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Alles kam ganz anders

Alles kam ganz anders

Titel: Alles kam ganz anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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eine Urgroßmutter möchte ich auch haben!“ lächelte Antje. „Du, es wird Vati aber interessieren, daß du Tierärztin werden willst! Wenn es soweit ist. mußt du dich um eine Assistentenstellung bei ihm bewerben. Du weißt ja. daß du ein Jahr Praxis machen mußt, bevor du eine eigene Praxis aufmachen darfst?“
    „Weiß ich alles. Aber bis dahin ist viel Zeit. Noch ein Jahr Schule, dann elf Semester Studium – falls ich überhaupt angenommen werde – und dann werde ich mich bei deinem Vater melden! Aber Antje, warum wirst du selbst nicht Tierärztin? Bist du keine Spur erblich belastet?“
    „Doch! Sehr reichlich! Von meiner Mutter! Sie hat Kunstgeschichte studiert, und das will ich auch! Nein, du ich würde eine seltsame Tierärztin abgeben! Ich sollte einmal unseren Hund halten, als Vati ihn impfen wollte; ich habe mehr Angst gehabt als der Köter, und im entscheidenden Augenblick habe ich ihn losgelassen. Er hopste vom Tisch, und da stand Vati und fuchtelte mit der Spritze!“
    Ich mußte lachen.
    „Ja. dann sehe ich ein. daß du dich lieber für die Kunst einsetzen solltest. Übrigens muß ich demnächst mit Anton zu deinem Vater.“
    „Mein Vater ist doch kein Menschenarzt!“
    „Anton ist auch kein Mensch, er ist mein Kater. Er ist dreizehn Jahre alt und beinahe so klug wie ein Mensch. Aber er gefällt mir nicht so richtig, ich werde ihn untersuchen lassen. Ich muß laufen. Antje, ich habe nur noch zehn Minuten, bis mein Bus fährt – tschüs, grüße meinen zukünftigen Chef!“
    Es war schon Oktober, und wir bekamen Herbstferien. Ich atmete auf. Es war gar nicht so leicht gewesen, sich auf diese konzentrierte Arbeit umzustellen. Ich war müde. Mit der Müdigkeit kamen auch manchmal Anfälle von Mutlosigkeit. Die verflixte Mathematik machte mir furchtbar zu schaffen, und jetzt war Papa nicht da, er war sonst immer sozusagen mein mathematischer Trost und meine Zuflucht gewesen.
    Ich mußte weiterarbeiten, auch in den Ferien. Aber vorerst hatte ich ein paar Dinge zu tun. Briefe zu schreiben – ich saß bis über die Ohren in Briefschulden – und Anton zum Tierarzt zu bringen.
    Mama mußte Einkäufe machen, was sie sehr gut in Braunschweig erledigen konnte, wie sie behauptete. Also fuhren wir los, Mama, Marcus. Anton und ich – Anton in seiner feinen Transportkiste mit Decke und Gittertür. Unterwegs lag er allerdings auf meinem Schoß, aber für die Strecke vom Parkplatz bis zur Praxis mußte er in seine Kiste, was er seelenruhig über sich ergehen ließ.
    Leider waren wir etwas zu spät losgefahren – da war eine Kundin mit Kleiderwünschen gekommen, und Mama wurde aufgehalten. So war es kurz vor Praxisschluß, als wir bei Dr. Sager ankamen.
    „Ich mache dann die Besorgungen“, sagte Mama. „Hier hast du den zweiten Autoschlüssel, du und Anton könnt ja im Wagen warten, falls ihr fertig seid, bevor ich zurück bin.“
    „Kommt darauf an, wie voll es ist“, sagte ich. „Jedenfalls werden wir nicht unnötig trödeln!“
    Also trennten wir uns. In Dr. Sagers Wartezimmer saßen ein junger Mann mit einem Schäferhund und ein kleines Mädchen mit einem Meerschweinchen, das liebevoll in einen Schal gehüllt war.
    Ich mußte eine halbe Stunde warten. Anton kam als letzter Patient dran.
    „Ach. Sie sind es. Elaine“, begrüßte mich der Arzt. „Haben Sie was Schlimmes, oder schaffen wir es ohne die Helferin?“
    „O ja. das tun wir“, beteuerte ich. „Ich glaube, daß es nur Alterserscheinungen bei meinem Kater sind. Aber man kann ja nicht wissen.“
    „Setzen Sie ihn auf den Untersuchungstisch. Ach Rosi, Sie können gehen, dies schaffe ich ohne Sie, laufen Sie zur Post, es eilt mit dem Paket. So. jetzt wollen wir mal sehen. Na, das ist ja ein stattliches Tier und gut gepflegt. Wie alt ist er?“
    „Dreizehn. Er ist übrigens halber Siamese.“
    „Dann ähnelt er wohl dem nichtsiamesischen Elternteil“, schmunzelte Dr. Sager. „Also, was macht er Ihnen für Sorgen?“
    „Er ist so… ja, so still geworden. So ruhig. Früher sprang er immer auf meine Schulter, wenn ich nach Hause kam… er saß immer auf dem Torpfosten und wartete auf mich. Meine Mutter sagte immer, der Kater hat eine Uhr im Bauch! Seit einiger Zeit sitzt er auf dem Boden vor dem Tor, er springt nie mehr auf den Torpfosten, und wenn ich komme, muß ich ihn hochnehmen, er kommt nie mehr auf meine Schulter. Ja. und dann schläft er furchtbar viel. Ich weiß nicht, ob es nur das Alter ist. oder ob er vielleicht Rheuma

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