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Alles oder nichts

Alles oder nichts

Titel: Alles oder nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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wieviel wurden Sie verurteilt?«
    »Zu einem Jahr.«
    »Wann war das?«
    »Vor etwas über zwei Jahren. Aber es hat mich kuriert. Seitdem habe ich keinen Tropfen mehr angerührt und auch keine ungedeckten Schecks mehr ausgegeben. Dieses Jahr steckt mir noch zu sehr in den Knochen. Was wollen Sie nun tun? Wenn Sie es Mrs. Devarest berichten, sitze ich morgen auf der Straße. Sie wird mir kein Zeugnis geben, und ich bekomme keine neue Stellung. Dann kann ich wieder von vorn anfangen und sitze wieder tief im Schlamassel.«
    »Wo haben Sie die Strafe verbüßt?«
    Er schüttelte ablehnend den Kopf. »Das sage ich Ihnen nicht. Ich habe alles gesagt, was Sie von mir verlangen können. Aber das behalte ich für mich.«
    »Warum? Was können Sie dabei schon riskieren, wenn Sie mir das auch noch sagen?«
    »Ich habe die Strafe unter meinem richtigen Namen verbüßt. Das mußte ich, weil ich ja auch die Schecks mit meinem richtigen Namen unterschrieben hatte. Meine Familie weiß nichts davon und darf es auch nie erfahren. Meine Mutter glaubt, ich sei in der Zeit in China gewesen. Sie ist schon sehr alt - es würde ihr Ende bedeuten, wenn sie es je erführe. Darum wollte ich nicht, daß die Polizei meine Fingerabdrücke abnimmt. Seit meiner Entlassung aus der Strafanstalt nenne ich mich Bayley. Ich verwende nie meinen richtigen Namen, außer wenn ich meiner Mutter schreibe, und sie antwortet mir nur postlagernd.«
    Ich stand auf, und er folgte mir an die Tür. »Werden Sie darüber mit jemandem sprechen?« fragte er.
    »Vorläufig sehe ich keinen Anlaß dazu.«
    »Und später?« drang er in mich.
    »Das weiß ich jetzt noch nicht.«
    Er wollte die Tür hinter mir schließen, aber ich drehte mich auf der obersten Stufe der Treppe noch einmal um. »Eine Frage habe ich noch.«
    »Was?«
    »Wenn Sie hier oben sind, können Sie dann hören, wenn in der Garage ein Motor läuft?«
    »Nicht, wenn er langsam läuft. So, wie ich die Wagen behandle, hören Sie den Motor kaum, selbst dann nicht, wenn ein Wagen angelassen wird. Sonst noch etwas?«

9

    Ich ging zum Haus hinüber und erfuhr, daß Dr. Gelderfield gerade Mrs. Devarest verlassen hatte.
    »Ich darf mich nicht unterkriegen lassen«, versicherte sie mir. »Ich muß alles mit Fassung tragen, es in Ruhe und mit Logik betrachten.«
    »Sie haben völlig recht, Mrs. Devarest«, pflichtete ich ihr bei.
    »Jeder Mensch muß einmal sterben, Donald«, philosophierte sie. »Ich werde Sie jetzt auch Donald nennen, schon weil alle anderen es tun.«
    »Das freut mich sehr.«
    »Und Sie dürfen mich Colette nennen.«
    »Vielen Dank, Mrs. - Colette.«
    »Besonders dann, wenn andere Personen dabei sind. Sie wissen ja, es soll den Eindruck machen, als ob Sie Nadines Freund sind...ihr ganz besonderer Freund.«
    »Das habe ich verstanden.«
    »Es stört Sie doch nicht?«
    »Ganz im Gegenteil.«
    »Dr. Gelderfield ist der Ansicht, es sei für meinen Gesundheitszustand unerläßlich, daß ich neues Interesse am Leben fände. Er sagt, der Tod sei unvermeidlich, aber die Zeit heile alle Wunden, wenn man selbst durch innere Stärke dabei mithelfe.«
    »Das klingt sehr überzeugend.«
    »Nicht wahr? Er sagte, daß manche Frauen sich in solchen Fällen von ihrer Umgebung absondern, um sich ganz ihrer Trauer hinzugeben. Sie wenden sich vom Leben ab, und deshalb dauert es Jahre über Jahre, bis sie ihren Schmerz überwinden. Sie erleiden in dieser Zeit ernste seelische Schäden, weil sie von der Gewohnheit nicht mehr loskommen, vor sich hin zu brüten und sich selbst zu bemitleiden. Er hat mir geraten, meine Lage realistisch zu betrachten und mein Leben in der gewohnten Weise weiterzuführen, damit mein unsagbarer Schmerz durch neue Erlebnisse gelindert wird.«
    »Und sind Sie seiner Meinung?«
    »Es fällt mir schwer, mich damit abzufinden, aber da es ja eine Verordnung meines Arztes ist, muß ich mich danach richten. Es ist nicht immer angenehm, eine Medizin zu schlucken, doch wenn man zu einem Arzt Vertrauen hat, muß man seine Anordnungen auch befolgen.«
    »Das ist ein sehr vernünftiger Standpunkt.«
    »Dennoch weiß ich nicht, was ich tun soll«, seufzte sie. »Alle Ärzte sagen mir, daß mein Leiden eine reine Nervensache ist, ich bin einfach zu empfindsam veranlagt, meine Reaktionen sind zu heftig, ich bin seelisch zu feinfühlend, zu leicht verletzbar. Aber glauben Sie ja nicht, daß ich zu den übernervösen oder gar hysterischen Frauen gehöre. Mein Leben war bisher voll ausgefüllt und durchaus

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