Allmachtsdackel
Sie und der Geschädigte es in die Finger bekamen. Anders ist das Fehlen von weiteren Fingerabdrücken, etwa denen Ihres Vaters, nicht zu erklären. Und wer sollte das getan haben, wenn nicht der- oder diejenige, der seine eigenen Fingerabdrücke beseitigen wollte. Und Sie werden mir sicherlich nicht erklären wollen, Ihre Mutter wüsste nichts über Fingerabdrücke.«
»Aber das heißt noch nicht, dass meine Mutter Zugang zu diesem Gift hatte.«
»Zu diesen Giften hat jeder Zugang, der eine Lebensbaumhecke im Garten oder in der Nachbarschaft hat oder weiß, wie eine Wermutpflanze aussieht. Es ist übrigens auch in Beifuß und Salbei drin.«
Und Lottes Garten bestand praktisch nur aus Giftpflanzen! Womöglich hatte ich den Wermut nur nicht erkannt. Außerdem war zwei Häuser weiter der Garten von Witwe Mauthe von Thujahecken umschlossen. Ich hatte sie gesehen, als ich vom Gartenhäuschen heraufkam.
»Und Ihr Vater ist ja nun tatsächlich ziemlich unerwartet gestorben. Jedenfalls haben Sie sich am Freitagabend in der Wielandshöhe dahingehend geäußert. Weshalb Sie übrigens, wenn ich mir die Feststellung erlauben darf, ein Alibi haben, Herr Dr. Weber.«
»Nein«, antwortete Richard. »Ich war am Freitagnachmittag hier in Balingen. Ich hätte sehr gut meinem Vater Gift einflößen können. Ich nehme mal an, der Tod tritt nicht unmittelbar nach Einnahme von Thujon ein. Zum Zeitpunkt seines Todes wäre ich, hätte ich das so geplant, wieder in Stuttgart gewesen, wo ich mich vom Anruf meiner Mutter mit der Todesnachricht im Restaurant hätte überraschen lassen können, so wie es ja auch tatsächlich geschehen ist.«
Kromppein lächelte. »Nebenbei bemerkt, warum haben Sie mich und die anderen eigentlich eingeladen?«
»Um mit Ihnen über die Beschwerden beim Generalstaatsanwalt und die drohenden Klageerzwingungsverfahren zu reden. Zusammen mit Staatsanwältin Meisner und Hauptkommissar Weininger hoffte ich Ihnen bei den Ermittlungen im Falle dreier ungeklärter Todesfälle aus den Jahren 1997 und 2001 und 2005 weiterhelfen zu können.« Ein feiner Ausdruck für: in den Arsch treten.
Kromppein machte ein Gesicht wie ein Pennäler, der sich aus taktischen Gründen nicht erinnern mochte.
»Die Toten im Hochleistungshäcksler, im Gülletank und im Siloballen«, half ich ihm auf die Sprünge.
»Frau Nerz hat«, fuhr Richard fort, »über diese und andere Fälle im vergangenen Jahr einen Artikel veröffentlicht, deshalb hatte ich sie dazugebeten. Der Artikel war für einige der Eltern der verstorbenen Jugendlichen Anlass, noch einmal auf Ermittlungen zu drängen. Und es war mein Vater, der sie dabei unterstützt hat. Er kannte die Jungen aus seinem Bibelkreis.«
Kromppein lächelte vage. »Und ich dachte, es hätte um Ihre Cousine Barbara Binder und diesen blödsinnigen Anzeigekrieg gehen sollen, den Ihr Vater geführt hat.«
»Und solange Sie nicht wussten, auf welcher Seite ich stehe, auf der meiner Cousine oder der meines Vaters, wollten Sie die Verwandtschaftsverhältnisse nicht kennen. Das kann man Ihnen nicht verdenken. Ich gehe davon aus, dass meine Cousine im Verlauf des Prozesses keine Veranlassung sieht, ihren Vorwurf zu wiederholen, sie habe Ihrer Frau nennenswerte Rabatte eingeräumt. Was nun meine Mutter betrifft, Herr Kollege, so ist es völlig ausgeschlossen, dass Sie irgendetwas mit dem Tod meines Vaters zu tun hat. Das können Sie mir glauben.«
»Mit Verlaub, Herr Kollege: Zum Glauben gehe ich in die Kirche«, antwortete Kromppein, völlig unbeeindruckt von der versteckten Drohung.
»Sie sind sich Ihrer Sache ja sehr sicher, Herr Kromppein.« Richard entschwäbelte den Namen zu Krummbein. »Das ist lobenswert. Aber nur mal angenommen … rein hypothetisch …«
Kromppein nickte.
»Nur mal angenommen, meine Mutter hätte tatsächlich meinen Vater … wobei wir noch nicht einmal über ein mögliches Motiv gesprochen haben. Aber gut. Angenommen, sie hätte meinen Vater …« Er brachte es nicht heraus und übersprang den Teil. »Warum hätte sie dann auf Victor ebenfalls einen Anschlag verüben sollen?«
»Ihm könnte ein Verdacht gekommen sein. Er ist immerhin Biologe. In den Augen Ihrer Mutter könnte er ein gefährlicher Zeuge gewesen sein.«
»Victor Binder war zur fraglichen Zeit in München. Er ist erst gestern Mittag in Frommern eingetroffen.«
»Nein, Richard«, widersprach ich. »Er ist von einer Bremse gestochen worden.«
Beide blickten mich konsterniert an.
»In München fliegen
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