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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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dass er im Umzugsgeschäft alle Sorten von Menschen getroffen und studiert hat und wie er gelernt hat, aus jedem auf die ihm entsprechende Art das Trinkgeld herauszulocken. Er erfasst die Typen intuitiv, weiß, wie man mit ihnen redet, zuhört. Jonsy ist einer der fähigsten Trinkgeldabstauber in New York. Und da hab ich mir gedacht, das könnte eine interessante Richtung sein, Psychologie. Was meinst du? Ist es schwer, zugelassen zu werden?
    Ich habe so viel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Gerade sind die Oscarverleihungen zu Ende. Ich habe Kim Basinger gesehen, die einen Preis bekommen hat, und »Titanic« hat elf Oscars gewonnen. Der »Titanic«-Wahn ist nicht vorbei. Howard Stern imitiert die ganze Zeit Leonardo DiCaprio.
    In den vergangenen Tagen, seit wir von der letzten langen Fahrt zurück sind, haben wir alle möglichen Jobs in New York erledigt und zwei Lastwagen für zwei weitere Trips vorbereitet. Anscheinend wird Schlomi den einen nach Florida fahren, und der zweite geht mit mir und Jonsy auf eine lange Reise - zuerst nach Norden, nach Chicago und Umgebung, und danach nach Süden, nach Texas und Florida. Ich sage anscheinend, denn Chaim ändert jede Sekunde seine Meinung. Die Wahrheit ist, dass Jonsy und Schlomi ziemlich wütend auf ihn sind und die Nase voll von ihm haben.
    Den vorigen Trip haben Jonsy, Schlomi und ich zusammen gemacht, und es war ziemlich eng in der Kabine. Wir waren so ungefähr in sechs Staaten. Wir sind von New York aufgebrochen,
als Schnee lag und wahnsinnige Stürme tobten (dein Freund ist durch den Schneesturm auf einer voll vereisten Straße gefahren!), und sind in Südkalifornien angekommen - es gibt eine Stadt, die schrecklich schön ist, Charleston, und da war es dann richtig heiß. Wir sind über Newtown zurückgefahren, was ein sehr hübscher und reicher Vorort von Philadelphia ist -
     
    Izzi hört für einen Augenblick zu schreiben auf und schnüffelt zerstreut an seinen Fingern. Daran muss er jetzt denken, nachdem er das Wort »Philadelphia« getippt hat - an etwas, das er Daphna nicht schreiben wird:
    Ein paar Stunden vor Ende des Trips, auf der Rückfahrt nach New York, ein schöner Tag, nach einer Nacht in einem überragenden Truckstop in Virginia (in Baltimore fuhren sie durch einen Tunnel, von dem Jonsy sagte, er sei der schönste in ganz Amerika; bei Washington sahen sie den Capitolhügel, von links) erreichten sie Newtown, einen hübschen nördlichen Vorort Philadelphias. Sie hielten am Haus einer Brenda, um bei ihr ein Klavier und einige andere Dinge auszuladen, Erbstücke, die Brenda von ihrer Großmutter in Brooklyn erhalten hatte. Ein Klavier ist das schwerste Teil, das es bei einem Umzug gibt. Sie hievten es mit höchster Anstrengung vom Lkw ins Haus. Als sie fertig waren, sagte Jonsy: »Kümmere du dich um die Rechnung, ich und Schlomi steigen schon mal in den Laster.«
    Sie war sexy. Ein bisschen mollig, aber hübsch. Hausfrau, Jüdin. Ihre Eltern waren gerade von Israel zurückgekommen. Sie war noch nicht dort gewesen. Izzi sagte: »Du musst unbedingt einmal einen Besuch dort machen.« Sie servierte ihm ein großes Glas Orangensaft. Sie standen in der Küche und
plauderten. Er sah ihr direkt in die hübschen Augen, und sie schlug sie keine Sekunde nieder.
    Aus ihren Augen sprach etwas, das sagte, probier’s doch. Izzi wollte es probieren.
    Sie schien sich zu langweilen. Vor vier Monaten war sie wegen der Arbeit ihres Mannes aus New York dorthin gezogen und hatte noch keine Stelle in ihrem Beruf als Krankenschwester gefunden.
    Izzi sagte: »Es ist sehr schön hier.«
    Sie verzog das Gesicht und erwiderte: »Ja, aber ich kenne niemanden. Diese Schönheit fängt nach zwei Wochen an, langweilig zu werden.« Sie hatte zwei Kinder, einen Jungen mit neun, der in der Schule war, und eine fünfjährige Tochter, im Kindergarten.
    Es passierte. Izzi konnte nachher nicht mehr genau rekonstruieren, wie, aber ihr Blick hatte etwas sehr Eindeutiges gehabt.
    Er fragte sie, ob er sein Gesicht waschen könne. Sie senkte den Blick noch immer nicht und sagte zu ihm: »Komm mit.« Er stieg langsam hinter ihr die Treppe hinauf. Sie deutete auf die Toilette und wartete vor der Tür. Er wusch sich das Gesicht, verschmierte ein bisschen Zahnpasta mit Wasser im Mund und spülte nach. Dann trat er hinaus, sie sah ihn an, er ergriff ihren Arm und führte sie in ein Zimmer. Der Raum war mit dreieckigen Fähnchen und Postern von Baseball- und

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