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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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Kirche«, sagte sie.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, erklärte ich. »Ich muß morgen nachmittag zum Unterricht wieder in Thrupp sein.«
    »Es geht Ihnen gut?« fragte sie.
    »Den Umständen entsprechend.«
    »Warum sind Sie gekommen?«
    »Sie wissen doch, warum ich gekommen bin.«
    Von der Treppe her, die sich im Flur hinter Etna befand, vernahm ich ein Rascheln und sah im selben Moment, wie Etna erstarrte.
    Eine sehr kleine, zierliche Frau trat ins Zimmer. Höflich wandte Etna sich ihr zu.
    »Du hast Besuch, Etna«, sagte die Frau mit einiger Überraschung. Und fügte dann hinzu: »Dein Haar ist nicht gemacht.«
    »Miriam«, sagte Etna, »das ist Professor Nicholas Van Tassel. Er kommt gerade aus Thrupp. – Professor Van Tassel, das ist meine Schwester Miriam Keep.«
    Unglaublich, daß die beiden Frauen miteinander verwandt sein sollten: die eine groß und dunkel mit ungewöhnlichen, aparten Zügen, die andere zart und blond, beinahe makellos schön im konventionellen Sinn, mit großen grünen Augen, rosigen Lippen und einer Haut, die wie Alabaster schimmerte. Ihre Haltung verriet, daß sie sich ihrer Schönheit bewußt war und sie zu ihrem Vorteil einzusetzen verstand. Mir war sofort klar, daß sie mit dieser Schönheit auch den reichen Ehemann ins Netz gelockt hatte. Es wäre interessant zu sehen, dachte ich, ob der Mann einen so hohen Preis wert war.
    »Sie haben eine weite Reise gemacht«, sagte Miriam und trat einen Schritt näher.
    »Ja.«
    »Nur um Etna zu besuchen? Oder haben Geschäfte Sie hierhergeführt?«
    »Ich bin Etnas wegen hier«, sagte ich.
    »Sie haben einen ungünstigen Moment gewählt. Wir sind eben auf dem Weg zum Gottesdienst.«
    »Ja, verzeihen Sie. Ich habe nicht genug nachgedacht«, sagte ich (der nichts anderes getan hatte).
    »Etna«, sagte Miriam mit einem Blick auf Etnas unfertige Frisur, »Josip haßt es, wenn man ihn warten läßt, und du weißt, daß der Gottesdienst pünktlich um zehn beginnt.«
    Ich fand ihren Ton empörend.
    »Ach, Miriam, würdest du bitte Professor Van Tassel Gesellschaft leisten, während ich rasch nach oben gehe. Ich bin gleich wieder da.«
    Mir war klar, daß dies mein Stichwort war, mich zu verabschieden. Aber das war mir nicht möglich. Etna zögerte nur einen Augenblick, dann ging sie – ob dankbar oder verwirrt, konnte ich nicht sagen.
    »Und was führt Sie nun hierher, Professor Van Tassel?« erkundigte sich Miriam, während sie sich auf dem einzigen unverhüllten Stuhl im Zimmer niederließ. »So früh an einem Sonntagmorgen!«
    Ich hörte in der Frage feinen Tadel darüber, daß ich es gewagt hatte, die Familie am heiligen Feiertag zu stören.
    »Ich habe etwas Wichtiges mit Etna zu besprechen«, antwortete ich unumwunden.
    »Ah.« Sie warf mir einen kühlen Blick zu. Sie war wie ein Diamant, ich aber bevorzugte die Wärme und die goldene Glut des weniger edlen Steins, des Topas.
    »Ich möchte nicht neugierig sein«, sagte sie, aber ich sah ihr an, daß sie vor Neugier brannte. »Ich fürchte nur, Reverend Young wird mit dem Gottesdienst nicht auf uns warten. Ich persönlich könnte, offen gestanden, ohne weiteres auf seine verstaubten Predigten verzichten, aber mein Mann hat eine hohe Auffassung von Frömmigkeit und religiöser Verpflichtung. Und Unpünktlichkeit kann er nicht ausstehen, so duldsam er in vieler Hinsicht ist.«
    »Auch ich lege großen Wert auf Pünktlichkeit«, gab ich zurück. »Ich bitte Sie sehr, mir diese Störung zu verzeihen. Wenn es möglich gewesen wäre, bis morgen zu warten, hätte ich das getan, aber leider muß ich pünktlich zum Unterricht wieder in Thrupp sein.«
    »Sie unterrichten am College?«
    »Ja.«
    »Die Angelegenheit, die Sie hergeführt hat, muß sehr dringend sein«, sagte sie in einem neuerlichen Versuch, mich aus der Reserve zu locken.
    Ich schwieg.
    »Das College ist sicher sehr interessant, aber Thrupp ist ein tristes kleines Nest«, bemerkte sie.
    »Ich glaube, ob eine Stadt trist ist oder nicht, hängt von ihren Bewohnern ab, Mrs. Keep«, entgegnete ich. Miriam Keep war sichtlich pikiert, und ich beeilte mich, meinen Worten den Stachel zu nehmen. »Aber mit dem Charme Exeters kann Thrupp es natürlich nicht aufnehmen.«
    »Nein«, antwortete sie mit einem dünnen Lächeln. »Und ich hoffe, daß auch meine Schwester diesen Charme bald für sich entdecken wird«, fügte sie hinzu.
    »Wogegen ich hoffe, daß sie gar nicht lange genug hierbleibt, um ihn zu entdecken«, konterte ich kühn.
    »Oh,

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