Alles total groovy hier
kleinen Lenkrad ließ die Nase des Bootes entweder auf die Klippen zuhalten oder aber raus aufs offene Meer. Schließlich hörte ich einfach auf, dauernd korrigieren zu wollen, und der Kahn fuhr endlich geradeaus.
»Sag mir, Kristof«, sie ließ die Waffe zuschnacken und verpasste mir die volle Ladung ihres blaugrünen Blicks, »bist du von irgendjemandem auf Leroy angesetzt worden?«
»Nein.«
»Du weißt, dass er in Deutschland gesucht wird?«
»Nein.« Verhöre mit vorgehaltener Waffe reduzieren meine Auskunftsfreude schon mal bis zur Einsilbigkeit.
»Du bist also tatsächlich nur wegen dieses Schissers hierhergekommen?«
»Was heißt, nur?«, sagte ich.
Sie nickte, sah runter auf die Flinte in ihren Händen, wieder hoch zu mir. Gleichmäßig surrte der Außenborder vor sich hin.
»Kristof, kann ich dir vertrauen?«
»Bis zu einem gewissen Grad, ja.«
»Okay«,sagte sie, als ob meine Antwort eine Entscheidung herbeigeführt hätte. »Bist du mit so was vertraut?«
Und sie hielt mir die Schrotflinte hin, Kolben zuerst.
»Nicht besonders«, gestand ich.
Das war auch gar nicht weiter nötig. Roxanne übernahm das Steuer und meine Aufgabe bestand nun darin, platt auf dem Boden sitzend und das Kreuz gegen einen der beiden Gummiwülste gedrückt, die Flinte gut sichtbar in Händen zu halten. Simpel, das. Nur für den Fall, dass ein Schiff auf uns zuhielt, sollte ich erst auf den Mann am Steuer anlegen, wenn der nicht reagierte, einen der beiden Läufe über seinen Kopf hinweg abfeuern und anschließend unmissverständlich auf den Bug seines Schiffes zielen, dicht unterhalb der Wasseroberfläche.
»KeinFischer riskiert sein Boot«, erklärte sie mir. Wir erreichten die Absperrkette vor der Bucht und machten gleich an der ersten Boje fest. Roxanne hatte es jetzt eilig, ins Wasser zu kommen, und ich half ihr dabei, die Pressluftflasche umzuschnallen. »Aber falls doch, drück ab.«
Sie wollte Reusen kontrollieren, und zwar unbeeindruckt von der Tatsache, dass die spanischen Fischer sich schon seit geraumer Zeit entschlossen zeigten, alles über den Haufen zu fahren, was sie für illegitime Konkurrenz hielten.
»Nur beim Auftauchen der Küstenwache«, meinte sie, spuckte in ihre Taucherbrille und spülte sie mit Meerwasser aus, »hältst du das Gewehr besser außer Sicht.«
Sie setzte die Brille auf, rückte sie zurecht. »Sofern dir dein Leben lieb ist, heißt das.« Damit biss sie auf ihr Mundstück und rollte sich rückwärts über Bord. Etwa eine Minute lang konnte ich das Winken ihrer Flossen verfolgen, danach waren platzende Blasen an der Oberfläche alles, was noch von ihr wahrzunehmen war. Schrotgewehr in Griffweite, ließ ich die Sicherungsleine aus, die sie an ihrem Gürtel befestigt hatte. Die Reusen befanden sich auf der militärisch abgesperrten Seite der Bojenkette, auf dem schmalen, flachen Rand, der den tiefen, munitionsgefüllten Teil der Bucht umgab. Damit verstieß unser kleiner Ausflug gegen gleich mehrere Gesetze und Verordnungen, ein Umstand, der Roxanne mit gespannter Heiterkeit erfüllte und mich mit einiger Nervosität.
>Deutscher versenkt spanisches Fischerboot<, erschien in der Schlagzeile hinter meiner Stirn, dicht gefolgt von >Spanische Fischer üben Lynchjustiz<. Doch schon mit dem Auftauchen des grünen Rumpfs am Horizont änderte sich das schlagartig zu >Deutscher Privatdetektiv vor spanischem Militärtribunak Das Schiff hielt direkt und unmissverständlich auf mich zu, und ich spürte einen aufkommenden Groll über die Verpflichtung, die Vertrauen mit sich bringt. Wie kam diese Torte dazu? Woher wollte sie wissen, dass ich nicht einfach den Strick über Bord werfen und mich mit Vollgas verpissen würde, sobald die schwer bewaffnete Ordnungsrnacht auf der Bildfläche erschien? Fieberhaft wurde mir bewusst, dass ich über die Gesetzmäßigkeit meines HandeIns - ja meines Daseins an diesem Ort, von der Frage eines Bootsführerscheins mal ganz abgesehen - nur äußerst dürftig informiert war. Das Mindeste, dessen ich mich hier schuldig machte, war Beihilfe. Hastig setzte ich mich auf die Sicherungsleine und blickte der Küstenwache mit meiner unschuldigsten, meiner hundertmal erprobten Wir-treiben -HauptkommissarMenden-zur-Weißglut-Miene entgegen. Der Kreuzer ging längsseits. An seiner Reling lehnte ein schnieke uniformierter Sonnenbrillenträger.
Ein Stück links von ihm stand ein Matrose stramm, den Blick in die Ferne gerichtet, eine Maschinenpistole beidhändig vor der
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