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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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Jonsy.

    Izzi holte Decken aus dem Lastwagen, und sie hüllten die Automaten darin ein. Schöne Spielautomaten, mit bunten Displays und Erläuterungen zu den Kombinationen und Gewinnen. Obendrauf stand geschrieben: Mega-Bucks is wild! Pozailov beaufsichtigte sie. »Das ist G 2000«, sagte er zu ihnen. »Mega-Bucks. Die absoluten Topmodelle auf der Welt heutzutage.« Jonsy und Izzi machten gebührend bewundernde Gesichter. Die Automaten waren extrem schwer, also halfen ihnen Pozailov und Popeye, sie auf den Lastwagen zu hieven.
    Jonsy zurrte eine Maschine an der Seitenwand des Lastwagens fest und befestigte die zweite an der ersten. Sie gingen zurück in die Villa, um vor Antritt der Fahrt noch zu pinkeln. Popeye gab jedem eine Dose Cola für unterwegs. Alle verabschiedeten sich mit lächelnden Gesichtern.
    Vladimir und Pozailov standen im Wohnzimmer und verfolgten durchs Fenster, wie sich der blaue Lastwagen auf der Straße entfernte, den See entlang, hinter dem Mercedes von Be Benz in Richtung Stadtrand fuhr.
    »Gute Jungs«, sagte Pozailov.
    »Das hoffe ich«, erwiderte Vladimir. »Das hoffe ich sogar sehr - für sie. Dass sie nicht versuchen, schlauer zu sein, als sie sind.«
    »Ja, Boss«, nickte Pozailov, etwas überrascht.
     
    In dem Lastwagen, der sich auf der Uferstraße des Lake Harriet, Lyndale Park, Westminneapolis, entfernte, saßen die beiden guten Jungs, tranken langsam aus ihren Coladosen und dachten nach.
    Sie dachten weiter nach, als sie den Highway erreicht hatten, den 94er, und die schöne Stadt hinter sich zu lassen begannen.
    Und dann sagte einer von ihnen, es war Izzi: »Wow.«

    Und der zweite, Jonsy, sagte: »Dir ist klar, dass wir mit diesen Automaten was drehen werden.«
    Izzi gab keine Antwort, er war wieder in seine Gedanken vertieft.
    Worauf Jonsy nach einer Weile fortfuhr: »Dir ist klar, dass das genau das fehlende Glied ist, auf das wir gewartet haben.«
    Und Izzi drehte an seinem Ohrring und sagte: »Ach ja? Noch eins?«
    Darauf Jonsy: »Aber klar«, und trank noch einen Schluck Cola.
    Und Izzi: »Hast du die Tätowierungen von diesem Rothaarigen gesehen?«

INDIANISCHER WINTER
    Crazy Horse, Tashunka Witko, ein Sioux-Kämpfer, der schon seit über hundertzwanzig Jahren tot ist, liegt auf einem Berg in den Black Hills in Süddakota begraben. Wer an dieser südwestlichen Ecke des Staates vorbeikommt, am Custer-Nationalpark, und den Blick hebt, wird auf das riesenhafte, in den Berg eingehauene Gesicht von Crazy Horse stoßen. Das gründliche, langwierige Werk der Bildhauerfamilie Ziolkowski, das schon seit Jahren in Arbeit ist und es auch noch lange Zeit sein wird, soll am Ende in der größten Skulptur der Welt gipfeln.
    Jane Aki fuhr an diesem Wochenende von ihrem Haus im Sugar-Bush-Lac-Reservat in Minnesota elf Stunden lang, um diese Skulptur zu sehen. Sie fuhr elf Stunden, um das Gesicht von Crazy Horse zu sehen. Um seine Augen zu sehen. Um
die Trauer und die Einsamkeit zu erkennen, um etwas zu begreifen, das sie unbedingt verstehen musste, und wieder nach Hause zurückzukehren. Sie wollte die Landschaft empfinden, die langen Horizonte, die weiten Himmel. Und so geschah es auch. Sie sah, was sie sehen wollte. Man hatte ihr gesagt, sie solle nicht fahren, es sei schade um die Zeit, schade um Wendy, ihr altes Auto. Ihr Tutor hatte zu ihr gesagt, dass die Interpretation einer polnischen Bildhauerfamilie bei allem Respekt - und er habe großen Respekt vor ihnen, denn sie leisteten seiner Ansicht nach außerordentliche Arbeit, ein überwältigendes Lebenswerk -, also bei allem Respekt, ihre Interpretation davon, wie Crazy Horse ausgesehen hatte, ganz zu schweigen von den Empfindungen, die er gehabt haben mochte, könne nicht wirklich irgendeine Realität widerspiegeln.
    Jane dachte anders darüber. Sie dachte, dass die Berge, die Luft, die riesigen Weiten, in denen Crazy Horse mit seinen Kriegern geritten war, das Ihre tun würden. Sie würden den wahren Crazy Horse in die Skulptur einfließen lassen. Es sei so ein Gefühl im Bauch, sagte sie, dass sich Crazy Horse dort mit seinem Geist befinde und dass sein Geist dafür sorgen würde, dass die Skulptur etwas von ihm ausstrahlt. Als sie dann vor dem gewaltigen Werk stand, spürte sie seine ganze Macht in ihrem Körper. Hier war Crazy Horse, ungefähr siebenunddreißig Jahre alt, wenige Wochen vor seinem Tod, stolz, aber besiegt, und vor allem für immer gebrochenen Herzens, weil die Liebe seines Lebens niemals ihm gehören würde.
    Jane

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