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Alles was du wuenschst - Erzaehlungen

Titel: Alles was du wuenschst - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright
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und ein paar Minuten später auf dem nächsten wieder auftauchte. Manchmal sei es ihnen vorgekommen, als würden sie schweben. Zwei alte Kerle, Alfie und er. Eines Morgens gegen sechs drehte Alfie sich um und lud ihn übers Wochenende zu einem Mitbring-Barbecue ein.
    Ein Mitbring-Barbecue! Er war so überrascht, dass er tatsächlich etwas zubereitete – eine Mischung aus Wackelpudding und Schlagsahne, nach einem Rezept auf der Rückseite der Packung. Er fuhr in der Gegend herum und suchte nach dem Haus, während auf dem Sitz neben ihm der Nachtisch wabbelte – schließlich fand er die Party anhand der vielen Leute, die sich auf einem
Rasen tummelten. Es ist ein klarer, schöner Tag in Dewey, Wisconsin. Auf der Vorderveranda unterhalten sich ein paar Typen über Golf und reißen zu viel Dosenbier auf. Die Ehefrauen sind auch da, die Kinder kreischen und tollen herum, und die Leute verströmen einen Geruch nach gebügelter Baumwolle, selbst im Freien.
    Alfie trägt eine Kochmütze. Er haut ihm zwischen die Schulterblätter und nimmt ihm das mutierende Dessert ab.
    »Mh, mh!«
    Nach einer Weile ist er von der Sonne und dem Bier ganz benommen. Er braucht sich nur die Leute anzuschauen, wie sie reden und lachen, die kleinen Zwischenfälle mit den Kindern. Es schnürt ihm die Luft ab. Er zieht sich in die Garage zurück, wo es dunkel und kühl ist. Ein paar kleine Jungen schieben Plastiksoldaten durch den Kühlergrill des Autos, und aus der Hintertür ragen die Beine einer Frau. An einem Fuß baumelt eine Sandale. Als er einen Blick ins Auto wirft, sieht er dort Alfies Frau flach auf dem Rücksitz liegen, sie hat die Arme ausgestreckt und spielt mit ihren schönen blonden Haaren.
    »Gute Party«, sagt er.
    »Schön, dass du gekommen bist.«
    Die Sandale fällt zu Boden. Und er weiß, er könnte Sex mit ihr haben. Er weiß, er könnte mit ihr einfach davonfahren – eine Sandale am Fuß, die andere bliebe zurück. Während die Kinder sich in Sicherheit brächten, könnte er einfach den Motor anwerfen und mit aufschwingender Wagentür losfahren, quer über den Sommerrasen, über die Bordsteinkante und weg.

    Er saß auf ihrer Bettkante und beugte sich vor, um seinen Fuß zu untersuchen. Sie starrte auf die Wirbel seines Rückgrats.
    »Und, warum hast du’s nicht getan?«, fragte sie.
    Darum gehe es nicht, antwortete er. Es gehe darum, dass er wieder in den Garten gegangen sei und zugesehen habe, wie diese Leute sich vergnügten. Die Sonne sei untergegangen. Alfie habe ihn kritisch beäugt, als er aus der Garage gekommen sei. Es gehe darum, dass ihm klar geworden sei, dass er nirgendwo anders hingekonnt hätte.
    Er wusste nicht, wie er’s erklären sollte. Dieser Garten, dieses verdammte Mitbring-Barbecue, mehr sei da nicht gewesen. Und deswegen blieben die Leute in Dewey – wir alle lebten in Dewey. Man könne nirgendwo anders hin.
    »Na dann, willkommen daheim«, sagte sie.
     
    Sie machte ihm ein Rührei, und ihre Hände zitterten. Sie wusste nicht, wie sie ihn in der Wohnung halten oder was sie tun sollte, also öffnete sie eine Flasche Wodka und mischte den Wodka mit Cranberrysaft. Was anderes gab’s im Kühlschrank nicht. Er steckte seine Nase ins Glas und lachte: »Meckmeckmeck.«
    Er sagte, er habe einen verrückten Bruder. Er sagte, Verrückte seien nicht so, wie man glaubte, dass sie seien. Einfach nur sehr tumb. Sie redeten den ganzen Tag über Fußball wie andere auch – nur noch mehr. Dann sehe man am Badewannenrand einen Fleck Scheiße. Oh-oh!
    Der andere Bruder sei Bauunternehmer.
    Er sagte, er sei in einem jener Häuser aufgewachsen, die kein Mensch mag; eine große Bungalow-Hazienda mitten
in einem Acker. Obwohl er da das Wetter vermisse, sei es immer noch besser als die Glotze. Und das Torfmoor an der Straße nach Strandhill habe er als Kind geliebt – er habe die Torfsoden zu Pyramiden aufgeschichtet und Azteken gespielt oder ganz allein die Belagerung von Stalingrad komplett nachgestellt und sei durch die Schützengräben gerannt. Rattatatatat. Ein furchtbares Gemetzel.
    Und er streckte den Finger aus und erschoss sie.
    Es gab’ne Menge Zeug, das kein Sex war, einfach nur Fummelei und Rumbalgerei, während die Sonne auf- und unterging und dazwischen Rechtecke auf den Boden warf. Er trank sich durch den Wodka, während sie nur Tropfen davon in ihren Tee fallen ließ. Sie sahen Kinderfernsehen und versuchten, es in der Dusche zu treiben. Sie hielt ihn davon ab, aus dem Fenster zu brüllen, und im

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