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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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fünfundvierzigjährigen schlanken Mann mit dicken Brillengläsern, ergrauendem Haar, der aus irgendeinem Grund einen weißen Arztkittel trägt. Pozailovs Stimme ist etwas zu hoch und strahlt die Panik aus, die er in diesem Moment in all seinen Knochen verspürt. »Was hast du gesagt? Ich glaub, ich hab mich verhört. Willst du das vielleicht wiederholen?«
    Der Schlanke, Mordechai, hebt seinen Blick vom Computer, kritzelt etwas auf ein Blatt Papier und antwortet gleichmütig: »Ich sagte, dass Popeye raus ist, laufen. Er rennt um den See herum, er brauchte ein bisschen frische Luft, von dieser Heizung wird ihm übel …«

    »Ihr habt diese Heizung verlangt!« Pozailov schreit jetzt.
    »Wir haben diese Heizung verlangt, da die Maschinen sie brauchen, um richtig zu funktionieren. Diese Maschinen sind nicht unsere, es sind eure. Wir arbeiten an ihnen für euch. Außerdem, Popeye braucht das Laufen. Also rennt er. Hättet ihr ihm nicht ein Laufgerät bringen sollen?«
    »Ist unterwegs. Aber wenn die Automaten nicht rechtzeitig fertig werden, wird es weder ein Laufgerät noch sonst was geben. Es wird drei Leichen hier geben. Eure und meine.«
    »Warum meinst du, dass wir nicht rechtzeitig fertig werden? Wenn du hier stehst und jedes Mal schreist, wenn einer für fünf Minuten zum Joggen rausgeht, gelingt es uns vielleicht wirklich nicht voranzukommen. Da«, er blickt auf die Uhr in der rechten unteren Ecke des Computerbildschirms, »jetzt haben wir gerade vier Minuten von der Zeit verschwendet.«
    »Ihr wisst, wann die Automaten fertig sein müssen?«
    »Samstag. Müssen sie hier weggebracht werden. Falls sich das nicht seit gestern, vorgestern und vorvorgestern geändert hat. Und seit vorvorvorgestern.«
    »Weiß Popeye es auch?«
    »Klar weiß er das.«
    »Wie wagt er es dann, jetzt zum Joggen um den See zu gehen?« Pozailovs roter Bart wirkt wilder denn je. Sein beunruhigter Blick bleibt an einem Schachbrett hängen, das mitten in einer Partie zu sein scheint. »Schach? Wie könnt ihr euch das erlauben?« Er tritt ans Fenster, bückt sich, lüpft den Vorhang und blickt hinaus auf den See. »Jemand läuft dort. Ist das er?« Mordechai dreht sich nicht einmal um. Bei näherem Hinsehen sind da noch ein paar Leute, die laufen. Pozailov entdeckt frustriert, dass er nicht einmal unterscheiden kann, ob es Männer oder Frauen sind. »Shit, ich brauche eine Brille.«
    »Ich möchte dich auch daran erinnern«, sagt Mordechai zu Pozailov, »dass wir diese Maschinen so programmieren, dass sie zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Datum funktionieren. Also ist klar, dass wir wissen, wann sie auf dem Weg sein müssen, meinst du nicht? Außerdem haben wir die Random-side gefunden, was das kritischste Stadium der Programmierung ist, so dass wir jetzt die größte Arbeit hinter uns haben.«
    Pozailov denkt ein paar Sekunden. Schließlich sagt er: »Gut, Mordechai, du bist der Doktor. Ich will nur auf Nummer sicher gehen.« Er sieht wieder angestrengt aus dem Fenster. »Sag mal, wo hast du deine Brille her? Kennst du einen Brillenladen in Minnesota? Ich glaube, ich brauche eine. Komm mal eine Sekunde her und sag mir, ob du die, die da laufen, erkennen kannst. Kannst du ihre Gesichter sehen?«
    Mordechai steht vom Computer auf, glättet den Kittel und späht hinaus. »Ich kann nicht nur die Gesichter erkennen, ich erkenne auch das hübsche Gesicht unseres Genossen Popeye, inklusive Baseballkappe und Nackenschwanz. Siehst du’s nicht?«
    »Was, du siehst richtig Gesichter?«
    »Meine Brille stammt aus Brighton Beach. Aber mach doch einen Abstecher ins Einkaufszentrum, dort gibt es bestimmt einen Optiker. Heutzutage machen sie das innerhalb einer Stunde.«
    »Wieso? Soll ich anfangen, mit einer Brille rumzulaufen?«
    »Das ist die Idee dabei, Pozailov. Und jetzt lass mich weiterarbeiten.«
    »Und es ist sicher, dass ihr rechtzeitig fertig werdet, ja?«
    Mordechai gibt keine Antwort mehr. Er vertieft sich in den Bildschirm. Pozailov geht in die Küche hinaus, um auf Popeyes
Rückkehr zu warten. Er belegt sich einen Bagel mit frischem Lachs, den er vorher aus dem Supermarkt geholt hat, schneidet eine Gurke auf, grübelt über Brillen nach.
    Popeye stürmt herein. »Hey, Pozailov. Was für eine Kälte draußen, die Eier sind mir praktisch abgefroren. Bald werden sie auf dem See Schlittschuh fahren. Es ist schwierig, unter solchen Bedingungen draußen zu laufen. Was ist mit dem Laufgerät?«
    »Ich hab dir gesagt, dass es

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