Alles, was er wollte: Roman (German Edition)
gekommen waren, um die wilde Jagd zu beobachten. Etna stand, die Hände auf den Mund gepreßt, an einem der oberen Fenster. Ich hob die verstörte Clara vom Boden auf und drückte sie an mich. Ich bin sicher, wir haben uns gegenseitig getröstet.
An diesem Abend kamen weder Etna noch Clara zum Essen herunter. Bei Clara konnte ich das verstehen, nicht aber bei meiner Frau. Abigail meldete, Etna habe sich, ohne etwas zu essen, im Gästezimmer schlafen gelegt, da sie mich nicht stören wolle.
Mich stören? dachte ich, sprach es aber nicht aus, da ich mit Nicky am Tisch saß, der nach dem Zwischenfall am Nachmittag immer noch zitterte. Mich stören, womit? fragte ich mich. (Es ist durchaus möglich, daß Nicky vor Aufregung zitterte; für einen Sechsjährigen war die Sache mit dem durchgegangenen Automobil vermutlich sehr spannend gewesen.) Ich fand meine Frau feige und beschloß, sie nach dem Abendessen zu wecken und ihr das zu sagen; wahrscheinlich hätte ich es auch getan, wäre nicht, als wir bei der Suppe saßen, der Telephonanruf gekommen.
Feralds Ton war sachlich. Er wolle mich gleich am Morgen bei sich zu Hause sprechen. Ob es mir um neun Uhr passen würde. Ja, sagte ich, selbstverständlich.
Als ich aufgehängt hatte, ließ ich mich in den Sessel im Vestibül sinken. Was wollte Ferald von mir? Sein Ton war frostig gewesen, aber Edward Ferald war ja auch nicht für seine Herzlichkeit bekannt. Hatte er mich zu sich zitiert, um mir mitzuteilen, daß ich als Kandidat für den Posten des Vorstands ausgeschieden war? Nein, nein, das wollte ich nicht glauben. Weshalb sollte er sich diese Mühe machen, wo doch die Abstimmung nur noch wenige Tage entfernt war? Mir kam ein anderer, erfreulicherer Gedanke. War es möglich, daß Ferald auf irgendeinem anderen Weg davon gehört hatte, daß Asher Jude war? Und wenn ja, konnte es dann sein, daß Ferald im Namen des Verwaltungsrats Nicholas Van Tassel den Posten des Collegevorstands anbieten wollte?
Ich schlief nicht gut in dieser Nacht. Wie hätte es auch anders sein sollen? Wenn ich mir nicht gerade den Kopf darüber zerbrach, warum meine Frau mich über ihren Aufenthalt in einem fremden Haus belogen hatte (aber hatte sie mich denn belogen?, ich versuchte, mir die genauen Fragen und Antworten ins Gedächtnis zu rufen), dachte ich über den Dialog nach, der binnen kurzem zwischen Edward Ferald und mir stattfinden würde. Ich stellte mir das Gespräch vor, meine dankbare Bescheidenheit (meinen bescheidenen Dank) und den feierlichen Ernst, mit dem ich die Berufung annehmen würde. Aufgrund früherer Erfahrungen war zu erwarten, daß Edward Ferald es sich nicht würde verkneifen können, mich wissen zu lassen, daß ich nicht seine erste Wahl war. Aber vielleicht würde er nach so langer Zeit doch endlich das Kriegsbeil begraben und mir aufrichtig Glück wünschen? Egal. Auch wenn er es nicht fertigbrachte, über sich selbst hinauszuwachsen, würde der Ausgang der gleiche sein. Ich würde sein Haus rechtzeitig verlassen, um als neuer Vorstand des Thrupp College pünktlich zu meinem Zehn-Uhr-Seminar zu erscheinen.
Ich kleidete mich mit Sorgfalt, wählte meinen besten Kammgarnanzug und einen gestreiften Seidenschlips. Ich steckte die Krawattennadel mit dem Brillanten an, die Etna mir geschenkt hatte und die ich nur zu besonderen Anlässen trug. Ich gab mir größte Mühe, gepflegt zu wirken. Wie ich vielleicht erwähnt habe, begann mein Haar sich zu lichten, und ich hatte am Scheitel bereits eine kahle Stelle, als hätte mir jemand ein Büschel Haare ausgerissen. Ich rasierte mich sehr genau und benetzte mein Gesicht wiederholt mit kaltem Wasser, um die schwammigen Ringe um die Augen, Folge meiner Erregbarkeit, zum Abschwellen zu bringen.
Ich war froh um den Stevens-Duryea; ich meinte, es würde beeindruckender wirken, wenn ich im Auto kam statt zu Fuß. Ich bemühte mich, ruhig zu fahren und meine Gedanken auf geradem Kurs zu halten. Alle Bilder von Etna in dem fremden Haus wehrte ich sofort ab. Ich wollte bei diesem wichtigen Zusammentreffen auf keinen Fall zerstreut oder abgelenkt sein. Mein Urteil über Feralds Herrschaftsvilla erfuhr eine gewisse Milderung, als ich vor dem Haus hielt. Vielleicht waren der englische Kalkstein und die griechischen Säulen doch nicht ganz so prätentiös, wie ich gemeint hatte. Warum sollte ein Mann sich nicht ein Haus nach seinem eigenen extravaganten Geschmack bauen?
Ich sprang flott aus dem Wagen, und ich glaube, ich wirkte durchaus
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