Alles Ist Ewig
überwachte. Sein blauer Suchscheinwerfer glitt über die Dächer der benachbarten Gebäude und ertappte Liebespaare, Verbrecher und Drogendealer gleichermaßen auf frischer Tat.
»Es war ein Fehler herzukommen«, sagte Iain, nachdem seine Wut in der kalten Luft ein wenig abgeklungen war. »Den Horae ist dein Wohlergehen völlig egal. Du bist bloß eine Spielfigur in ihrem großen Plan. Phoebe wird alles tun, um ihre Schlacht gegen Adam zu gewinnen. Sie wird dich ohne zu zögern opfern, wenn sie es für nötig hält.«
»Mir gefällt das alles auch nicht.« Haven sprach mit gesenkter Stimme. »Aber falls wir nicht selbst ein paar von diesen seltsamen Pflanzen in die Finger bekommen, werde ich Phoebes Hilfe brauchen, wenn ich Naddo finden will. Und sofern ich durch sie einen Hinweis darauf finde, wer er in diesem Leben sein könnte, muss ich mich vielleicht ohnehin an die Ouroboros-Gesellschaft wenden.«
»Wir finden einen anderen Weg. Phoebe verlangt zu viel. Niemand sollte ein solches Risiko eingehen müssen.«
»Ich bin bereit, mein Leben zu riskieren, wenn ich damit Beau retten kann.«
»Das weiß ich ja, Haven. Aber ich bin nicht sicher, ob ich das Risiko eingehen kann, das die Horae von mir verlangen.«
»Von dir?«, fragte Haven.
»Verstehst du denn nicht? Sie verlangen von mir, dass ich dich, dass ich unsere Beziehung aufs Spiel setze. Wenn irgendetwas schiefgeht, dauert es vielleicht Jahrhunderte, bis ich dich wiederfinde. Weißt du, Haven, manchmal glaube ich wirklich, du bist von uns beiden besser dran. Du vergisst alles, wenn du wiedergeboren wirst. Aber ich erinnere mich jedes Mal. Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie das ist? Zu wissen, dass der Mensch, den du brauchst, irgendwo da draußen ist – und ihn nicht zu finden? Es ist die Hölle. Das wünsche ich wirklich niemandem.«
Haven versetzte der Ziegelmauer einen Tritt und wünschte, es gäbe eine einfache Lösung für das alles.
»Was soll ich denn deiner Meinung nach tun?«, fragte sie Iain. »Ich kann mich nicht einfach zurücklehnen und zulassen, dass Beau irgendwas Schreckliches zustößt. Wenn ich nicht alles in meiner Macht Stehende tue, um ihn zu retten, kann ich nicht weiterleben. Und ich glaube, auch du könntest dann nicht mit mir weiterleben.«
»Beau würde nicht wollen, dass du so ein großes Opfer für ihn bringst.« Iain hatte recht, und das wusste Haven.
»Wir wissen doch beide, dass es hier nicht mehr nur um Beau geht. Was auch immer Adam mit diesen Kindern in der Ouroboros-Gesellschaft vorhat, kann nicht gut sein. Ich will sie nicht auch noch auf dem Gewissen haben, Iain. Aber um sie retten zu können, müsstest du zulassen, dass ich mich mit Adam treffe. Außer …«
»Außer was?«
»Außer Phoebe hat recht«, flüsterte Haven. Sie hatte Angst, dass sie nicht den Mut finden würde, den Gedanken zu Ende zu führen. »Machst du dir wirklich Sorgen, ich könnte mich in Adam verlieben?«
Iain seufzte. »Phoebe versucht nur, uns gegeneinander aufzubringen, Haven. Ich weiß nicht, warum, aber so ist es. Ich mache mir keine Sorgen, dass du dich in Adam verlieben könntest. Aber ich glaube, dir ist nicht bewusst, wie gefährlich er wirklich ist. Hast du dich je gefragt, warum die Ouroboros-Gesellschaft so erfolgreich ist? Warum, meinst du, geraten so viele Menschen in ihren Sog?«
»Die meisten Menschen sind gierig und schwach.«
Iain schüttelte den Kopf. »Ich habe Jahre in der Gesellschaft verbracht. Ich kenne mehr als nur ein paar der Mitglieder. Sie sind nicht alle von Grund auf schlecht. Einige von ihnen sind wirklich nette Leute. Aber sie stecken alle bis zum Hals drin. Sie tun plötzlich Dinge, zu denen sie nie geglaubt hätten fähig zu sein. Alles fängt mit einer kleinen Lüge an. Oder einer einzigen schlechten Angewohnheit. Ich kannte mal ein sehr nettes Mädchen, das leider ziemlich unzufrieden mit sich war. Sie hat alle ihre Punkte für Schönheitsoperationen ausgegeben und musste am Ende Drogen schmuggeln, um ihre Schulden abzubezahlen.«
»Aber Adam hat es nie geschafft, dich zum Schlechten zu verleiten, während deiner Zeit bei der Ouroboros-Gesellschaft. Vielleicht bin ich ja auch unbestechlich?«
»Du lässt mich viel besser dastehen, als ich es verdient habe.« Iain lehnte sich über die Brüstung und sah in den Abgrund hinunter, als wollte er die genaue Entfernung bis zum Boden abmessen. »Ich bin alles andere als unbestechlich. Ich habe in der Vergangenheit Dinge getan, auf die ich nicht
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