Alles paletti
wurde viel wichtiger für ihn. Er begann, seine Freizeit der Sammlung von Spielzeuglastern zu widmen.
Einmal sagte er zu Izzi: »Das Helikopterunglück stand in der Thora geschrieben.«
Izzi erwiderte: »Wenn es in der Thora stand, warum habt ihr dann nicht was gesagt, irgendwas getan?«
Er entgegnete: »Ihr seid diejenigen, die etwas hätten tun müssen, eure Sachen in Ordnung bringen.«
Darauf sagte Izzi: »Wenn das so ist, was nützt es mir dann, wenn es in der Thora steht? Was interessiert mich das, dass es da stand, wenn es überhaupt nichts ändert?«
Er ist geschieden mit Kind. Dieses Jahr heiratet er wieder. Durch eine traditionelle Ehevermittlung. Eine Tunesierin aus Petach Tikwa. Nili. Sie wird in einem Monat hier eintreffen, im Sommer werden sie heiraten und, mit Gottes Hilfe, in zwei Jahren nach Israel zurückkehren. Er braucht viel Geld dafür. Sein Junge lebt in Cholon. Noch mehr Geld. Schlomi hat seine erste Frau, die Mutter seines Sohnes, in New York im israelischen Club kennengelernt. Er spricht nicht darüber, was dort passiert ist. Maximal sagt er: »Alles unter Kontrolle.«
Izzi bemerkte einmal zu ihm: »Hört sich danach an, als ob nicht alles unter Kontrolle war.«
Schlomi schluckte den Köder nicht. Er zeigte ihm ein Bild des Jungen. Fünf Jahre alt.
Auch er dachte früher, die Religion sei ihm so fern wie nur sonst was auf der Welt, und kümmerte sich nicht darum, doch einmal, als er angesprochen wurde, sagte er sich plötzlich, warum eigentlich nicht, hören wir uns an, was sie zu sagen haben. »Ich hab mir gesagt, wieso, wer bin ich, dass ich beschließen könnte, ich sei besser als sie?«, erzählte er Jonsy und Izzi. »Sie haben mich eingeladen, also schaue ich mal vorbei. Mehr sag ich auch gar nicht zu euch, schaut am Schabbat mal vorbei. Gefällt es euch - gebongt, gefällt’s euch nicht - am Sonntag ist alles wieder beim Alten. Was kratzt es euch?«
Jonsy sagte zu Izzi, als sie beide zum Pinkeln gingen: »Um ehrlich zu sein, es kratzt mich gar nichts, lernen wir ein bisschen was von Religion, wer wir eigentlich sind.« Izzi antwortete: »Ich sage nicht, dass es uninteressant ist, aber ich mag dieses Missionieren nicht. Diese Wochenenden, von denen Schlomi redet, das sind reine Missionierungsseminare.«
Schlomi ging zu einem Vortragskreis über das Judentum in der Wohnung seines Freundes Joni, ein Kraftfahrzeugmechaniker aus Brooklyn. Die meisten Männer in der Gruppe waren Autohändler oder Automechaniker. Ein Teil der Ehefrauen schloss sich an. Die Treffen begannen um 9.30 Uhr, immer mittwochs, und dauerten zwei Stunden.
Die Leiter waren Chabad-Chassiden, die fließend Jiddisch sprachen. Die meisten Leute in der Gruppe waren aus dem Osten.
»Was passiert denn bei diesen Treffen?«, fragte Jonsy einmal.
»Zuerst wird aus der Predigt des Rabbis vom Schabbat gelesen, mit Pirkei Avot, Mischna. Die Lehrer reden über die jüdische Seele, die aus Teilen Gottes zusammengesetzt ist. Jeder Jude hat zwei Seelen: die natürlich-animalische, die sich aus Erde, Luft, Feuer und Wasser zusammensetzt, und die göttliche Seele, die reines Öl enthält. Den Gojim fehlt dieser Teil, der göttliche. Daher ist der Jude seinem Wesen nach gut. Gott hat in jeden Juden aus seiner Seele Leben eingehaucht«, erklärte Schlomi.
»Bullshit«, entgegnete Izzi. »Ich kann solches Zeug, ›der Jude ist seinem Wesen nach gut‹ und ›den Gojim fehlt ein Teil in der Seele‹ einfach nicht hören. Wer bist du denn, dass du so was sagst?«
»Warum wurden die Gesetze der Thora nur den Söhnen Israels gegeben?«, gab Schlomi zurück. »Dieser spezielle Stoff
erklärt, warum die Juden erfolgreicher sind als andere. Auch ein Jude, der die Gebote Gottes nicht befolgt, steht über einem normalen Goi.«
»Moment mal, wenn die Juden dermaßen erfolgreich sind, warum hocken dann hier drei Juden in einem ramponierten Laster, fahren drei Tage lang, um Möbel auf dem Rücken rumzuschleppen, für einen reichen Goi, der sich in seinem Riesenhaus mit einer Million Dollar einen runterholt? Wo genau ist da der Erfolg des Juden zu sehen?«
»Was soll ich dazu sagen - schade, dass du Erfolg nur so siehst.«
»Was heißt das? Das ist Erfolg in Amerika. Du lebst selber hier, du machst selber hier Kohle. Wenn du dich auf das Grab von irgendeinem Wunderrabbi im Galil schmeißen und sagen würdest, dass Erfolg für dich ist, in Frieden mit Gott auf dem Berg zu leben, dann würde ich sagen, alles paletti, du warst
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