Alles, was er wollte: Roman (German Edition)
Abmachung. »Das heißt, ich muß Ihnen sagen …« Ich holte hastig Atem. »… ich liebe Sie«, sagte ich.
Für sie kann dieses Geständnis nicht ganz unerwartet gewesen sein (was sollten denn die Topasohrringe und die Jetbrosche zu bedeuten haben?), dennoch schien sie im ersten Moment überrascht, ja, erschrocken. Ich nehme an, der Gedanke an Heirat lag ihr in diesem Moment sehr fern; das erhitzte Gesicht war zweifellos eine Folge körperlicher Anstrengung, keineswegs Ausdruck freudig erregter Erwartung.
Aber wie so häufig in überraschenden oder bestürzenden Situationen kam auch diesmal eine tiefe Ruhe über sie. Selbst ihre Lider schienen sich langsamer zu bewegen, während sie mich unverwandt ansah.
»Ich bete Sie an«, sagte ich mit einer Leidenschaftlichkeit, die befremdlich gewirkt haben muß im Gegensatz zu ihrer stillen Ruhe. »Ich kann nachts nicht schlafen, weil ich unaufhörlich an Sie denken muß. Ich möchte, daß Sie meine Frau werden.«
(Wenn ich mich dieser Szene erinnere, sehe ich unwillkürlich eine Szene aus einem Theaterstück vor mir, in der einer der Darsteller vor lauter Lampenfieber viel zu dick aufträgt, während seine Gegenspielerin offenbar ihren ganzen Text vergessen hat.)
Vielleicht war Etna tatsächlich erschrocken über diese kühnen Worte, die ich augenblicklich abzuschwächen suchte. »Damit will ich sagen«, fuhr ich fort, »daß ich Sie gern als meine Frau an meiner Seite hätte, wenn Sie sich mit dieser Vorstellung anfreunden könnten. Kurz und gut, ich möchte Sie bitten, meine Frau zu werden. Ich weiß, daß mein Antrag nicht ganz unerwartet für Sie ist, aber selbstverständlich sollen Sie sich trotzdem Zeit nehmen für Ihre Entscheidung. Ich möchte Ihnen nur heute schon sagen, daß Sie mich mit Ihrem Jawort zum glücklichsten Mann auf Erden machen würden.«
Etna schwieg lange. Ich weiß bis heute nicht, was ihr durch den Kopf ging, aber ich nehme an, daß ihr der Gedanke an Heirat zwar in den Sinn gekommen war und sie ahnte, daß sie am Ende würde einwilligen müssen, wenn sie der lautlosen Tyrannei eines Lebens im Exil entrinnen wollte, daß sie es aber abgelehnt hatte, sich diese Möglichkeit vorzustellen . Sie hatte sie abgewehrt und war darum jetzt ohne Worte.
Ich zog aus meiner Tasche eine Schachtel mit einem Ring, den ich kürzlich bei Johnston & Herrick’s gekauft hatte (für viel Geld, wenn ich das sagen darf; ich finde nichts dabei, es jetzt zu erwähnen). »Ich möchte Ihnen das hier schenken«, sagte ich. »Als Zeichen meiner … Um mich für immer an Sie …« Aber ich konnte nicht fortfahren. Der redegewandte, manchmal pedantische Van Tassel wurde stumm wie ein Stein – stumm wie Etna Bliss. Ich hielt den Ring auf meiner offenen Hand – eine Opfergabe –, eine Kostbarkeit aus Smaragd und Weißgold.
Sie griff nicht danach, zog jedoch die Hände unter ihrem Cape hervor, vielleicht um sie zu irgendeiner Geste zu gebrauchen; und ich, praktisch sprachlos in meiner verzweifelten Angst, sie könnte mich zurückweisen (eine Möglichkeit, die mit jedem verstreichenden Moment wahrscheinlicher wurde), umfaßte eine dieser in Handschuhen verborgenen Hände und legte sie über meine eigene, so daß der Ring nun zwischen unseren Händen ruhte. Dann legte ich meinen Arm um ihren langen Rücken und spürte, wie sie erstarrte, am ganzen Körper stocksteif wurde. Doch als sie erkannte, daß ich sie von mir aus nicht freigeben würde, entspannte sie sich immerhin so weit, daß sie die Umarmung geschehen ließ. Ich kann allerdings nicht behaupten, daß sie sich zu einer Erwiderung in irgendeiner Form herbeiließ. Sie blieb völlig unbewegt, in einem Zustand weder des Gebens noch des Empfangens. Vielleicht stellte sie sich selbst auf die Probe und beobachtete ihre eigenen Reaktionen.
(Meiner Überzeugung nach wurde in dieser einen Umarmung die Geschichte einer ganzen Ehe vorweggenommen, wobei ich das damals natürlich nicht ahnen konnte. Und mit Rücksicht auf diese Erfahrung würde ich allen jungen Liebenden raten, bei der ersten Umarmung so genau aufzumerken wie bei einem Wahrsager.)
Aber selbst Etnas Passivität war Seligkeit für mich: ihren Atem an meinem Hals zu fühlen, das sanfte Wogen ihres Busens dicht an meiner Hand. Langsam, um ihr die Möglichkeit zu lassen, sich zu entziehen (was sie nicht tat!), ließ ich mein Gesicht an ihrem hinabgleiten, um sie auf den Mund zu küssen, einer der Höhepunkte meiner stündlichen Phantasien. Und ich hatte mein
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