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Alles total groovy hier

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Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Köln.«Er grinste ein Grinsen, in dem Gold, Zahn und Lücke einander munter durch das Halbrund jagten.
    »Und wieso bist du dann da weg?«
    »Zuviel Schiggu-Schiggu«, meinte er seufzend. »Vorallem in Hanau ... «, er lüftete sein T-Shirt und deutete auf eine lange Narbe knapp unterhalb des linken Rippenbogens, »und, natürlich, in Köln.« Er verwies auf den fransig zerfetzten Krater einer außerordentlich schlecht verheilten Schusswunde.
    »Was soll das heißen, >Schiggu-Schiggu    »Ein Schweizer Ausdruck«, antwortete er ausweichend und öffnete die Fahrertür. Völlig geräuschlos, diese Tür. Gründlich gefettet und passgenau gehalten. Die Wagentür eines Mannes mit gleich mehreren Okkupationen, nicht alle notwendigerweise legitim.
    Ich wollte ihm den Rest des Wassers zurückgeben, doch er winkte großzügig ab.
    »Kannst du mich mit einem dieser Leute zusammenbringen, die Anzahlungen auf Grundstücke annehmen?«, fragte ich. »Ich würde mich gerne mal mit einem unterhalten.«
    »Die sind scheu. Die muss man anfüttern. Doch eins kann ich dir beziehungsweise deinem Freund gleich sagen: Niemand hat jemals sein Geld wiedergesehen. Das verdunstet augenblicklich.« Er stieg ein und startete den Motor.
    »Du weißt nicht viel über diese Gegend. Genauso wenig wie dein Freund. Fliegt wieder nach Hause, ist mein Rat. Wenn nicht, solltet ihr vorsichtig sein. Sehr, sehr vorsichtig.« Damit ließ er die Kupplung kommen und fuhr davon. Mitten im Gespräch, wenn man so will.
    Ich sah ihm noch einen Moment hinterher, bevor mir schlagartig aufging, dass ich damit gerade eine mögliche Mitfahrgelegenheit zum Bierholen hatte sausen lassen.
    Fast genauso schlagartig erinnerte ich mich an das Mofa im Schuppen.
    Hinterrad, Pedale, Motor, nichts ließ sich drehen. Vermutlich ein Kolbenfresser, doch ist das bei einem Einzylinder-Zweitakter meist nicht ganz so dramatisch, wie es sich anhört. Schon gar nicht, wenn es für einen gewissen Kristof Kryszinski die einzig verbliebene Alternative zum Tippeln darstellt. Man ist doch immer wieder erstaunt, wie viel sich noch retten lässt, wenn man nur mit der nötigen Motivation an die Aufgabe herangeht. Ich kramte durch den Schuppen und klaubte alles an Werkzeug zusammen, was sich noch finden ließ. Wie oft bei aufgegebenen Gehöften, war eine Menge an Krempel zurückgelassen worden. Ich fand Zehner-, Zwölfer-, Dreizehner-Schlüssel, ein paar Blatt Schmirgel in verschiedenen Körnungen, eine mit fettigem Staub bedeckte Dose Öl unbekannter Viskosität, einen rostigen Behälter mit Bremsflüssigkeit, einen Fünfliterkanister, halb voll mit Sprit, einen Hammer, einen Schraubendreher, eine gebrauchte, aber noch funktionstüchtig wirkende Zündkerze.
    Fehlte eigentlich nur noch ein Radio. Und 'n Kasten Bier. Aber das wissen wir ja.
    Ein Besen fand sich auch, also fegte ich zwei Quadratmeter Fußboden sauber, was für gewöhnlich das Wiederfinden heruntergefallener Schräubchen, Federn und Splinte enorm erleichtert, rangierte das Mofa in die Mitte, bockte es auf und machte mich an die Operation am offenen Herzen.
    Vergaser ab, Auspuffkrümmer ab, Kopf runter. Der Kolben saß am Tiefpunkt fest, die Zylinderlaufbuchse war rostrot von Jahren der Untätigkeit im Meeresklima.
    Kurzentschlossen träufelte ich etwas Bremsflüssigkeit in den Zylinder. Während sie ihre ätzende Wirkung tat, löste ich mit viel Gefühl die Stehbolzen. Dann trat ich in die Pedale, bis der Kolben den Zylinder aus seiner Passung gedrückt hatte, und begann ihn mit vorsichtigen Drehbewegungen abzuziehen.
    Bier, dachte ich und griff zum feinsten habhaften Schmirgel. Anderthalb Stunden später hatte ich alles wieder zusammen, die optisch bessere der beiden Kerzen montiert, die Reifen aufgepumpt, das Zündschloss geknackt, und trat erwartungsvoll die Pedale. Und dann noch ein bisschen. Und noch ein bisschen. Das Hemd klebte mir am Leib und die Zunge hing mir armlang aus dem Hals, bis das Pegaso ein Einsehen hatte und endlich ansprang. Plärrend, qualmend, rappelnd, aber es lief. An der Spitze einer blaugrauen Wolke beschleunigte ich aus dem Schuppen und hinein in einen Rausch der Freiheit. Vorgewarnt, nicht zuletzt durch eine Beule an der Stirn, hatte ich es eilig, durch die Ansammlung von Hütten zu kommen und bemerkte das ziemlich genau auf Kehlkopfhöhe quer über die Straße gespannte Seil im buchstäblich letzten Moment. Bevor es mir die Runkel vom Rumpf getrennt hätte. Oder es zumindest versucht. Ich griff in

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