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Allmachtsdackel

Allmachtsdackel

Titel: Allmachtsdackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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herein. Folgendes Problem hatte sich ergeben. Der Flachmann aus dem Besitz von Martinus Weber war abgewischt worden.
    Auf seinen Flächen befanden sich Abdrücke von lediglich zwei Personen, von Richard und einer weiteren Person, die man zunächst einmal dem Geschädigten, Victor Binder, zuordnete.
    Logisch. Oder doch nicht?
    »Herr Dr. Weber«, raunte Kromppein, »könnten wir mal kurz draußen … Frau Nerz, am besten, Sie kommen auch gleich mit.«
    Am Fenster zur Kreuzung, auf der ein schwülweißer Mittag lastete und ein launischer Wind Staub aufwirbelte, erläuterte uns Kromppein formlos, weil unter Kollegen, das Problem.
    »Eigentlich müsste ich Sie festnehmen lassen, Herr Dr. Weber. Sie sind nach einhelligen Aussagen Ihrer Mutter, von Frau Nerz und Ihnen selbst derjenige, der dem Geschädigten das silberne Schnapsfläschchen ausgehändigt hat. Wenn auch auf Verlangen Ihrer Mutter. Der Geschädigte, Victor Binder, hat einen Schluck daraus getrunken und es eingesteckt. Als Victor Binder in Gegenwart seiner Mutter, seines Vaters, seiner drei Schwestern und von Frau Nerz ein wiederholtes Mal daraus trank und wenige Sekunden darauf umkippte, hat Frau Nerz mit lobenswertem kriminalistischem Gespür das Fläschchen, ohne es zu berühren, samt Deckel und den Resten des Inhalts in eine Plastiktüte gesteckt und heute Morgen an Herrn Jürgen Binder übergeben, der es den Kollegen aushändigte. Die darin verbliebene Flüssigkeit enthält, einer ersten, noch sehr oberflächlichen chemischen Analyse zufolge, Alkohol und zu einem hohen Prozentsatz die beiden Thujon-Isomere Alpha und Beta, wobei das Betathujon in einer weitaus größeren Konzentration vorliegt, was, wie mir meine Fachleute erklären, auf seine Herkunft aus der Pflanze Artemisia absinthium hindeutet.«
    »Wermut«, bemerkte ich.
    »Sehr richtig, Frau Nerz. Ihrem Gespür verdanken die Ärzte auch den hoffentlich lebensrettenden sehr frühen Hinweis auf die Möglichkeit einer Vergiftung mit Thujon.«
    Ich lächelte den Hechinger Staatsanwalt schnurrend an.
    »Allerdings ist das Verhältnis von Alpha- und Betathujon wiederum so geartet, dass man davon ausgehen muss, dass auch andere Pflanzen für den Extrakt verwendet wurden, beispielsweise Thuja occidentalis, auch Abendländischer Lebensbaum genannt. Kurzum: Der Inhalt des Fläschchens ist wahrscheinlich hochgiftig. Ein Schluck muss nicht tödlich wirken, mehrere aber schon.«
    »Hm.« Richard machte Miene, als sei es lediglich eine Frage der Höflichkeit, dass er dem Kollegen sein Ohr lieh. Allein das musste Kromppein gegen den Kotzbrocken aus Stuttgart aufbringen. Und er genoss es.
    »Das für sich allein genommen, wäre noch nicht aussagekräftig«, fuhr der Hechinger Staatsanwalt in seinen Sommerjeans und dem gestreiften Poloshirt fort. »Aber nachdem gestern Nacht Dr. Zittel …«
    »Der Gerichtsmediziner?«, vergewisserte ich mich.
    »Nachdem Dr. Zittel mich gestern Nacht angerufen und eine Überstellung der Leiche des am Freitag verstorbenen Martinus Weber in die Gerichtsmedizin empfohlen hat …«
    »Warum das denn auf einmal?«, fragte ich.
    »Nun, er hat ja, wie Sie vermutlich wissen, die Leichenschau vorgenommen. Allerdings, wie er einräumte, wohl etwas zu eilig und mit zu großem Vertrauen in den Augenschein der Todesumstände. Überdies sei er bestürzt gewesen über den plötzlichen Tod seines, wie er sich ausdrückte, väterlichen Freundes und wohl zu sehr in Gedanken schon bei der Buchpräsentation, die nun ohne Martinus Weber stattfinden würde, und bei der traurigen Mitteilung, die er direkt vom Sterbebett kommend den im Zollernschlössle Versammelten überbringen würde. Kurzum: Ihm sind nachträglich Zweifel gekommen. Und zu Recht. Bei Ihrem Vater, Herr Dr. Weber, lässt sich eine akute Porphyrie nachweisen, ein Anstieg von Porphyrinen im Körper, einer Vorstufe des Hämoglobins. Aber fragen Sie mich bitte nicht weiter. Ich habe nur verstanden, dass das ein Hinweis auf eine Vergiftung mit Thujon ist. Mithin besteht der dringende Verdacht, dass Ihr Vater und Ihr Neffe, Herr Dr. Weber, denselben Giftcocktail bekommen haben. Und was soll ich jetzt tun? Es bleibt mir doch keine andere Wahl, nicht wahr? Ich muss Ihre Mutter vorläufig festnehmen.«
    Richard zog die linke Braue hoch. »Unter welchem Vorwurf?«
    »Mord und Mordversuch.«
    »Aber die Fingerabdrücke meiner Mutter sind doch nun eben gerade nicht auf dem Flachmann.«
    »Wie ich schon sagte, das Fläschchen wurde abgewischt, bevor

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