Alles paletti
umfahren sie den Lake Harriet, und dann blinkt der Mercedes und biegt auf den Parkplatz einer großen Villa ein, die auf den See hinausblickt.
Be Benz signalisiert ihnen, rückwärts in den Parkplatz hineinzufahren. Er schließt das Tor mit der Fernbedienung und führt sie zum Haus. Sie gehen eine Treppe hinauf, treten in die ihnen entgegenschlagende Hitze. Am oberen Ende der Treppe liegt ein junger blonder Mann mit einer Baseballkappe, aus deren hinterer Öffnung ein Nackenschwanz herausquillt, und macht Sit-ups.
»Hi, Popeye«, begrüßt ihn Be Benz.
Popeye hebt stumm die Hand. Er unterbricht sein Training nicht, keucht nur angestrengt. Pozailovs Stimme dringt aus dem Wohnzimmer: »Be Benz? Kommt rein.« Sie betreten das Wohnzimmer. Dort sitzt ein rothaariger Hüne an einem kleinen Tisch. Er trägt kurze Hosen - was anfangs etwas bizarr wirkt, doch wenn man es recht bedenkt, durchaus vernünftig ist angesichts der immensen, fast übelkeiterregenden Heizungswärme, die in dem Haus herrscht - und auf seinem Knie hebt sich eine undefinierbare Tätowierung ab. Auf dem Tisch steht ein Glas Tee, so scheint es zumindest, daneben ein Schachbrett, mitten in einer Partie. Auf der anderen Seite des Tisches sitzt ein älterer Mann mit silbernem Haar und Brille, der eine Zigarette zwischen den Fingern hält.
»Hoppla, Pozailov, hast du mit Schach angefangen? Ich hatte doch schon immer so ein Gefühl, dass in diesem Tschetschenenschädel noch was andres drin ist.« Be Benz streicht Pozailov über die sich lichtenden roten Haare.
»Nicht Tschetschene, Kaukasier bitte«, verbessert ihn Pozailov. Er steht auf: »Hallo! Ihr seid die Mover? Sehr angenehm.
Wir haben von Vladimir Berkovich schon von euch gehört. Kommando, stimmt’s?« Er streckt die Hand aus. »Sehr erfreut. Ich bin Pozailov, das ist Mordechai, er bringt mir Schachspielen bei. Und der da ist Popeye, gerade vom Spurt um den See zurück.«
Jonsy tritt an das große Fenster, das auf den See hinausblickt. »Echt schön hier.«
Popeye kommt ins Wohnzimmer. Die Baseballkappe in den Händen. Er hat ein Handtuch um seinen Hals hängen und trocknet sich damit die Stirn. »Habt ihr das Laufgerät mitgebracht?«, fragt er.
ALLES UNTER KONTROLLE
Schlomi Almaliach war bereits in allen Staaten der USA. Aus jedem Staat hat er ein Andenken mitgebracht: eine Kappe, ein Hemd, irgendetwas.
Er war früher einmal Model gewesen, was man ihm im ersten Moment nicht unbedingt ansieht. Wenn man seinen Körper jedoch einer genauen Betrachtung unterzieht und dann noch einmal darüber nachdenkt, kann man es sich vorstellen. Er war auch Schauspieler, Statist in ein paar Produktionen, die in Israel gedreht wurden, wie »Rambo 3«.
Seit eineinhalb Jahren trägt er die schwarze Kipa auf dem Kopf - Gebete vor jeder Mahlzeit, Seminare an den Wochenenden, Gebrauch des Wortes »Gojim«. Er stammt ursprünglich aus Beit Schemesch und wohnt jetzt in Forest Hills, Queens. Er fühlt sich dort fast wie zu Hause mit den Bäckereien und
den koscheren Restaurants, den israelischen Krämerläden und chemischen Reinigungen. Er wohnt in einer kleinen Erdgeschosswohnung mit Postern von berühmten chassidischen Wunderrabbinern an den Wänden und riesigen Lastwagenmodellen im Wohnzimmer.
Es ist alles unter Kontrolle.
Er hat damals gedacht, dass sich ihm nach »Rambo 3« die Türen öffnen würden. Er sprach mit einigen Leuten von der Produktion, wechselte sogar ein paar Worte mit Stallone selbst, und sie gaben ihm die Telefonnummer einer Agentin in Los Angeles. Also reiste er nach Amerika. In New York kam er bei Freunden unter und rief die Agentin an. Er nannte Stallones Namen und den des Mannes, der ihm die Nummer gegeben hatte. Sie verstand kaum ein Wort von dem, was er sagte, forderte ihn jedoch zu einem Treffen auf.
Das erste Mal, dass er nach Los Angeles kam, war allerdings ein halbes Jahr später, als Mover. Er erwog, bei der Agentin vorbeizuschauen, doch sein Vormann ließ ihn nicht. Keine Zeit dafür. Es war eine riesige Fuhre zurück nach New York einzuladen. In New York erhielt er ein paar Angebote, bei Kurzfilmen mitzuwirken, umsonst, ohne Textbeitrag natürlich, denn sein Englisch war gleich null. Nach einem Jahr war er schon ein Vollzeitmover, und er begriff, dass seine Freizeit nach einem kompletten Arbeitstag mit Umzügen zu wertvoll war, um sie mit Studentenfilmen zu verplempern, für die er keinen Cent zu sehen bekam. Die Schauspielerei machte ihm keinen Spass mehr. Das Lastwagenfahren
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