Alles kam ganz anders
setzte sich enorm dafür ein, ein gutes Verhältnis zwischen Cora und dem kleinen Kätzchen Felix zu etablieren; Bisken nahm Coras Anwesenheit zur Kenntnis, ohne irgendwelche Zeichen von Sohnesliebe zu zeigen.
Aus Kiel kam Jessica, und von Nord und Süd, Ost und West flatterten Telegramme. Briefe, Blumen und Pakete ins Haus. Das Telefon läutete den ganzen Tag. Wenn ich es nicht schon vorher gewußt hätte, hätte mich dieser Tag jedenfalls davon überzeugt, daß meine Mutter sehr beliebt ist!
Jessica hatte uns auch per Post geholfen. Sie kann so gut „Gelegenheitsgedichte“ schreiben, und nun schickte sie ein sehr nettes Gedicht, das Marcus mit viel Eifer auswendig lernte und am Frühstückstisch aufsagte.
Kurz gesagt, es wurde ein Geburtstag, so wie ein Geburtstag sein soll – und Mama war glücklich über das Dampfbügeleisen, wenn auch nicht sprachlos – das wurde sie erst, als sie Papas Geschenk auspackte: eine wunderbare Perle an einer goldenen Kette.
Dieser Tag bildete eigentlich den Abschluß eines sehr schönen Sommers. Ja, wie war alles schön gewesen! Grand-mères Besuch – wenn sie auch auf eigenen Wunsch die längste Zeit in der Küche verbracht hatte – Ingos Wochenendbesuche, und die Bekanntschaft mit Simone. Oder vielmehr, die gute Freundschaft mit Simone. Und die Bekanntschaft mit der süßen kleinen Titine!
Ich hatte meinen Eltern und Grand-mère Simones ganze Geschichte erzählt, nicht ohne Pausen, ganz einfach, weil mir ab und zu ein sehr störender Kloß in die Kehle stieg. Und als ich zum Schluß der Geschichte kam und erzählte, wie Simone ihr Kind zu sich holte, es stillte und sich dazu entschloß, es zu behalten – ja, da mußten sowohl Mama als auch Grand-mère schnell die Augen wischen.
„Das arme kleine Ding“, sagte Grand-mère. „Man muß ihr irgendwie helfen, wir müssen uns etwas einfallen lassen.“
„Ja“, nickte Mama. „Du hast recht, Grand-mère. Etwas müssen wir tun!“
Papa sagte nichts, dafür handelte er. Er steckte mir zwei Hundertmarkscheine in die Hand.
„Lauf zur Post und schick eine Postanweisung an Simone“, sagte er. „Allerdings ist der Babyseifen-Film noch nicht fertig, und ich weiß nicht, wieviel er Titine einbringen wird; aber ich kenne die Firma, sie werden den Film mit Begeisterung nehmen. Wenn wir Glück haben, bezahlen sie dem kleinen Fotomodell mehr. Schreib Anzahlung Honorar für Titine auf den Abschnitt!“
Ich sprang aufs Rad, und zehn Minuten später war die Postanweisung unterwegs!
Dann kam Grand-mères Abreisetag. Sie mußte früh aufstehen, und ich hatte versprochen, sie zu wecken, was ich mit einem Kuß besorgte.
„So möchte ich jeden Tag geweckt werden“, sagte Grand-mère mit ihrem lieben Lächeln. „Was für Reisewetter kriege ich, ma petite?“
„Der Himmel weint, weil du wegfährst“, berichtete ich. „Es regnet!“
Ich zog die Vorhänge zur Seite, und Grand-mère warf einen Blick hinaus in die nasse Welt.
„Du liebe Zeit! Es regnet ja Hellebarden!“ rief sie.
Sie wanderte ins Bad. und ich ging hinunter zu Mama in die Küche.
„So ein Wetter!“ stöhnte sie. „Es regnet ja Bindfäden!“
„Grand-mère behauptet, es regnete Hellebarden!“ sagte ich.
„Ja. das sagt man in Frankreich! Nun, wie dem auch sei, wir müssen uns beeilen – setz mal bitte Kaffeewasser auf!“ Dann erschien Papa.
„Na, das kann ja gut werden“, brummte er. „Es regnet ja Schuster und Schneider!“
„Was tut es?“
„Es regnet Schuster und Schneider! Kennst du den Ausdruck nicht? Und du willst Norwegerin sein? Es ist eine direkte Übersetzung aus dem Norwegischen. Aber wenn du den englischen Ausdruck lieber hast, dann meinetwegen. Die Engländer sagen ‚it rains cats and dogs’!“
„So was!“ rief ich. „Also, in England regnet es Katzen und Hunde, in Norwegen Schuster und Schneider, hier regnet es Bindfäden und in Frankreich Hellebarden!“
„Wir müssen bald los“, sagte Papa. „Bei dem Wetter kann ich nicht schnell fahren!“
Also beeilten wir uns und trugen bei strömendem Regen Grand-mères Gepäck in den Wagen. Ihre Reisetasche war bei der Ankunft mit lauter Mitbringseln gefüllt gewesen. Jetzt war sie wieder vollgestopft mit Mitbringseln von uns für die liebe Familie in der Schweiz.
Die Tiere wurden versorgt, und dann ging es auf regennassen Straßen nach Hannover. Grand-mère mußte versprechen, uns wieder zu besuchen, und wir umarmten sie der Reihe nach und dankten ihr von ganzem Herzen, daß
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