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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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war bei seinem Vater in der Handwerkslehre gewesen und wußte genau, bei welchen Gelegenheiten Mama praktische Hilfe brauchte!
    In solchen Augenblicken wird es mir klar, daß ich eigentlich einen ganz goldigen kleinen Bruder habe!
    „Und wenn wir zurückkommen“, sagte Papa, „dann ist Elaine die Beste in ihrer Klasse, weil sie den ganzen Herbst nichts hat, das sie von der Schularbeit ablenken kann!“
    Wenn Papa eine Ahnung gehabt hätte!
    Und ich, und wir alle – wenn wir in die Zukunft hätten sehen können!
    „Was hast du eigentlich für einen merkwürdigen Beruf, Ingo“, sagte ich.
    Wir hatten uns für ein Weilchen in sein Zimmer, also in Papas Filmwerkstatt, zurückgezogen, um ein bißchen allein zu sein. Jetzt, wo ich wußte, daß ich ihn so lange entbehren mußte, war mir jeder Augenblick mit ihm allein noch teurer.
    „Wieso merkwürdig?“ fragte Ingo.
    „Ich meine, so vielseitig! Dein Beruf gleitet sozusagen rüber in die Kunstgeschichte – und Religionsgeschichte und Alterstumskunde – und Altgriechisch und Hieroglyphen und Sanskrit, und was es nun alles heißt…“ Ingo lächelte.
    „Ja, das stimmt schon. Mit Buddeln allein ist es nicht getan. Es ist ein sehr umfassendes Studium, und erst wenn man es geschafft hat, wird einem klar, wie wenig man weiß, und wieviel man noch zu lernen hat!“
    „Und nun wirst du also in Yucatan weiterlernen?“
    „Das hoffe ich sehr! Weißt du, Lillepus, wenn ich versuchen werde, eine Anstellung an einem Museum zu kriegen, dann… ja, dann gibt es nichts in meinem Fach, das ich nicht brauche! Wenn ich mich auch in der Mayakultur auskenne, wird das ein sehr großes Plus sein!“ Ich seufzte abgrundtief.
    „Nun ja, also alles für die Zukunft – für unsere Zukunft! Ich sehe dich schon vor mir als Universitätsprofessor…“
    „Und ich dich als hochgeschätzte Tierärztin, mit einer eigenen Praxis hier in Rosenbüttel!“
    „Und wir werden hier in unserem eigenen Haus wohnen, und vielleicht können wir mit der Zeit so viel anbauen, daß ich meine eigene Kleintierklinik bekomme!“
    „Aber bis dahin haben wir einen weiten Weg vor uns, Lillepus. Und zum Universitätsprofessor einen noch weiteren! Vorläufig muß ich buddeln und du pauken. Übrigens, hast du vor, deine Eltern aus dem Haus zu schmeißen? Du sprichst immer davon, daß du und ich allein hier wohnen werden!“
    „Irgendwann muß Papa ja zurück nach Frankfurt“, erklärte ich. „Ich bete und hoffe nur, daß er so lange hierbleiben kann, bis wir heiraten, und bis wir es uns finanziell leisten können, im eigenen Haus zu wohnen!“
    „Also, wie gesagt: Buddeln und pauken!“ wiederholte Ingo, und um seinen Worten richtigen Nachdruck zu geben, gab er mir einen innigen Kuß.
    Die Stunden flogen nur so dahin, und am Sonntag abend hieß es Abschied nehmen.
    „Wann kommst du wieder, Ingo?“ fragte Mama.
    „Wenn ich darf, in einer Woche“, sagte Ingo. „Ich möchte doch den Geburtstag meiner lieben Schwiegermutter mitfeiern!“
    „Ach du liebe Zeit, meinen Geburtstag! Den hatte ich jetzt total vergessen! Ja, komm, Ingo, du darfst gern meinen Geburtstag als Vorwand benutzen!“
    Als Ingo sich von Grand-mère verabschieden wollte, küßte er ihr wieder die Hand. Aber Grand-mère legte ihm die Arme um den Hals, und er mußte den Kopf neigen, damit sie ihm beide Wangen küssen konnte.
    Dabei sagte sie ihm etwas auf italienisch – etwas, das ich nicht verstand, aber Ingos Gesichtsausdruck verstand ich! Wetten, daß Grand-mère so ungefähr gesagt hatte: „Ich freue mich so sehr, daß meine kleine Elaine einen so netten und sympathischen Mann gefunden hat!“
    Dann noch einen letzten Kuß – die Familie hatte sich dezent zurückgezogen, damit Ingo und ich die letzten Minuten für uns hatten – und dann verschwand die kleine grüne Ente um die Ecke.
    Sei vernünftig, Elaine, sagte ich streng zu mir selbst. Eigentlich ist alles gut so. Ingo kriegt drei Monate, die für sein Fach und seine Zukunft ungeheuer wichtig sind, und ich werde sozusagen die Ärmel hochkrempeln und mit voller Kraft für mein großes Ziel arbeiten.
    Ja. Alles war eigentlich gut und richtig und erfreulich!
    Aber du lieber Himmel, wie würde ich mich nach ihm sehnen!
    „Papa“, sagte ich, als ich wieder mit der übrigen Familie im Wohnzimmer saß. „Eigentlich bist du ein sehr kluger Mann!“
    „Und das entdeckst du erst jetzt!“ Papa schmunzelte. „Darf ich fragen, wieso du plötzlich zu dieser Erkenntnis gekommen

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