Alles paletti
Footballteams aus Philadelphia dekoriert. Er küsste sie und spürte, wie ihre Lippen mit seinen verschmolzen. Sie küssten sich ein paar Minuten, und dann drückte er sie sanft auf das Kinderbett hinunter.
Als er zum Lastwagen zurückkam, fragte ihn Jonsy: »Hast du ein Trinkgeld rausgeholt?«
»Kein Trinkgeld.«
»Warum nicht?«
»Weiß nicht. Sie hat’s nicht angeboten.«
»Hast du den Satz zu ihr gesagt? ›Normalerweise bekommen wir zehn Prozent von der Rechnung‹?«
»Nein.«
»Wie willst du dann ein Trinkgeld kriegen? Die Inventarliste hast du sie aber unterschreiben lassen?«
»Klar.«
»Nu, und hattest du dann wenigstens deinen Spaß?«
Izzis Antwort bestand aus einem Lächeln, das preisgab, was in jenem Moment in ihm ablief. Verlegenheit, Scham, Stolz und Euphorie.
Jetzt war hauptsächlich der schale Geschmack übrig geblieben. Das Schuldgefühl.
Er schreibt weiter an Daphna:
Um ehrlich zu sein, Chaim hat uns fast um den Verstand gebracht und uns beschissen behandelt. Er hat ständig die Route geändert wegen allen möglichen Sachen, die er auf die Schnelle mit reingenommen hat. Plötzlich, mitten im Trip, hat er Jonsy angeschrien, wir müssten sofort ganz schnell nach New York kommen. Oder er lügt die Kunden an und sagt zu ihnen, die Sachen würden an einem bestimmten Termin eintreffen, und wir baden es dann aus, wenn der Kunde wütend ist, weil die Sachen verspätet ankommen, und kriegen kein Trinkgeld. Jonsy hasst das. Es reicht ihm. Er hat angefangen, Pläne zu schmieden. Er hat die Nase voll davon, dass er schon seit sechs Jahren im Moving arbeitet und es nicht geschafft hat, irgendetwas zu sparen, und dass Leute wie Chaim sein Leben
bestimmen. Ich will nicht zu viel darüber reden. Ich weiß nicht genau, was ich in dieser Hinsicht empfinde, denn irgendwie ist es mir etwas unangenehm wegen Chaim. Immerhin hat er mir einen Job gegeben und einen kostenlosen Platz zum Schlafen, und er zahlt ziemlich gut (600 Dollar für den letzten Trip). Andererseits ist das kein Grund, uns wie Dreck zu behandeln. Er ist wirklich ein Psychopath. Ein echter Irrer. Ich vermute, wenn ich schon so lange hier wäre wie Jonsy und Schlomi, wäre ich auch nicht mehr bereit, mich so behandeln zu lassen.
Na gut, mein Schatz, ich rede bloß von mir selber. Ich möchte, dass du mir schreibst, was bei dir alles los ist. Ich habe schreckliche Sehnsucht, aber ich weiß, dass es nicht mehr lange dauern wird. Kann sein, falls dieser Plan von Jonsy wirklich gelingt, dass ich früher zurückkomme, als ich dachte (und mit dem gleichen Geld oder vielleicht sogar mehr … ich erzähl’s dir bei Gelegenheit). Das wäre wunderbar.
Halte durch. Ich umarme und küsse dich.
Izzi
PS: Ich habe gerade eine Ratte gesehen. So ein Scheißdreck, oder wie Jonsy immer sagt, Kack mit Soße. Ich schlafe auf einer Matratze, also hoffe ich bloß, dass in der Nacht keine über mich drüberläuft. Chen, Jonsys Freundin (und die Frau im Haus …), hat Fallen aufgestellt. Das ist echt grausam, Pappkartons mit starkem Klebstoff, an denen die Ratten, wenn sie draufsteigen, einfach kleben bleiben und sich nicht mehr rühren können. Ich habe eine gesehen, die da geklebt hat, es war ziemlich widerlich. Die Sache läuft allerdings so, dass die großen Ratten zu schwer sind und nicht kleben bleiben. Gut, ich werde ein wenig Fifa 98 spielen (wenn ich den Computer schon mal in meine Gewalt gebracht habe, will ich das wenigstens
ein bisschen ausnutzen). Beim letzten Mal bin ich aufgestiegen. Ich habe Aston Villa 1:0 besiegt. Ich bin sicher, du bist stolz auf mich. Bye.
DER SHOPPINGIMPULS
Die Tür zu Jonsys und Chens Zimmer ist geschlossen. Izzi richtet seine Matratze in der Ecke des Wohnzimmers her. Ohed, der letzte Mensch, den er jetzt sehen möchte, sitzt auf dem Sofa - in komplettem Outfit, mit dem Anzug und dem Bärtchen. Zur Abwechslung spielt er nicht online Bridge. Er zeigt Izzi das Toilettenpapier, das er per Post von dem Mailorder-Club erhalten hat, bei dem er Abonnent ist.
»Weißt du, was ein Mailorder-Club ist?«
»Ja.«
»Ich bestelle nur noch bei denen. Die haben coole Deals. Das spart mir Geld, Zeit und den Shoppingimpuls. Weißt du, was das ist?«
»Nein, was?«
»Das ist, wenn du unterwegs bist und plötzlich was in einem Laden siehst und, peng, beschließt, es aus einem Impuls heraus zu kaufen. Du denkst gar nicht nach. Dann kommst du nach Hause und sagst, Moment, hab ich das echt gebraucht? Also mit dem Mailorder-Club
Weitere Kostenlose Bücher