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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sie gekommen war.
    Sie sah uns an mit ihren jungen, strahlenden Augen und sagte – und dabei zitterten ihre Lippen ein ganz klein wenig -: „Kinder, wie hat der liebe Gott es gut mit mir gemeint! Sich denken, über achtzig zu sein, und von so vielen Menschen geliebt zu werden!“
    In dem Augenblick wurden die Fluggäste nach Frankfurt aufgerufen, und Grand-mère ging durch die Sperre. Noch einmal drehte sie sich um und winkte uns zu.
    Dann fuhren wir bei Bindfäden. Hellebarden. Schustern und Schneidern. Katzen und Hunden nach Hause.
    Die Schule hatte angefangen.
    Zum erstenmal in meiner ganzen Schulzeit freute ich mich auf das Schuljahr. Es ist etwas Schönes, ein Ziel zu haben und bewußt dafür zu arbeiten.
    Vom ersten Tag an ging ich mit voller Kraft an die Arbeit. Nach einer Woche stellte ich fest, daß es eigentlich sehr schön ist. wenn man nicht in der Schule auf Kohlen sitzt vor lauter Angst, aufgerufen zu werden! Nicht heimlich auf die Uhr gucken, ob nicht bald die Stunde zu Ende ist. Nicht mit einem Tadel im Zeugnisheft klein und häßlich nach Hause zu kommen!
    „Du kannst, wenn du willst“, hatten meine Eltern so oft gesagt. „Du könntest, wenn du wolltest“, sagten meine Lehrer in Frankfurt.
    Sie hatten also recht. Jetzt konnte ich. weil ich wollte!
    Aber es kostete Arbeit! Schluß mit Reitstunden. Schluß mit langen Nachmittags-Radtouren und unbedingt Schluß mit meiner Töpferei! Meine Hausarbeit beschränkte sich darauf, daß ich die Tiere versorgte und mein Bett machte – letzteres offen gesagt sehr oberflächlich!
    Dann kam der Tag, an dem Ingo uns zum letztenmal vor der Abreise besuchte. Zum letztenmal erlebten wir ein paar unsagbar glückliche Stunden, und dann hieß es für drei Monate Abschied zu nehmen.
    „Papa, paß gut auf Ingo auf!“ bat ich.
    „Ingo, paß gut auf Asbjörn auf!“ bat Mama.
    Dann waren wir allein. Mama, Marcus, die Tiere und ich. Jetzt hatte ich nichts, wirklich gar nichts, was mich von der Schule ablenken konnte. Ja. natürlich schrieb ich an Ingo, ziemlich oft. aber nur kurze Grüße. Von ihm kam Post der gleichen Art. Wer sehr zufrieden war, war mein Bruder. Er sammelte neuerdings Briefmarken und hatte Vater und seinen zukünftigen Schwager sehr eindringlich ermahnt: „Ihr braucht gar nicht viel zu schreiben, aber oft, und mit vielen verschiedenen Briefmarken!“
    „Du hast aber viel auf“, meinte Mama. Sie hatte mich zum Abendessen gerufen, nachdem ich den ganzen Nachmittag in meinem Zimmer mit den Schulbüchern verbracht hatte.
    „Nicht so sehr viel“, gestand ich. „Aber ich muß leider zugeben, daß mein Wissen ganz furchtbare Lücken und Löcher aufweist. Die Löcher müssen gestopft werden, und das bedeutet eine Heidenarbeit.“
    „Ja. es wäre vielleicht besser gewesen, wenn du dir das große Ziel ein oder zwei Jahre eher gesetzt hättest“, meinte Mama. „Nun iß aber, Kind, du hast tatsächlich abgenommen in der letzten Zeit!“ Da mußte ich lachen.
    „Das ist mein Glück! Bei Grand-mères Essen habe ich drei Pfund zugenommen! Es ist tatsächlich eine Katastrophe für die Linie, von Grand-mère bekocht zu werden!“
    „Wem sagst du das“, stöhnte Mama und bestrich ihr Knäckebrot mit Magerquark anstatt mit Butter.

Die Feuerprobe
     
     
    „Was ist mit dir los. Elaine?“ fragte Antje Sager. „Hast du dir vorgenommen, die Beste in der Klasse zu werden?“
    „Nein, das nicht, das ist mir ganz egal, wer besser ist. Aber ich habe mir etwas vorgenommen, und daran ist dein Vater schuld!“
    „Was? Mein armer Vater, was willst du ihm in die Schuhe schieben?“
    „Ich schiebe gar nichts! Aber er meinte doch, daß ich gut mit Tieren umgehen kann, und das brachte mich dazu, meine Pläne zu ändern. Zuerst wollte ich Keramikerin werden, dann hatte ich mich für tierärztliche Helferin entschlossen.“
    „Aber dazu brauchst du doch kein Abitur!“
    „Warte mal. Den Rest meiner Zukunftspläne muß ich meiner Urgroßmutter in die Schuhe schieben. Sie war es nämlich, die fragte, warum ich nicht Veterinärmedizin studieren wollte. Und das will ich nun also. Jetzt weißt du. daß ich ein phantastisch gutes Abitur brauche!“
    „Du heiliger Strohsack! Ja. dann verstehe ich! Was sagtest du übrigens – deine Urgroßmutter? Hast du eine wirkliche, lebendige Urgroßmutter?“
    „Das habe ich! Und was für eine!“
    Dann erzählte ich von Grand-mère und von ihrer jugendlichen Einstellung, ihrer strahlenden Laune und ihrer Kochleidenschaft.
    „So

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