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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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nach Vollkommenheit leiden; ich sage, das sei für all das, was ich gerade erzählt hätte, nicht besonders konstruktiv, und außerdem verstünde ich nicht, was am Wunsch nach Vollkommenheit so schlimm sein solle, denn Vollkommenheit wäre doch … na ja, vollkommen. Leonard meint, ich solle mir mal ausmalen, wie langweilig ein vollkommener Mensch wäre. Ich beuge mich Leonards umfassendem und hart erarbeitetem Wissen über Langweiler, gebe aber zu bedenken, dass ein Langweiler unvollkommen wäre, per definitionem sei es daher ausgeschlossen, dass ein vollkommener Mensch langweilig sein könne. Leonard sagt, ich hätte mich schon immer gern mit Wortspielen vor der wahren Bedeutung der Dinge gedrückt; das geht mit verdächtiger Nahtlosigkeit in meine Prognose des bevorstehenden Todes lexikalischer Äußerungen über, und ich fürchte, ich lasse mich ein paar Minuten lang gehen, bevor ich merke, dass einer von uns die Verbindung unterbrochen hat. Ich verfluche Leonards Pfeife und seine Frau mit ihrer Schweineschwartenfresse.«
    ›Wobei dein Bruder nur zu bedenken gab, dass Vollkommenheit, wenn wir an den dunklen und kniffligen Nerv der Sache rühren, unmöglich ist.‹
    »Es besteht kein Mangel an Dingen, die für die sie definierende Funktion vollkommen sind. Peanos Axiome. Die Hautfarbe eines Chamäleons. Eine Turingmaschine.«
    ›Das sind keine Menschen.‹
    »Bisher konnte nicht überzeugend dargelegt werden, dass das dabei eine Rolle spielt. Meine Professoren haben die Versuche aufgegeben.«
    ›Könnten wir uns vielleicht auf jemanden einigen, den du jetzt fragen könntest?‹
    »Er sagte, echte Lyrik werde nach einiger Zeit nicht mehr aus Worten bestehen. Er sagte, die eisige Schönheit der vollkommenen Signifizierung fabrizierter nonverbaler Symbole und ihrer Relationen gemäß konventionalisierten Regeln werde zunächst die Form und dann auch den Inhalt der Lyrik nach und nach ersetzen. Er sagt, eine Epoche sterbe, und er könne das Röcheln hören. Das steht alles in den Briefen, die er mir geschickt hat. Ich bewahre alle meine Briefe in einer Schachtel auf. Er sagte, lyrische Einheiten, die anspielen, evozieren, heraufbeschwören und durch die spezifischen Erfahrungen und Sensibilitäten individueller Lyriker und Leser variabel begrenzt sind, würden Symbolen weichen, die das, was sie behandeln, sowohl sind als auch repräsentieren, und sowohl die Grenzen als auch die Grenzenlosigkeit des Realen ließen sich am besten durch Axiome, Zeichen und Funktionen ausdrücken. Ich mag Emily Dickinson. Ich sagte, ich wollte nicht behaupten, ich verstünde ihn und wäre anderer Meinung, aber es hätte den Anschein, als würde seine Auffassung von Lyrik diese kalt und traurig machen. Ich sagte, ein Großteil der Echtheit, die Gedichte beim Lesen für mich enthielten, seien Gefühle. Ich wollte nicht behaupten, ich wäre sicher, aber meiner Meinung nach könnten Zahlen, Systeme und Funktionen in Menschen keine Gefühle auslösen. Wenn ich so etwas gesagt habe, hat er mich manchmal bedauert und gesagt, ich hätte das Projekt nicht richtig durchdrungen, und an meinen Ohrläppchen herumgespielt. Manchmal wurde er nachts aber auch sauer und sagte, ich wäre genau wie diese Leute, die vor allem Neuen und Unvermeidlichen Angst hätten und glaubten, es würde den Menschen schaden. Er war so kurz davor, mich als dämlich zu beschimpfen, dass ich fast wütend geworden wäre. Ich bin nicht dämlich. Ich habe nach drei Jahren meinen Uni-Abschluss gemacht. Und ich glaube durchaus nicht, alle neuen und sich wandelnden Dinge würden den Menschen schaden.«
    ›Wie kamst du darauf, das wäre das, wovor das Mädchen Angst hatte?‹
    »Heute, gut drei Wochen nach meiner Ankunft in Prosopopeia, sitze ich im Wohnzimmer meiner Verwandten mit der Watte wieder im Ohr und sehe die Mittagsnachrichten eines kanadischen Senders. Draußen ist es wahrscheinlich schön. In Quebec gibt es Unruhen. Ich höre, dass meine Tante in der Küche etwas sagt. Kurz darauf kommt sie herein, wischt sich die Hände an einem Trockentuch ab und sagt, der Herd spielt verrückt. Anscheinend werden die Kochplatten nicht heiß, manchmal spielt der Herd verrückt. Sie möchte meinem Onkel und mir Chili heiß machen, damit wir essen können, wenn er nach Hause kommt. Er sollte am frühen Nachmittag zu Hause sein. Für ein anständiges Mittagessen hat sie sonst nicht viel im Haus, und sie will nicht groß zum IGA fahren, weil sie sich noch auf einen Französischtest

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