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Alles Ist Ewig

Alles Ist Ewig

Titel: Alles Ist Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Miller
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fühlte sich leer und taub, als hätte sie die Nacht auf einem Operationstisch verbracht. Irgendetwas war aus ihrem Inneren entfernt worden, und die Narkose wollte und wollte nicht abklingen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein – nur daran, dass sie stundenlang in die Dunkelheit gestarrt und darum gebetet hatte, den Auftrag der Horae schnell zu erfüllen und Beau zu finden.
    Havens Magen knurrte, und sie wickelte einen Energieriegel aus, von denen ein kleiner Stapel auf ihrem Nachttisch lag. Sie schmeckten ungefähr so gut wie gezuckerte Pappe, aber etwas anderes konnte Haven sich nicht leisten. Und jeder Bissen davon rief ihr in Erinnerung, warum sie hier in Zimmer 2024 des Gramercy Gardens stand. Vor achtzehn Monaten, nach dem Brand, bei dem Iain Morrow »gestorben« war, hatte Beau sich geweigert, Haven von der Seite zu weichen. Sie hatte ihn nicht darum gebeten, in New York zu bleiben – er hatte es einfach getan. Pleite, wie sie waren, hatten für sie beide alle drei Mahlzeiten des Tages aus Energieriegeln bestanden. Beau musste damals halb verhungert gewesen sein, das wurde Haven jetzt klar. Aber er hatte geduldig abgewartet, bis Haven bereit war, der Stadt Lebwohl zu sagen. Erst dann hatte er ihre Taschen auf die Ladefläche seines Pick-ups geworfen und Haven zurück nach East Tennessee gefahren.
    Jetzt brachte der Zimmerservice Haven alle drei oder vier Stunden Servierwagen voller Köstlichkeiten aufs Zimmer. Sie ließ das Essen stets unberührt stehen, bis es kalt wurde, und rollte die Wagen dann wieder auf den Gang hinaus, damit sie jemand abholte. Sie wagte es nicht, die Sachen auf den Tabletts auch nur zu probieren. Auch andere Dinge waren geliefert worden. Ein adretter Herr, der seinem Aussehen nach zu urteilen gut und gerne Bankdirektor sein könnte, hatte ihr eine Kreditkarte überreicht. Und es gab Blumen in allen nur erdenklichen Arten und Farben. Haven hatte Adams Geschenke ausnahmslos abgelehnt. Aber es war unmöglich, sich nicht von der allgegenwärtigen Dekadenz in diesem Hotel vereinnahmen zu lassen. Das Personal verneigte sich vor ihr, als wäre sie Mitglied einer Königsfamilie. Alle kannten ihren Namen, und ihr wurde jeder Wunsch von den Augen abgelesen.
    Haven schluckte den Rest ihres Energieriegels hinunter und betrachtete sich im Spiegel. Für den Termin, den Adam für sie mit der Polizei vereinbart hatte, war sie in ein schlichtes graues Kleid aus ihrer eigenen Kollektion geschlüpft. Doch trotz des hochgeschlossenen Ausschnitts und des knielangen Saums wirkte das Outfit eine Idee zu sexy für einen Nachmittagstermin. Haven wusste, dass die Horae zufrieden mit ihr wären.
    Sie runzelte die Stirn und verdrängte die zwölf Schwestern aus ihrem Kopf. Es gefiel ihr gar nicht, den Lockvogel für sie zu spielen. Ja, Adam Rosier musste das Handwerk gelegt werden. Aber Haven hasste den Gedanken, für Phoebe die Drecksarbeit zu erledigen. Wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestand, dass Adams Gefühle für sie echt waren, dann wäre es grausam, seine Liebe zu ihr zu benutzen, um ihn zu zerstören. Doch Haven hatte keine Wahl. Sie musste Beau retten, koste es, was es wolle.
    Während der Aufzug durch seinen Schacht auf die Lobby zuglitt, nahm Haven den Ring ab, den Iain ihr geschenkt hatte, und ließ ihn in ihre Tasche fallen. Sie rieb über den Abdruck, den er an ihrem Finger hinterlassen hatte, bis nichts mehr darauf hindeutete, dass der goldene Ring jemals dort gewesen war. Es tat weh, aber es musste sein. Sie durfte sich nun keine Fehler mehr leisten, durfte Adam nicht noch mehr Hinweise darauf liefern, dass Iain Morrow noch am Leben war. Vielleicht liebte Adam sie wirklich, aber Haven hatte nicht vor, am eigenen Leib zu erfahren, wie es um seine Fähigkeit zu vergeben bestellt war.
    Adam erwartete sie im Empfangsbereich der Ouroboros-Gesellschaft. Als Haven ankam, saß er in einem der beigefarbenen Ledersessel, die langen, bleichen Finger verschränkt und das Kinn darauf gestützt. Zwei Jungen jagten einander durch den Raum. Ein kleines Mädchen weinte und das Kind, von dem es offenbar mit einem Schulbuch gehauen worden war, wurde von seinem Vater ausgeschimpft. Das Chaos schien Adams Ruhe kein bisschen zu stören. Bevor er Haven entdeckte, wirkte seine Miene gelassen und sogar leicht amüsiert. Doch Haven sah, wie er leicht zusammenzuckte, als er sie durch den Raum auf sich zukommen sah, so als hätte ihre bloße Gegenwart ihn aus dem Gleichgewicht

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