Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allmachtsdackel

Allmachtsdackel

Titel: Allmachtsdackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
Vom Netzwerk:
seiner Jackentasche für alle Fälle. Er hat den Jungen ins Gartenhäuschen verfrachtet und mit Handschellen ans Bett gekettet. Dann hat er ihn abgefüllt mit Alkohol und Gift. Vermutlich hat er das Zeug vor Ort gemischt. Irgendwann war Jannik tot. Dein Vater hat ihn in die Eyach geworfen und den Zaun zerstört, damit die Rinder über die Leiche hinwegtrampeln. Die kleinen Wunden an seiner Hand könnten durchaus von einem Elektrostrick und Zaunpfählen herrühren.«
    »Am Freitagnachmittag ist mein Vater beim Mittagsschlaf in seinem Bett gestorben, du erinnerst dich?«
    »Dafür gibt es keinen Beweis. Deine Mutter glaubt, dass dein Vater Mittagsschlaf gehalten hat, aber sie war ja nicht zu Hause. Sie war wie jeden Freitag bei Heidegisela im Pflegeheim. In dieser Zeit kann dein Vater die Leiche aus der Hütte geholt und über die Weide zur Flussbiegung getragen haben. Eine ziemliche Anstrengung für den kranken alten Mann. Daher auch die beschleunigte Leichenstarre.
    Er hatte alles sorgfältig geplant. Er hat schon Monate vorher angefangen zu probieren, wie man die Herde am besten in Marsch setzt. Zunächst hat er mit dem Beschuss der Rinder experimentiert. Aber ein Schuss versetzt die Herde eben nicht in Panik. Dann hat er festgestellt, dass es genügt, den Zaun aufzumachen. Vor allem, wenn die Weide nahezu abgegrast ist. Er konnte so gut wie sicher sein, dass die Herde Janniks Leiche zertrampelt, irgendwann im Lauf der Nacht. Und wenn nicht, so wäre es egal gewesen, denn es sollte seine letzte Tat sein.«
    Richard sagte demonstrativ nichts. Wir standen an der Ecke eines kleinen Buchladens, in dessen Schaufenster in Bestsellermanier ein Dutzend Mal das Gleichgewicht der Welt pendelte.
    »Und zwar, weil er nicht mehr lange zu leben hatte und weil er wusste, dass Vicky ihm auf den Fersen war. Dieser Spekulation können wir leicht Realität verschaffen, indem wir Janniks Eltern fragen. Vicky muss bei ihnen letzte Woche angerufen und nach Jannik gefragt haben. Himmel, er hat eine Woche mit Jannik am Playa del Ingles verpimpert, ihn Sonntag vor einer Woche hier in der Gegend abgesetzt und dann keinen Mucks mehr von ihm gehört. Er hat ihm Dutzende SMS geschickt. Wo bist du? Melde dich. Nicht nur Vickys Handy, auch Janniks Simkarte wird das offenbaren. Sein Handy muss immer wieder Töne von sich gegeben haben, und dein Vater hat auf dem Display gesehen, wer ihn suchte. Sein Großneffe Victor. Vielleicht hat Jannik ihm auch gestanden oder damit gedroht, dass Vicky ihn finden wird, solange er noch bei Sinnen war. Und Vicky muss in heller Aufregung gewesen sein. Aber er musste heimlich suchen. Erstens war Jannik minderjährig, zweitens dürfte Jannik selbst auf Geheimhaltung gedrängt haben. Vermutlich wird man bei ihm im Zimmer Mahnkarten finden, auf denen furchtbare Strafen für Lüstlinge und Knabenschänder angedroht werden. Er hatte Angst. Auch Vicky hatte Angst, er war verwirrt und verstört. Jedenfalls hat er es auf seiner Tagung in München nicht mehr ausgehalten, auch das wird sich nachprüfen lassen, und ist nach Frommern gekommen. Am Freitag war er hier. Vermutlich war er auf der Weide bei seinen Rindern, denn er wurde von einer Bremse gestochen. Womöglich hat er deinen Vater sogar gesehen, wie er zum Gartenhäuschen ging, wie er die Leiche zum Fluss schleppte, wie er sie hineinwarf und den Zaun öffnete. Und er ist zu Tode erschrocken. Die wenigsten Leute gehen hin, wenn sie einen anderen mit einer Leiche sehen. Nachdem dein Vater verschwunden war, hat er nachgesehen, wer der Tote ist. Er war fassungslos, zornig, verängstigt. Was tun? Vielleicht hat er stundenlang am Ufer gesessen. Die Dämmerung fiel. Die ersten abenteuerlustigen Stiere überquerten den Fluss. Seine Leitkuh Alice verstand ihn falsch und führte die ganze Herde hinüber. Später hat Alice ihm gezeigt, dass sie es ihm übelnimmt, dass er sie in die Sackgasse vom Altort hat laufen lassen.
    Verschreckt, beschämt und verwirrt suchte Vicky auf seinem Motorrad das Weite. Ich habe, als ich die Leiche deines Vaters untersuchte, in der Stille ein Motorrad bullern hören. Dazu das ferne Gemuhe der Kühe.
    Irgendwann entdeckte Vicky dann auf seinem Handy die Nachricht, dass sein Großonkel Martinus, der Mörder von Jannik, tot ist. Unmöglich, ihn nachträglich zu beschuldigen. Wer würde ihm glauben, dass der allseits geachtete Fabrikant und Stündler Martinus Weber einen jungen Burschen getötet hat. Und warum? Über Tote nichts Schlechtes! Wer auf

Weitere Kostenlose Bücher