Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
Mädchen. Eine Arbeitskollegin erzählt mir, wenn man während der Schwangerschaft hässlich sei, werde es ein Junge,
wenn man strahle, solle man das Kinderzimmer rosa streichen. Die Frau auf dem Postamt behauptet dasselbe, nur mit unterschiedlichen Ergebnissen – gut aussehende Schwangere bekommen Jungen, Kandidatinnen für eine Generalüberholung Mädchen.
Solche Sprüche und Weisheiten von Leuten, die bereits Kinder haben, können eine werdende Mutter ganz schön verunsichern. Jeder weiß es besser als man selbst, jeder weiß wieder etwas anderes, was man nicht tun darf, wenn man in anderen Umständen ist. Iss bloß dies oder jenes nicht! Lass die Katze auf keinen Fall ins Bett, sie kann dich anstecken. Wenn du eiskaltes Wasser trinkst, kommt das Baby erkältet zur Welt. Isst du viel Schokolade, wird dein Kind ein fantastisches Liebesleben haben und so weiter und so fort. Das erste Schwangerschaftsdrittel ist eine wilde Achterbahnfahrt aus noch wilderen Vorhersagen.
Aber jetzt ist es amtlich. Wir bekommen einen Sohn. Jetzt können wir ihm einen Namen geben, da wir wissen, dass es ein »Er« ist. Jetzt können wir dem Alien ein Gesicht geben. Er ist nicht mehr Bürger X, sondern Bürger XY.
Der Gynäkologe strahlt und reicht mir drei Ausdrucke. Einer zeigt die Hand des Babys, der andere seinen Kopf im Profil. Ich kann die Nase, die Augenhöhlen und die Schädelform erkennen. Das dritte Bild sagt mir nichts.
»Was ist das«, fragte ich und drehe das Bild verwirrt hin und her.
»Das ist der Hodensack Ihres Sohnes.« Der Gynäkologe wirkt sehr stolz. »Zeigen Sie es Martin.«
Während ich auf die Rechnung warte, rufe ich Martin an, um ihm zu sagen, dass wir einen Sohn bekommen.
»Fantastisch«, sagt er. »Beim nächsten Mal wird es eine Tochter.«
Hä
»Wolltest du eine Tochter«
»Es war mir egal«, sagt er. »Aber ich hatte so das Gefühl, es wird ein Mädchen.«
Ich fühle mich, als hätte ich ihn enttäuscht.
»Tut mir leid.«
»Ach, Quatsch. Es ist nicht deine Schuld.«
Meine Schuld Ich wusste gar nicht, dass man einen Elternteil verantwortlich machen kann.
»Ich weiß. So habe ich es auch nicht gemeint. Ich meinte, tut mir leid, dass sich dein Wunsch nicht erfüllt hat.«
Er lacht.
»Alles, was ich mir wünsche, ist ein gesundes Baby und eine glückliche Frau. Werde ich das bekommen«
Ich lächle ins Telefon.
»Heute schon.«
»Super. Bis später. Und sag der Nervensäge am Empfang, sie soll aufhören, so ein hochnäsiges Gesicht zu machen.«
Ich werde mein Telefon nie mehr auf laut stellen.
Ich erzähle Lee von den Ergebnissen meines Ultraschalls, während wir im Picari Kaffee trinken, einem Restaurant, das in etwa gleich weit weg von uns liegt. Wir haben uns dafür entschieden, weil es über Toiletten auf demselben Stockwerk verfügt. Lee ist von Milchshakes zu Cappuccino übergegangen und erzählt genervt, wie teuer es ist, ein Kinderzimmer für Zwillinge einzurichten.
»Wusstest du eigentlich, dass ich laut meinem Krankenhaus hundert Windeln mitbringen soll Es gäbe genug Orte, da würde das zur Grundversorgung gehören«, sagt sie düster und rutscht unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.
»Alles in Ordnung«, frage ich besorgt.
»Ja, Sodbrennen, Rückenschmerzen, du weißt schon.«
Sie seufzt.
»Also, wie war’s beim Frauenarzt«
»Er hat mir gesagt, dass es ein Junge wird. Und dass ich keinen vaginalen Ultraschall mehr brauche, bis es fast so weit ist. Ich bin begeistert, denn das gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Hattest du einen«
Sie nickt.
»Ja. Und er hat mein Liebesleben ruiniert.«
Ich bin sofort ganz Ohr. Sie hat ein Liebesleben Trotz der Spuckerei, den Rückenschmerzen und ihrer Launen, sodass ihr Mann schon drohte, auf der Couch zu schlafen, besitzt sie noch so etwas wie ein Liebesleben Ich bin richtig eifersüchtig.
»Wie das«
»Nun, ein Zwilling ist ein bisschen kleiner als der andere. Sie konnten seinen Kopf mit dem normalen Ding nicht sehen, also haben sie einen vaginalen Ultraschall gemacht, um nachzusehen. Sein Kopf sitzt schon ganz tief.«
»Jetzt schon Du bist noch nicht mal im vierten Monat.«
»Ich weiß. Wie dem auch sei, wir schauen auf den Bildschirm, Hano und ich, und sehen, wie der Schallkopf seinen Kopf berührt. Wir sehen uns an und denken genau dasselbe.«
Ich bin etwas langsam von Begriff.
»Was denn«
Sie sieht mich an.
»Na, überleg doch mal«, sagt sie freundlich. Wenn der Schallkopf seinen Kopf
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