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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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kleines Schauspiel fortzusetzen, »es wundert mich etwas, daß du mit keinem Wort deine Bekanntschaft mit Phillip Asher erwähnt hast – obwohl du wußtest, daß er zu uns ins Haus kommen würde.«
    »Ich war nicht sicher, ob es dieselbe Familie ist«, sagte Etna mit nur oberflächlicher Aufmerksamkeit. Ihr ganzes Interesse galt ihren Kindern auf der provisorischen Bühne. »Ich hätte Phillip Asher beinahe nicht erkannt, er war ein Junge, als mein Vater mit der Familie verkehrte«, fügte sie hinzu.
    Zu weiterem Austausch hatten wir keine Gelegenheit, da nun Nicky und Clara wieder unsere Aufmerksamkeit forderten.
    An diesem Abend erlitt Etna einen kurzen Rückfall und blieb den Rest des Wochenendes im Bett. Doch am folgenden Montag teilte Mary mir schon beim Frühstück mit, daß meine Frau an diesem Tag besonders zeitig aufgebrochen sei, um zum Wohnheim hinauszufahren. Ich freute mich, das zu hören, denn es hieß, daß Etna wieder ganz die alte war.
    Aber kurz vor dem Mittagessen, als ich durch den Seitenflur kam, sah ich, daß Etna vielleicht doch noch nicht wieder ganz die alte war. Sie hatte ihre Reisetasche unten neben der Treppe stehenlassen. Ich öffnete sie und stellte fest, daß sie voller Lebensmittel war – Käse und Brot, Fleischpasteten, lauter Reste vom Thanksgiving-Wochenende zweifellos. Hätte die Tasche Kleidung enthalten, so hätte ich mir weiter keine Gedanken gemacht. Aber als ich die Nahrungsmittel sah, beschloß ich, Moxons Wagen zu nehmen, der noch vor dem Haus stand, und sie persönlich im Heim abzuliefern. Die letzte Autofahrt dorthin hatte mir Spaß gemacht, und ich konnte die Übung weiß Gott brauchen.
    Es war ein häßlicher, regnerischer Tag, trotzdem schaffte ich es zu meinem Stolz, mich die meiste Zeit einigermaßen entspannt in meinem Sitz zurückzulehnen und nicht ständig das Lenkrad wie einen Rettungsring umklammert zu halten. Ich war vor eins in der Norfolk Street und näherte mich dem Heim, als ich Etna aus dem Haus treten sah. Toll, dachte ich, als hätten wir es abgesprochen.
    Etna hob ihren Schirm und spannte ihn auf. Sie sprang mit leicht ausgebreiteten Armen die Vortreppe hinunter zur Auffahrt, wo das Coupé stand. Ich hielt an, stieg aus dem Wagen und rief ihr zu, aber sie hörte mich nicht, wahrscheinlich wegen des Regens und des Motorengeräuschs ihres Autos. Mit den ökonomischen Bewegungen einer routinierten Autofahrerin lenkte Etna den Wagen rückwärts zur Straße hinaus und wendete.
    Sie bog nicht in meine Richtung ab, sondern in die entgegengesetzte. Moxons Wagen hatte sie überhaupt nicht bemerkt.
    Hatte Etna noch etwas zu erledigen? Wollte sie über eine Abkürzung nach Hause fahren?
    Nach einem ersten Moment der Überraschung kletterte ich wieder in den Stevens-Duryea und versuchte, meiner Frau zu folgen. Die Straße war naß und glitschig, und die Windschutzscheibe schwamm im Regen. In der Hoffnung, Etna einzuholen, trat ich das Gaspedal ein wenig weiter durch, aber viel ungeübter im Autofahren als sie, konnte ich kein ausreichendes Tempo fahren, ohne ins Rutschen zu geraten. Ich wußte nicht einmal, ob ich wirklich Etnas Wagen folgte oder einem anderen; kurz nachdem ich losgefahren war, hatte mich ein Automobil überholt, und ich konnte nur hoffen, daß es auch an Etna vorbeigefahren war. Irgendwann nahm ich undeutlich wahr, daß ich eine andere Ortschaft erreicht hatte, Drury vielleicht. Ich trat das Gaspedal noch weiter durch, das Geräusch des angestrengt arbeitenden Motors machte mir bange (ich fuhr mit einer Geschwindigkeit von über fünfzig Stundenkilometern, was für damalige Verhältnisse die reine Raserei war). Nach fünfzehn Minuten dieses Wahnsinns sah ich es grün durch den Regen schimmern. Ich beschloß, Etna zu überholen und ihr zuzuwinken, dann würde sie bestimmt anhalten.
    Aber während ich noch plante, bog Etna plötzlich nach links ab in eine Auffahrt. Es ging so schnell, daß ich nicht dazu kam, ebenfalls abzubiegen, sondern an der Abzweigung vorbeischoß und erst ein Stück weiter die Straße hinauf anhielt. Zittrig vom schnellen Fahren und froh, daß dabei nichts passiert war, blieb ich einige Minuten hinter dem Lenkrad sitzen und wartete, bis ich ruhiger wurde. Dann stieg ich aus Moxons Wagen und ging zu Fuß zu der Stelle zurück, wo Etna abgebogen war. Ich wollte ihr gründlich die Leviten lesen. Bei diesem Regen so schnell zu fahren! Sie hätte sich umbringen können.
    An der Zufahrt zu einem offensichtlich sehr großen Besitz

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