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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Miller
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nachdem das Video es sogar in die Abendnachrichten geschafft hatte, war Virginia Morrow aus den USA geflohen. Die Leute spekulierten noch heute über die Ursache ihres öffentlichen Zusammenbruchs, und von Zeit zu Zeit versuchte immer mal wieder ein tapferer Journalist, ihr das Geheimnis zu entlocken. Am Ende aber blieb es eins der wenigen Geheimnisse im goldenen Zeitalter der Klatschpresse. Nur Haven und Iain kannten die unschöne Wahrheit. Virginia war von der Liebe ihres Lebens zerstört worden – einer Liebe, die sie auf dem Grund einer Flasche gefunden zu haben glaubte.
    Und nun stand sie Haven höchstpersönlich gegenüber. Sie sah älter aus, natürlich, aber das stand ihr eigentlich recht gut. Ihre rasiermesserscharfen Züge waren ein wenig weicher geworden, und das bisschen zusätzliche Gewicht verlieh ihr hübsche Kurven. Es bestand kein Zweifel daran, dass ihr Sohn sein großartiges Aussehen ihr zu verdanken hatte. Ihr Haar war vorzeitig weiß geworden, aber es fiel ihr in eleganten Wellen über die Schultern. Mit ihrem weißen Nachthemd und der unnatürlichen Blässe wirkte sie wie ein außerordentlich glamouröses Gespenst. Wenn auch kein besonders freundliches.
    »Sie sehen jünger aus, als ich gedacht hatte«, bemerkte Virginia, bevor sie ihrem Gast abrupt den Rücken zuwandte und den Flur hinunterschritt. »Kommen Sie.«
    Haven hatte die Aufforderung zwar gehört, doch sie blieb wie angewurzelt in der Tür stehen. Als Virginia ihr nicht mehr die Sicht versperrte, konnte sie sehen, dass das Haus nicht viel mehr als eine Ruine war – innen genauso heruntergekommen wie außen. Und die Luft drinnen fühlte sich sogar noch kälter an. Die Villa musste mindestens zweihundert Jahre alt sein, dachte Haven. Aber nicht einmal zwei Jahrhunderte der Vernachlässigung konnten für all die Schäden verantwortlich sein, die das Haus erlitten hatte. Ihr Blick fiel auf ein Fleischbeil, das in der Wand der Eingangshalle steckte, und nun war sie sich sicher, dass zumindest ein Teil der Zerstörung durch Menschenhand entstanden war.
    »Sehen Sie, wie ich hier leben muss?«, fragte Virginia Morrow vorwurfsvoll, ohne sich zu ihrem Gast umzudrehen. »Das ist der Dank dafür, dass ich meine Jugend an Jerome Morrow verschwendet habe. Kommen Sie nun oder nicht?«
    »Ja, natürlich«, sagte Haven schnell und beeilte sich, ihr zu folgen.
    Sie betraten einen Raum voller staubiger Antiquitäten – das erste Anzeichen von Mobiliar, das Haven in diesem Haus sah. Die Zimmer, in die sie auf dem Weg hierher einen Blick hatte werfen können, waren allesamt leer gewesen. Hier hingegen lagen zerschlissene Teppiche auf den morschen Bodendielen, und im Kamin züngelten ein paar klägliche Flammen um ein kaputtes Stuhlbein, das dort hineingeworfen worden war. Haven wartete darauf, dass Virginia Morrow ihr einen Platz anbot, aber die Frau schien gar nicht daran zu denken. Stattdessen füllte sie ihr Glas aus einer billig aussehenden Flasche wieder auf und stützte sich dann mit einem Ellbogen auf den Kaminsims.
    »Also, was für ein Angebot wollten Sie mir machen?«, fragte Virginia scheinheilig. »Hoch genug, um dieses Haus wieder auf Vordermann zu bringen, hoffe ich?«
    »Ich habe mir sagen lassen, Iain hätte Ihnen fünf Millionen Dollar hinterlassen«, begann Haven, die sich noch nicht weiter vorwagte.
    »Und jetzt fragen Sie sich, wo das Geld geblieben ist, stimmt’s?«, führte Virginia Havens Gedanken zu Ende. »Steuern und Schulden, meine Liebe. Die Schulden von zwanzig Jahren. Nach Iains Tod haben die Steuerbehörden und so ungefähr jedes Kreditkarteninstitut der Welt bei mir angeklopft. Sie haben alles bekommen.«
    »Nun ja, ich bin sicher, dass ich Ihnen genug Geld anbieten könnte, um …« Haven hielt inne. Die Frau vor ihr schüttelte langsam den Kopf, wie um sie zu warnen, dass ihre Mühe vergebens war. In dem Moment wurde Haven klar, dass Virginia sich mit keinem Cent weniger als dem gesamten Vermögen der Familie Morrow zufriedengeben würde.
    »Wie lange waren Sie und Iain zusammen, bevor er gestorben ist?«, fragte die Frau. »In diesem Leben, meine ich.«
    »Sie wissen Bescheid?« Damit hatte Haven nicht gerechnet.
    »Wie lange?«, wiederholte Virginia mit einem boshaften Lächeln.
    »Lange genug.« Haven vergrub ihre kalten Hände in den Taschen. Trotz des Feuerchens im Kamin war es eisig kalt im Haus. Wie konnte Virginia Morrow bloß mit nichts als einem dünnen Nachthemd durch diese heruntergekommenen Zimmer

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