Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
Bett und hatten Sex, vollkommen geräuschlos; zunächst lagen sie so eng umschlungen, dass Michelle dachte, sie müsse schreien, wenn er auch nur zwei Zentimeter von ihr abrückte. Sie schrie jedoch nicht, und als sie fertig waren, schliefen die Kinder noch immer.
»Herrgott«, sagte sie. »Wie war dein Name gleich noch mal? Herrgott!« Dann schleppte sie sich aus dem Bett in den Wohnbereich. Es war seltsam, in diesem kleinen Raum nackt zu sein – alles war zu nahe, die Decke sehr niedrig, und als sie ins Duschbad ging, saß ein Gespenst am Tisch. Zumindest nannte sie es im Vorübergehen so, obwohl ihr erst auf der Toilette einfiel, sich darüber zu verwundern. Ein Gespenst. Und als sie aufstand, war es verschwunden.
Am nächsten Tag kam morgens immer mal wieder die Sonne durch, sodass Michelle ein paar Kleidungsstücke draußen aufhängte, die noch immer nassen Badeklamotten einpackte und sie alle zum Strand gingen.
»Ich mag den Strand nicht«, sagte Emmet. »Ich mag den Strand nicht!«
Der Strand war wunderschön. Die Kinder rannten die Böschung hinunter und schleuderten dabei die Kleider
von sich und wollten nicht stillhalten, um sich mit Sonnenschutzcreme einreiben zu lassen.
Michelle kam nicht dazu, in ihre Badeklamotten zu schlüpfen. Sie fragte sich, ob sie je wieder dazu kommen würde. Sie saß am Rand der Dünen und zog ihren Rock hoch, um sich die Beine zu bräunen.
»Die Sache ist die«, sagte sie zu Dec. »Von hier aus – verstehst du? -, von hier aus sehen sie ganz gut aus. So wie das Fett nach unten abfällt, kann ich es eigentlich gar nicht sehen. Ich meine, von hier aus betrachtet, sieht eigentlich alles ganz gut aus.«
»Dann bist du also gar nicht fett«, antwortete Dec. »Nur deine Augen sind am falschen Platz.«
»Ja, genau.«
»Komm, schwimm eine Runde.«
»Ach, ich weiß nicht.«
»Na los. Es wird dir guttun.«
»Gleich.«
Sie saß im Sand und sah ihren Kindern zu, die sich schwarz vor dem glitzernden Meer abzeichneten; Dec rannte mit einem Eimerchen zu den Wellenausläufern, um die Kinder mit Wasser zu bespritzen. Kreischend nahmen sie Reißaus. Alles war so herrlich: Katys Schulter, die sich vor dem Wasserguss wegbog, sodass dieser schwer auf dem Sand aufklatschte; alles glich so sehr dem Bild einer Familie, die Spaß hat, dass Michelle an das Wohnwagengespenst denken musste – weil es ebenfalls einem Bild glich; flach, fast ein wenig zerknittert. Eine Frau. Ob jung oder alt, ließ sich schwerlich bestimmen. Aber richtig gruselig. Erzürnt. Sie hatte auf der Sitzbank
hinter dem kleinen Tisch gesessen, und Michelle wurde den Eindruck nicht los, dass sie sich nicht von der Stelle rühren konnte – dass sie festsaß.
Als sie vom Strand zurückkehrten, fand sich von ihr keine Spur. Sie waren vom Regen vertrieben worden, und die am Morgen aufgehängten Kleidungsstücke waren schon wieder nass. Michelle nahm sie ab und drapierte sie wieder über die Vorhangleisten und die Kleiderbügel, und während des Mittagessens stand sie auf, um ein paar Sachen an die Speichen des großen Schirms draußen zu hängen. Nichts war getrocknet, weder drinnen noch draußen. Sie sammelte die Kleider vom Vortag ein und warf sie in die Plastikkiste unter der Dusche.
Während sie sie rieb und auswrang, dachte Michelle, dass sie das Gespenst vielleicht damit angelockt hatte. Es war ein Handwaschgespenst – eine Frau, die ihr ganzes Leben lang Wäsche hatte auswringen müssen und sie von einer Stelle zur anderen schleppte, aber sie wurde einfach nicht trocken. Doch die Arbeit als solche machte Michelle nichts aus. An der Frau fiel ihr etwas anderes auf: der Ausdruck in ihrem Gesicht; und sie hatte etwas Abgewracktes, das Michelle noch nicht verstand.
Die Kinder tobten herum; sie zerrten die Kissen von der Sitzbank, schraubten den Plastikschnäpper der Toilettentür ab. Kinder verschafften sich überall Zutritt. Wie viele von ihnen wohl im Lauf der Jahre in diesem Wohnwagen gehaust hatten? Jeder Zentimeter war berührt, begrapscht und benutzt worden. Neben der feuchten Wäsche vom Vortag schaffte Michelle Platz für die neuen nassen Klamotten und arrangierte noch ein paar Kleiderbügel in der
Dusche. Die Frau von gegenüber mit den sechs Kindern und den hübschen Beinen packte im Regen ihre Sachen zusammen.
Die perfekten Mädchen fanden sich ein. Sie setzten sich draußen unter den Schirm, und die Kinder spielten mit ihnen, sehr förmlich, wie Damen beim Tee. Michelle brachte ihnen weiße
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