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Alles ist grün

Alles ist grün

Titel: Alles ist grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Football-Spielen der Bears mitkam, da weiß ich tief in mir, dass ich Mrs. Tagus liebe. Ich habe sie als Greta angesprochen, als ich sie zu dem Stuhl geleitete, den ich ihr unter das Wandtelefon gerückt hatte, und sie geradezu gedrängt, als ein Freund, wie ich sagte, um ihres Magens willen anzurufen und das vollkommene Missverständnis vielleicht etwas aufzuklären. Ich bin ein trockenes und gelb fletschendes Tier, das ein anderes Tier liebt.
    Über meinem Wandtelefon sieht man einen großen und breiten Streifen geblümte Tapete, der sich von meiner Küchenwand seit den Tagen Jimmy Carters abschält (mein Vermieter ist zu gar nichts zu bewegen), und der krümmt sich über Mrs. Tagus’ Hut und Kopf wie eine Welle kornblumenblauen Wassers mit Blumen. Ich mag es nicht, wie er sich über Greta Tagus zu krümmen scheint.
    Aber empfinde ich Ärger über ihren Lenny? Ärger brächte ich nicht einmal auf, wenn ich so recht verstehen könnte, welche Schmerzen Mrs. Tagus sich unter meinem Telefon über ihrem Magen zusammenkrümmen lassen. Lenny Tagus ist ein netter Junge. Das weiß ich schließlich. Ich kenne den Lenny Tagus, der die Universität geschafft hat, sogar mit Doktortitel, und der Arnold und Greta Tagus die ganze Zeit finanziell unter die Arme gegriffen hat, als Arnold Tagus’ Büro von State Farm übernommen wurde und er dort nur noch auf Kommission arbeiten konnte, was ihn umgebracht hat, da können Sie fragen, wen Sie wollen. Den Lenny, der auch Mikey durch die Universität gebracht hätte, nur bekam Mike ja das Football-Stipendium der Illini an der University of Illinois, stieg dann aber sowieso aus, als sich herausstellte, dass er nie genug Lesen gelernt hatte, und arbeitete stattdessen für die Softball-Abteilung des Chicago Park District, wo er gute und solide Arbeit macht, obwohl für jedermann absehbar war, dass die Softball-Branche im Winter brachlag.
    Den Lenny, der Mrs. Tagus, seine Mame, zweimal die Woche anruft, pünktlich wie die Uhr, »nur um zu reden«, wie er immer vorgibt, nur will er in Wahrheit immer seine Mutter wissen lassen, dass sie von ihm geliebt und nicht vergessen wird, während sie da allein in Arnolds und ihrer alten kalten Wohnung haust. Ganz davon zu schweigen, dass Mrs. Tagus und oft darüber hinaus auch ich in Lennys Haus und Heim eingeladen werden, wo Bonnie Tagus dann so ein Wahnsinns-Abendessen kocht! Einmal im Monat, wenn nicht öfter. Mit Josh Tagus, Saul Tagus und der kleinen Becky Tagus im Pyjama mit Stofffüßchen, die gähnend über ihrer Abendmilch in Cartoon-Plastikbechern sitzen. Lenny streicht ihnen über die feinen, dünnen Kinderhaare und liest ihnen im traulichen Lampenschein aus Gibran oder Novalis vor. Sie kennen Wärme? Im Heim von Mr. und Mrs. Leonard Tagus ist Wärme.
    »Und ich soll diese Person kennenlernen?«, fragt Mrs. Tagus unter der Tapetenwelle in mein Telefon. »Mike, Bonnie, diese Person und wir sollen einfach so zusammensitzen und uns wie alte Freunde unterhalten?« Sie bringt Lenny gegenüber die Möglichkeit zur Sprache, dass er womöglich vorübergehend meschugge sei, vielleicht infolge von Stress und den Spannungen des besten Mannesalters. Nur damit er es weiß, erwähnt sie respektvoll, sie könne Becky hören, außerdem klinge es, als weine Bonnie im Hintergrund von Lennys Telefon. Sie bekundet ungläubige Schockiertheit sowie brandneue akute Magenschmerzen, als Lenny preisgibt, ein bestimmtes Mädchen, das nicht Bonnie sei, sei gerade bei ihm, Lenny, in Bonnies und seinem Elternschlafzimmer unter einer Decke, und als er Bonnies das letzte Mal ansichtig geworden sei, habe sie vor den Sprühreinigern im Hauswirtschaftsraum geweint.
    Den Len Tagus mit Bürstenschnitt und in Bermudashorts mit schwarzen Socken, der im ganzen Komplex den Rasen mähte, wenn der Hausmeister vom Gin unpässlich war, um der Familie Tagus ein bisschen Miete zu sparen. Und der, wie ich mich erinnere, nicht zuließ, dass Mikey (Mike ist vier Jahre jünger, hatte aber schon mit zehn mehr Zentimeter und Pfunde als Lenny, mehr als jeder andere – Mike kann auch fünf Jahre jünger sein, vier oder fünf) sich für ihn raufte, als böse Jungen Lennys Waldhorn kaputt gemacht und ihn mit den Schuhen in den Rücken getreten hatten und er mit blauen Flecken auf dem Schulhof am Boden lag, die ich, wenn ich die Augen schließe, noch vor mir sehe, auf dem Rücken des jungen Lenny Tagus, der Mikey nicht verriet, wen er verprügeln sollte.
    Den Lenny, der monatelang für meine Frau

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