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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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sagte, ob in ihrer Stimme ein bisschen Aufregung lag (ja, er hörte es an den kleinen schnellen Atemzügen zwischen den Worten beim sechsten Abhören). Was konnte man unter »Ich will mit dir darüber sprechen« verstehen? Dass sie vielleicht bei ihm übernachten wollte? Oder ihn bloß so treffen? Oder vielleicht wollte sie sich nur mit ihm über das Flugticket beraten, und sie hatte überhaupt nicht vor, sich mit ihm zu treffen?
    Oh - er schüttelte den Kopf -, wie hart ist das Leben eines Mannes in der Wüste.
    Er bestellte sich noch eine Flasche Bier. Am Mittag hatten sie in den Nachrichten zwischen Paula Jones und Kathleen Willey gemeldet, dass die Entsendung der Raumfähre Columbia in Cape Canaveral um einen Tag verschoben worden sei.
Das beschäftigte Monty den größten Teil des Abends. Er erinnerte sich, wie er beim ersten Mal, als ein Space Shuttle ins All geschickt wurde, im April 81, exakt vor siebzehn Jahren, die Schule geschwänzt hatte und mit seinem Bruder nach Manhattan gegangen war, um einen Ort zu finden, der den Start übertrug. Er erinnerte sich an den Countdown, an den weißen Rauch, an den senkrechten Aufstieg in den Himmel. Es ließ ihn erschauern.
    Als die Challenger explodierte, war er schon im Gymnasium.
    Dieses Mal hatte er vorgehabt, nach Florida hinunterzufahren - für die Columbia. Bereits vor zwei Monaten, als er von dem geplanten Start gelesen hatte, hatte er daran gedacht, einen Tag Urlaub zu nehmen und nach Cape Canaveral zu fahren, um sich das anzusehen. Solche Dinge führten bei ihm immer zu so etwas. Und nun hatte er es vollkommen vergessen gehabt.
    Im Radio sagten sie, dass diese Entsendung für Versuche mit Tieren bestimmt sei. Das belustigte Monty. Es erinnerte ihn an ein Hörspiel in seiner Kindheit mit dem Titel »Tiere im All«, auf einem Sender namens »Radio Calipso«. Es war seine Lieblingssendung als Junge in Brooklyn gewesen, auf die er Woche für Woche sehnsüchtig gewartet hatte. In »Tiere im All« gab es einen verrückten Tierarzt namens Alessandro, der mit schwerem südamerikanischem Akzent redete. Alessandro flog mit einem Raumschiff durchs All und untersuchte Stereotype bei Tieren - zum Beispiel, ob die Katze neun Leben hatte (er erschoss sie, um das zu überprüfen) oder ob die Schlange listig war (er spielte Poker mit ihr) oder ob der Hund immer nach Hause zurückfand (er warf ihn aus der Tür des Raumschiffs). Monty lachte laut in die Wüste hinaus, als er sich an
diese Sendung erinnerte - er war damals dreizehn, vierzehn. Und jetzt schickten sie wirklich Tiere ins All! Im Radio sagten sie, es seien Frösche, Schnecken, Heuschrecken und ähnliche Tiere, um damit ihre Nervensysteme unter verschiedenen Schwerkraftbedingungen zu testen. Zusammen mit den Tieren würden sieben Astronauten fliegen. Monty spürte einen Stich in seinem Herzen. Wie gern wäre er ein Astronaut in einem Raumschiff gewesen. Stattdessen jagte er Phantomprinzen hinterher.
    Einmal hatte er in Florida den Start der Discovery gesehen. Er hatte gesehen, wie die Rakete aufstieg, ihren weißen Schweif, und wie sie in den Wolken verschwand. Es war beeindruckend gewesen. Er betrachtete jetzt diesen Himmel, den gleichen Himmel, der morgen die Columbia empfangen würde, um 14.19 Uhr Floridazeit. Er hob sein Miller Light zu den Sternen empor und flüsterte: »Lechaim. Auf dich.«
     
    Als die Schlüssel durch den Gullydeckel nach unten gefallen waren, hastete Chaim Galil zu dem Deckel, ließ sich auf die Knie nieder und spähte durch den Schlitz, konnte jedoch nichts erkennen. Er brüllte: »O Gott, warum musst du bloß immer so was von hirnrissig sein? Was hast du jetzt damit erreicht? Wozu war das gut, hä?« Er schlug mit seiner Faust auf den Eisendeckel und erzeugte ein dumpfes, metallenes Echo.
    Jonsy erhob sich vom Boden und klopfte sich die Kleider ab. Auch Jake stand endlich auf und tat dasselbe, während er sich mit einer Hand sein Steißbein hielt. Izzi sagte leise: »Ich versteh wirklich nicht, wozu du das gemacht hast.« Schlomi, mit Jakes Revolver in der Hosentasche, betrachtete alle amüsiert und begann dann zu lachen. Jonsy wandte ihm den Blick zu. Er sagte: »Danke, Bruderherz.« Das riss Chaim aus seiner Andachtshaltung
über dem Gullydeckel. »Sag mal, was soll das denn werden?«
    Schlomi hatte sich wieder gefasst und sagte ruhig: »Niemand richtet einen Revolver auf einen Juden.«
    »Er ist auch Jude«, erwiderte Chaim.
    »Auch einem Juden ist es verboten, einen Revolver auf einen

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