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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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Umstände, die zur Auffindung des zweiten Fingers geführt hatten, und der Zufall von intergalaktischen Ausmaßen hatte für sie keinerlei Bedeutung. Es zählte lediglich, dass sie mich zum zweiten Mal dabei erwischt hatte, wie ich das Körperteil eines Menschen einem anderen Menschen zum Essen aufgetischt hatte.

    »Die Dame sagt aus, Sie, Herr Voss, hätten sich Ihres Tellers bemächtigt, nur um sich die Gelegenheit zu verschaffen, ihren Busen anzustarren.«

    »Reines Wunschdenken«, antwortete ich so arrogant wie möglich. »Wenn die Zimtzicke sich sexuell unausgelastet fühlt, sollte sie in Lokalen verkehren, die ihren Bedürfnissen eher entgegenkommen.«

    »Die« − vorwurfsvolle Pause − »Zimtzicke studiert im zehnten Semester Theologie«, informierte mich die Kommissarin frostig. »Sie schließt nicht aus, später in ein Kloster einzutreten.«

    »Wenn das so ist«, giftete ich frauenfeindlich, »sollte sie ihrem Busen lieber die Chance gönnen, angestarrt zu werden, solange sie sich noch ergibt.«

    »Davon abgesehen ist sie meine Nichte«, fügte Schweikert eisig hinzu.

    »Na schön«, lenkte ich ein. »Aber selbst wenn sie recht hätte, wozu hätte ich denn den Finger in die Soße schmuggeln sollen? Das macht doch keinen Sinn.«

    »Warum Sie das hätten tun sollen?«, meldete sich in diesem Augenblick Götz Wallenstein zu Wort. Er war neben mich getreten und berührte meinen Arm wie jemand, der um Aufmerksamkeit bittet. »Das will ich Ihnen gern sagen, mein Freund: Weil Sie mit dem seligen Herrn Fricke der Meinung sind, dass man dem Verbraucher minderwertiges Essen vorsetzen und ihm weismachen kann, es handele sich um biologisch hochwertige Kost, nur weil es minderwertig schmeckt. Natürlich und − ich möchte sagen − glücklicherweise ist der Verbraucher nicht so simpel gestrickt. Deshalb sind Sie und Herr Fricke dazu übergegangen, Stätten anspruchsvoller Gastronomie wie diese aufzusuchen und unappetitliche Skandale zu entfachen, nicht wahr?«

    »Ist es nicht eine Verschwendung«, gab ich zurück, »solche Wahlreden im kleinen Kreis zu halten, wo doch hier kein kritischer Geist anwesend ist, dem Sie damit imponieren können?«

    Anstelle einer Antwort breitete sich ein Grinsen auf Wallensteins Antlitz aus. Mitten in das Grinsen steckte er das Mundstück seiner Pfeife und vollführte einen Linksschwenk.

    Ich folgte ihm und sah in die Kameras des Westdeutschen Rundfunks, die direkt auf uns gerichtet waren.

    »Solche Dinge«, meinte der Restaurantchef, der jetzt gar nicht mehr zu mir sprach, sondern zu den Kameras, »sind unerfreulich. Nicht nur für die Gäste, die sich auf einen harmonischen und kulinarisch hochwertigen Abend gefreut hatten. Auch für die Gourmets und Liebhaber kreativer Küche draußen vor den Bildschirmen, die einen informativen Beitrag erwarten.«

    Na schön, dachte ich. Wallenstein mochte sich siegessicher fühlen, weil wir auf seinem Platz spielten. Aber zu große Überheblichkeit hatte schon oft zu einer Heimniederlage geführt.

    »Vielleicht würde es die Leute da draußen, die Sie für einen ehrenwerten und untadeligen Bürger dieser Stadt halten, aber auch interessieren, wie Sie Ihre Tochter behandeln«, sagte ich.

    »Meine Tochter?« Die Mimik des Hausherren sagte: ›Das ist ja wohl nicht Ihr Ernst‹, aber es war ihm anzusehen, dass ihn der Themawechsel irritierte.

    »Sie halten sich wohl für unfehlbar!«, schleuderte ich Wallenstein ins Gesicht. »Für den Guru aller Gurus, was? Sie denken, Sie können den Leuten erzählen, was Sie wollen, weil die so blöd sind, Sie für den großen Zampano der Gutesser zu halten, der zum finalen Kreuzzug gegen die Wurstvertilger dieser Erde bläst. Und schämen sich nicht, die Weltfremdheit dieser Leute auszunutzen.« Ich konnte sie förmlich vor mir sehen: Laura, wie sie, während sie ziellos durch die Stadt streifte, zufällig an einem Elektroladen vorbeikam, dessen Schaufenster voller Fernseher war, und abrupt stehen blieb, als sie mich erkannte. Und wie sie jedes einzelne Wort förmlich in sich aufsog und ihr fast die Tränen kamen, als sie mich all das aussprechen hörte, was sie ihrem Vater schon seit Langem ins Gesicht hatte sagen wollen. Tränen der Wut und der Erleichterung. Und der Dankbarkeit. »Dabei sind Sie doch nicht besser als alle diese Väter, denen ihr eigenes Ego über alles geht«, fuhr ich fort und spürte, wie das Pathos mich hinwegtrug. »Die nur für ihre Karriere leben. Bioladenbesitzer,

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