Alles Ist Ewig
würdest du dich in ihn verlieben.« Phoebe hob einen knochigen Finger, um ihren Protest im Keim zu ersticken. »Mir ist bewusst, dass es einige Zeit dauern kann, ihn davon zu überzeugen. Der Magos ist von Natur aus sehr misstrauisch, und er weiß, dass er Feinde hat. Aber er hat auch großes Vertrauen in seine eigenen Überzeugungskünste. Lass ihn glauben, dass er dich Stückchen für Stückchen erobert. Und dann, wenn der Moment gekommen ist, wirst du ihn unter einem Vorwand zu der Adresse locken, die ihr heute Abend aufgesucht habt – in das Ladenlokal an der Lenox Avenue. Im Haus nebenan befand sich vor vielen Jahren mal eine Bank. Im Keller des Gebäudes gibt es noch immer einen Tresorraum, dort haben wir eine Zelle für ihn vorbereitet.«
»Nein.« Iain weigerte sich, länger zuzuhören. »Auf gar keinen Fall. Das werde ich nicht zulassen. Selbst wenn es Ihnen gelingt, ihn dort für ein paar Jahrhunderte einzusperren, wird er immer wissen, dass Haven diejenige war, die ihn verraten hat. Was glauben Sie denn, was er ihr dafür antun wird, wenn er sich eines Tages befreien kann?«
Phoebe ließ sich nicht beirren. Wie eine gründlich vorbereitete Anwältin hatte sie auf jede Frage eine Antwort parat. »Wenn Haven ihre Aufgabe erfüllt hat, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass der Magos sich je wieder befreien kann. Die beiden Gebäude in der Lenox Avenue gehören meinen Schwestern und mir. Wenn die Zeit gekommen ist, werden wir sie abreißen lassen. Der Tresorraum wird begraben werden und ein modernes Apartmenthaus darauf errichtet. Es wird keinen Weg mehr in das Gefängnis des Magos geben – und keinen heraus.«
»Wir reden hier von Adam«, erinnerte sie Iain. »Er wird einen Weg finden.«
»Ich wusste, dass Sie Einwände gegen meinen Plan haben würden, Mr Morrow. Darum habe ich auch darauf bestanden, dass Sie heute Abend zugegen sind. Ich wollte, dass Sie dabei sind, wenn Haven ihre Entscheidung trifft. Und – wenn ich Sie daran erinnern darf – es ist ganz allein ihre Entscheidung.«
»Und was ist, wenn er dich wieder einsperrt?«, fragte Iain Haven, bevor sich seine Wut und Verzweiflung noch einmal auf Phoebe entlud. »Sie haben doch keine Ahnung, was er ihr in der Vergangenheit angetan hat. Er hat sie ganze Leben lang gefangen gehalten! Er besitzt einen Schrank voll mit ihren Leichen!«
»Das mag schon sein. Aber warum sollte der Magos Haven etwas antun, wenn er glaubt, dass sie sich in ihn verliebt hat?«, entgegnete Phoebe, deren Stimme noch immer gelassen und vernünftig klang. »Und denken Sie daran, dass alle zwölf Horae Haven im Auge behalten werden. Das letzte Mal, als Haven in New York war, haben wir sie doch schließlich auch beschützt, oder etwa nicht?«
Iain kochte vor Wut. »Nein«, sagte er. »Das lasse ich auf keinen Fall zu.«
»Wenn nicht Havens Sicherheit das Problem ist, Mr Morrow, was ist dann der Grund für Ihre Vorbehalte?« Jetzt klang Phoebes Stimme herausfordernd. »Sie machen sich doch nicht etwa Sorgen, dass Haven sich wirklich in den Magos verlieben könnte, oder? Nun ja, ich könnte mir vorstellen, dass er durchaus ein sehr einnehmendes Wesen hat.«
»Das ist doch Quatsch!«, platzte Haven heraus. »Iain und ich sind füreinander bestimmt. Ich könnte mich in niemand anderen verlieben, selbst wenn ich es versuchen würde!«
»Sehen Sie das anders, Mr Morrow?«, fragte Phoebe.
»Meine Gefühle gehen Sie nichts an.« Iain funkelte sie wütend an.
»Tja, also, wenn Haven recht hat, kann niemand – nicht einmal der Magos – sich je zwischen Sie beide drängen. Ihre Sorgen sind also völlig unbegründet … es sei denn, Sie haben Grund, an der Stärke Ihrer Verbindung zu zweifeln. Ist das Ihr Problem? Ich möchte nicht taktlos sein, Mr Morrow. Ich versuche nur, Sie zu verstehen.«
»Ich denke, ich habe mich klar genug ausgedrückt«, sagte Iain. »Und außerdem bin ich Ihnen keinerlei Erklärung schuldig.«
»Das ist wahr«, räumte Phoebe ein. »Aber ich könnte mir vorstellen, dass Haven der Grund für Ihre Einwände interessieren würde.«
»Okay!«, fuhr Haven dazwischen. »Ich weiß, dass Sie uns helfen wollen, Phoebe, aber Sie werden uns wohl einen Moment entschuldigen müssen. Iain, kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen?«
Sie setzten sich auf das Mäuerchen an der Dachkante. Unten auf der Straße raste ein zerbeulter Minivan über eine rote Ampel, gefolgt von drei Polizeiwagen, während ein Hubschrauber das Geschehen von oben
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