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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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meisten Schlüssel sind durch den Schlitz gerutscht, bis auf einen, der noch zur Hälfte draußen feststeckt und alle hält.
    Der Herzschlag der fünf Männer setzt einmal aus. Sie starren auf den einzelnen Schlüsselkopf, der noch herausragt.
    Chaim flüstert: »Sag mal, bist du jetzt ganz durchgeknallt?«
    Jonsy setzt sich in Bewegung, rennt auf den einsamen Schlüssel
zu. Chaim stolpert hinterher, Izzi und Schlomi auf den Fersen, nur Jake liegt noch stöhnend vor Schmerz auf der Erde.
    Chaim packt Jonsy ein paar Meter vor dem Gullydeckel am Pullover. Jonsy wehrt sich, während er gleichzeitig sein Bein nach vorn in Richtung des Schlüssels ausstreckt, wie ein Ausfallschritt beim Baseball.
    Der Pullover gleitet von Jonsys Körper und bleibt in Chaims Händen.
    Mit dem ausgestreckten Fuß tritt Jonsy gegen das letzte Schlüsselstück, und der gesamte Bund fällt in den Gully. Er keucht, aber er grinst übers ganze Gesicht.
    Chaim starrt ihn ungläubig an.
    Jonsy prustet: »Chaimke, nix Schlüssel!«, und bricht in hysterisches Gelächter aus. Er wirft sich mit ausgebreiteten Armen auf den mit Ölflecken verschmutzten Asphalt und klatscht mit den Händen darauf vor lauter Lachen. Und dann stößt er atemlos hervor: »Verdammte Scheiße, ist mir kalt, fahr den Pullover her«, und schnappt ihn sich aus den Händen des wie vom Donner gerührten Chaim.

EIN RAUMSCHIFF FLIEGT INS ALL
    Monty verstand die Wüste nicht. Er verstand nichts mehr an diesem letzten Tag. Nachdem er gezwungen gewesen war, Jonsy und Izzi laufen zu lassen, da sich in ihrem Lastwagen keine Spielautomaten befanden, willigte er auf Psychs Bitte hin ein, nach Las Vegas zu fahren, um im Big Ben, dem mutmaßlichen Zielkasino der Automaten, herumzuschnüffeln. Er
würde in aller Früh aufstehen und gegen Mittag Vegas erreichen, und er hoffte nur, dass er nach einer kurzen Runde die Erlaubnis erhielte, in ein Flugzeug nach Hause zu steigen.
    Er stoppte an einem Motel in Arizona. Ein großer Indianer zeigte ihm das Zimmer und wies ihn mit furchteinflößender Stimme daraufhin, was er alles nicht tun dürfe. Er duschte sich und brach zu einem Spaziergang in einer Kleinstadt auf, von deren Namen er keine Ahnung hatte und den er auch nicht wissen wollte. Er fand ein Restaurant mit einer Terrasse, die auf die Wüste hinausblickte. Er aß Nachos, saß auf einem Sofa und schaute zu den Sternen hinauf. Neben ihm saßen ein paar Jugendliche mit Cowboyhüten. Im Hintergrund spielte leise Countrymusik.
    Interessant, dachte er. Wenn du ein paar Stunden irgendwo anhältst, packt dich immer die Einsamkeit. Wenn du fährst, spürst du sie nicht. Vielleicht ist das der Grund, warum Lastwagenfahrer es lieben, immer weiter und weiter zu fahren. Das Gefühl zu haben, vorwärtszukommen - auch wenn du nichts tust -, ist beruhigend. Doch wenn du einen Ort erreichst und den ganzen Abend vor dir hast - dann spürst du die Leere, die Sehnsucht, die Verlassenheit.
    Er seufzte tief, hielt sich an der Miller-Light-Flasche in seiner Hand fest und dachte nach. Er war wütend auf Psych, der noch immer nicht herausgefunden hatte, was mit den Spielautomaten passiert war. Es empörte ihn, dass Psych und Cornelia ihm nicht geglaubt hatten. »Bist du sicher? Hast du gründlich nachgeschaut? Hast du zu ihnen gesagt, dass sie den Laster komplett ausräumen müssen? Bist du ganz sicher, dass du sicher bist?«
    Er schnitt eine säuerliche Grimasse und dachte, vielleicht stehe ich einfach auf und fahre nach New York, schaffe es zum
Pessachseder, und das war’s. Vielleicht ist diese Arbeit einfach nichts für mich. Er amüsierte sich ein paar Minuten mit dem Gedanken, aber die Vorstellung, sich eine neue Arbeit suchen zu müssen, stresste ihn noch mehr.
    Er hörte seinen Anrufbeantworter in der New Yorker Wohnung per Fernabfrage ab. Es war eine Nachricht von seiner Mutter darauf, die sich beschwerte, dass er nicht anrief - sie müsse endlich wissen, ob er am Freitag komme oder ob er etwas Besseres zu tun habe, und sie würde doch gerne wissen, ob ihr Junge am Leben sei. Und eine Nachricht von Jane Aki. Sie kam offenbar nächste Woche nach New York, und sie wollte mit ihm darüber sprechen.
    Er saß draußen, in einer Kleinstadt in Arizona, und vergegenwärtigte sich immer wieder die beiden kleinen Sätze von Jane. Er hörte sich die Nachricht ungefähr achtmal an. Jedes Mal, wenn er sie wieder abspielen ließ, dachte er sich etwas anderes aus, das er hören wollte - wie sie ein bestimmtes Wort

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