Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alles total groovy hier

Alles total groovy hier

Titel: Alles total groovy hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
sofort herunterzukommen.
    Sie ließen ihre Macheten für einen Moment ruhen und sahen zu mir herab.
    »On ne prends pas des ordres de toi«, ließ mich der Schmalste und Hellhäutigste der drei wissen.
    »Wedon't take orders from you«, sagte der große, muskulöse Dunkelbraune.
    »Du hast uns nichts zu befehlen«, übersetzte der Dickste und Schwärzeste von seinem Platz vor Alices Tür. Sekunden später ging das Gehacke im Geäst weiter. Ich stürmte zu Leroys Shop, riss die Tür auf, dass es das Windspiel in alle Richtungen zerbimmelte. Er sah von seiner Tätigkeit - Pillen abzählen - auf. Eine Lesebrille balancierte prekär auf seiner Nasenspitze.
    »Du kommst sofort mit und stoppst deine Bimbos«, herrschte ich ihn an.
    Er schürzte die Lippen. »Rassistische Bemerkungen werden von uns nicht toleriert, Kristof.«
    »Und dem schwarzen Fettsack kannst du sagen, er soll seinen Arsch von Alices Tür wegbewegen.«
    »All diese Dinge geschehen aus gutem Grund, Kristof. Wenn es dir bei uns nicht gefällt, bist du frei, zu gehen.«
    Ich riss mich so gut es ging zusammen. »Dies ist ein kerngesunder, grüner Baum in einer komplett verdorrten Gegend«, sagte ich langsam. »Nenn mir einen guten Grund, ihn klein zu hacken.«
    »Er hat versucht, mich zu verletzen, wenn nicht gar zu töten.« Das war sein Ernst und, oh, oh, oh, so was von ominös gemeint. »Und ehe du fragst: Friedrich sitzt da, wo er sitzt, weil er Alice beschützen soll. Sie fürchtet sich vor dir. Und das ist nicht gut, in ihrem schon von Ängsten beherrschten Zustand.«
    Schwer zu sagen, was mich mehr aufrieb, die Verlogenheit oder die Scheinheiligkeit seines Getues.
    »Ein Zustand, in den du und deine Scheiß-Apotheke sie doch wohl erst gebracht haben, oder? Wofür schuldet sie dir Geld? Doch für Pillen, hab ich recht?«
    Er sah mich über den Rand seiner Brille hinweg an. Seine Augen waren rot, wie immer, das schmale Lächeln satt, wie meistens. Es war nur zu deutlich zu spüren, ja geradezu zu riechen, dass er sich auf meine Kosten amüsierte. Ich verlor die Fassung, und er gewann die Oberhand. Sie verhinderten konsequent jeden Kontakt von mir zu Alice, und auch die ganze Aktion mit dem Baum kam ihnen wie gelegen, mir meine Machtlosigkeit vor Augen zu führen. Sie wollten mich zum Aufgeben zwingen, das war es.
    Mühsam kämpfte ich den Impuls nieder, quer über den Schaukasten zu hechten und dem fetten Heuchler die Selbstzufriedenheit ein für alle Mal aus dem Gesicht zu ohrfeigen. Stattdessen machte ich kehrt und trat draußen die heruntergefallenen Bimmeln weiter in die Gegend. Und mir war bewusst, was das für eine hilflose Geste war.
    »Leroy will dich sprechen«, sagte ich und deutete über meine Schulter.
    »Er weiß, wo er mich finden kann«, meinte Friedrich und spuckte etwas braunen Saft vor sich in den Staub. List, Überredung, Gewalt sind die drei klassischen Schritte. Mit >List    »Pass auf«, sagte ich. »Ich muss mit Alice sprechen. Und deine kurzfristige Kooperation wäre mir ... « Ich zog meine Barschaft hervor, und ein Trumm von einem Ast krachte direkt neben mir zu Boden.
    »Oh la la, attention, la-bas!«
    »Mind where you stand!«
    »Vielleicht besser, du gehst einfach weiter.«
    Damit konnte ich >ÜberredungGewalt<.
    Ich versuchte noch mal mein Glück bei den Kids, doch sie wichen mir aus, allesamt mit Packen beschäftigt. Vor allem Sommersprosse behandelte mich, als ob ich sie aufgefordert hätte, in meiner Hosentasche nach Bonbons zu suchen. Dann ging auch noch eine der Mütter hysterisch dazwischen, und das war das. Kein Windhauch regte sich mehr. Der Ozean begann sich unter dem schwülwarmen Dunst glatt zu ziehen wie ein Ölteppich.
    Die Surfer, normalerweise kaum aus ihrem Neopren zu kriegen, wuselten in Shorts und T-Shirts herum, packten ihre Campingstühle, ihre Sonnenschirme, ihre Grills, ihre Ausrüstung zusammen.
    »Ihr haut ab?«, fragte ich unsere Nachbarn. »Das ist doch nur ein bissehen Wetter.«
    Nein,musste ich mich belehren lassen, dies war der Beginn der alljährlichen Spätsommer-Depression, eines oft mehrwöchigen, ortsfesten Tiefdruckgebiets mit wenig Wind, dafür aber hoher Regenwahrscheinlichkeit.
    Die Surfer zogen dann um nach Frankreich, wo sich, am Rand desselben Tiefs, gerade jetzt die Wellen besonders hoch türmten. Meine Fluchtinstinkte meldeten sich in Form eines kleinen Stichs von Neid. Gepaart mit wachsender Unruhe. Wie ein Vogel im Käfig,

Weitere Kostenlose Bücher