Alles Ist Ewig
tausenden Lagen von Rüschen zu bestehen schien. Sie war wieder Constance, und heute war ihr sechzehnter Geburtstag. Es würde noch Jahre dauern, bis sie endlich die Liebe ihres Lebens treffen würde. Sie war mit ihrer Mutter zum Mittagessen hergekommen, doch die hatte ihre Tochter vorübergehend allein gelassen, um mit einer Freundin, die am anderen Ende des Raums saß, den neuesten Klatsch und Tratsch auszutauschen. Constance wartete und zupfte gelangweilt Blütenblätter von den Rosen, die auf dem Tisch standen. Eine Kellnerin erschien und stellte einen riesigen Eisbecher vor ihr auf den Tisch. Es war nicht dieselbe Frau, die ihre Bestellung aufgenommen hatte.
»Den habe ich nicht bestellt«, sagte Constance. Sie hätte ihn trotzdem genommen, aber sie konnte sehen, wie ihre Mutter ihr von der gegenüberliegenden Seite des Raums strenge Blicke zuwarf. Elizabeth Whitman, die als junges Mädchen selbst etwas mollig gewesen war, achtete peinlich genau auf die Figur ihrer Tochter.
»Nein?«, fragte die Kellnerin mit einem etwas zu vertraulichen Lächeln. Sie war nicht viel älter als Constance – vielleicht achtzehn oder neunzehn. »Dann nehme ich ihn wieder mit.«
Die Kellnerin hob den Eisbecher wieder hoch und stellte ihn zurück auf ihr Tablett. Zurück blieb ein Umschlag, auf dem Constance Whitman stand. Constance blickte auf, aber die Kellnerin war schon durch die Tür zur Küche verschwunden. Sie verbarg den Umschlag auf ihrem Schoß und öffnete ihn so unauffällig, wie sie konnte.
Als Haven erwachte, war sie völlig desorientiert. Es dauerte eine Weile, bis ihr wieder einfiel, wer und wo sie war. Schließlich stahl sie sich aus dem Bett und ließ Iain weiterschlafen. Sie ging ins Wohnzimmer, wo Frances auf dem Sofa saß. Hinter ihr umrahmte ein großes Fenster ein Stück Himmel. Haven hatte das Gefühl zu schweben.
»Setz dich, setz dich«, sagte Frances, ohne den Blick von den morgendlichen Schlagzeilen zu nehmen. Dann faltete sie die Zeitung zusammen und machte Haven auf dem Sofa Platz. »Möchtest du Kaffee und Toast?«
»Ja, gern«, erwiderte Haven mit noch kratziger Stimme.
»Schläft Iain noch?«, wollte Frances wissen. Sie hatte ganz offensichtlich etwas auf dem Herzen.
»Ja«, bestätigte Haven.
»Würdest du mir dann vielleicht verraten, was du wieder hier in New York machst?«, fragte Frances, während sie Haven eine Tasse Kaffee eingoss. »Am Telefon klangst du ja ziemlich geheimnisvoll.«
»Mein bester Freund Beau ist verschwunden.«
»Der hübsche große Kerl, mit dem du auf Iains Beerdigung warst?«
»Genau der. Er ist vor ein paar Tagen nach New York geflogen, um einen Typen zu treffen, der behauptet hat, sein Seelenverwandter zu sein. Seitdem hat niemand mehr etwas von ihm gehört.«
»Das tut mir leid«, sagte Frances.
»Muss es nicht.« Haven biss von ihrem Toast ab und spülte ihn mit schwarzem Kaffee hinunter. Jetzt, da sie endlich in derselben Stadt war wie Beau, fühlte sie sich schon viel zuversichtlicher. »Er ist am Leben, und ich werde ihn finden.«
Frances blickte Haven fragend an. Sie schien zu spüren, dass das nicht die ganze Geschichte war.
» Du wirst ihn finden?«
»Ich muss.«
»Nicht die Polizei?«
»Die sucht auch. Aber nicht so gründlich wie ich.«
»Ich muss dich wohl nicht daran erinnern, dass du eigentlich noch ein Kind bist?«
Beinahe hätte Haven gelacht. Sie war nie wirklich ein Kind gewesen. »Tu dir keinen Zwang an. Aber es wird nichts nützen.«
Frances verschränkte die Arme, und zum ersten Mal, seit Haven sie kannte, hätte die zierliche Blondine als Erwachsene durchgehen können. »Tja, du gehst jedenfalls mit deiner Rückkehr nach New York ein ziemlich hohes Risiko ein. Wenn irgendjemand hier deinen Freund erkennt, fliegt euer ganzes Versteckspiel im Nu auf. Hat er sich schon überlegt, wie er der Welt erklären will, warum er seit über einem Jahr den toten Mann spielt?«
»Wir hoffen, dass niemand herausfindet, dass er noch am Leben ist«, erwiderte Haven.
»Das hoffe ich auch. War nicht die Polizei hinter ihm her, bevor er angeblich in dem Feuer gestorben ist? War er nicht der Hauptverdächtige bei dem Mord an diesem Musiker? Wie hieß der noch gleich? Jeremy …«
»Johns. Iain hatte nichts damit zu tun.«
»Das glaube ich dir. Aber die Polizei möglicherweise nicht.«
Haven wünschte, Frances würde endlich von ihr ablassen. Sie war sich bewusst, was für ein Risiko Iain und sie da eingingen. Aber jetzt, wo sie bereits in New
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