wir verhindern wollen, du Dummkopf. Der Magos hat schon früher Krankheiten gesät. Das ist einer seiner ältesten Tricks, wenn er Macht erlangen will. Vor siebenhundert Jahren hat er aus irgendeiner afrikanischen Steppe den schwarzen Tod nach Europa gebracht. Wir haben versucht, ihn aufzuhalten. Aber wir brauchten Beatrices Hilfe, und du hast uns sitzen lassen. Du bist auf die Lügen des Magos hereingefallen und der Versuchung erlegen. Deinetwegen sind die meisten Einwohner von Florenz gestorben. Deinetwegen ist halb Europa zugrunde gegangen.«
Haven erinnerte sich an die Leichen in den Straßen von Beatrices Heimatstadt. Konnte ein einziger Mensch die Schuld an so viel Zerstörung tragen? »Selbst wenn Adam die Pest nach Europa gebracht haben sollte, für die Krankheit, die in New York ausbrechen wird, ist er nicht verantwortlich«, entgegnete Haven. »Leah sieht in ihren Visionen ein Mädchen.«
»Auf irgendeine Art steckt der Magos dahinter. Das kann ich dir versichern.«
»Und das soll ich ausgerechnet Ihnen glauben?«, giftete Haven.
»Du bist diejenige, der nicht zu trauen ist«, erwiderte Phoebe nüchtern. »Du bist der Grund, warum wir gezwungen waren, deinen Freund zu entführen. Wir brauchten deine Unterstützung, um die Welt vom Magos zu befreien. Du bist das
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