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Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Aufenthaltsstatus war wie sein eigener: illegal.
    Er bedankte und verabschiedete sich.
    In der fast leeren S-Bahn saßen drei Jugendliche auf den Stufen zu den oberen Abteilen und ließen einen Joint herumgehen. Regenwasser floss die Scheiben hinab.
    Carlos legte den Kleidersack sorgfältig auf die Gepäckablage, räumte die Pendlerzeitungen weg und setzte sich.
    Sehr viel weiter als sein Patrón war auch er nicht gekommen.
     
    10
     
    Der Putumayo Club bestand aus einem Schild, auf dem, umrahmt von Orchideen, in bunten Buchstaben »Putumayo Club« stand. Unter der Woche hing es zwischen den Fußballbildern, Clubemblemen, Fotos der Stammgäste, Jassteppichen und Tagestellerangeboten über dem Stammtisch.
    Aber jeden Donnerstag schmückte es den Eingang zum »Sali« des Alten Kanoniers, dem kleinen Festsaal zwischen Wirtsstube und Kegelbahn. Dort trafen sich die Kolumbianer.
    Das Wirtshaus befand sich in einem Außenquartier. Das Taxi hielt vor einem Eckgebäude, dessen Wohnungen auf das Gleiswirrwarr des Güterbahnhofs blickten. »Zum alten Kanonier« stand auf dem Leuchtkasten einer Biermarke, die es nicht mehr gab. Zwei Treppenstufen führten zur Eingangstür. Durch eine vergitterte gelbe Scheibe drang Licht nach draußen.
    Die Gaststube war schlecht besetzt. Am Stammtisch spielten ein paar Männer Karten, an einem anderen saß ein altes Paar, das sich ein Essen auswärts leistete. Eine müde Frau aß mit ihren drei halbwüchsigen Kindern, ein junges Paar führte ein verlegenes Gespräch, vier junge Männer in Trainingsanzügen tranken Bier.
    Carlos ging voraus, am Büfett vorbei in einen Korridor. Aus einer Tür drang lauter Salsa. Eine Kellnerin mit einem Tablett voll leerer Gläser kam ihnen entgegen und zwängte sich vorbei. Sie betraten den Putumayo Club.
    Der Raum war nicht so voll, wie es von draußen geklungen hatte. Die Kolumbianer saßen an langen Tischen und sahen den paar Tänzern zu. Unterhalten konnte man sich nur, indem man schrie. Falls die Gäste dies getan hatten, waren sie beim Eintreten des ungleichen Paars verstummt.
    Allmen und Carlos setzten sich an einen der großen Tische, nickten den Leuten zu, die dort schon saßen, und warteten ab, bis die Musik ein Gespräch zuließ. Sie mussten lange warten.
    So ohrenbetäubend die Musik gewesen war, so überwältigend war die Stille, als sie aufhörte. Die Gäste saßen plötzlich stumm vor ihren Getränken, lächelten sich an und schienen darauf zu warten, dass sich wieder eine Geräuschkulisse bildete, in deren Schutz sie miteinander sprechen konnten.
    Der Mann, der ihnen in Begleitung von zwei Frauen mittleren Alters am nächsten saß, war auch der Erste, der sich hervorwagte. »Ich habe Sie hier noch nie gesehen«, sagte er zu Carlos.
    »Wir sind zum ersten Mal hier«, antwortete Carlos.
    »No me diga!«, rief der Tischnachbar aus. »Was Sie nicht sagen!«
    »Sie bestimmt nicht«, bemerkte Allmen.
    »Ich?« Der Mann entblößte einen goldgefassten Schneidezahn. »Ich habe den Putumayo Club mitbegründet. Vor acht Jahren. Mein Name ist übrigens Alfrede«
    »Dann kennen Sie bestimmt alle Kolumbianer der Stadt«, vermutete Carlos.
    »Es gibt nicht viele, die ich nicht kenne.« Der Mann sonnte sich eine Weile in diesem Umstand. »Vierhundertzweiunddreißig Mitglieder. Angefangen haben wir bei sechzehn. In acht Jahren!«
    »No me diga!«, rief auch Carlos ungläubig aus.
    Obwohl er schon so viele Jahre in Gesellschaft von Carlos lebte, hatte sich Allmen noch immer nicht an das umständliche Zeremoniell solcher Konversationen gewöhnt.
    Er sah, wie sich die Paare von vorhin wieder zum Tanz bereitmachten und sich ein paar jüngere Vereinsmitglieder um die Musikanlage scharten und in den cds stöberten.
    »Heute ist ein normaler Clubabend. Aber Sie sollten einmal am Tag der Befreiung hier sein. Oder am Tag der Unabhängigkeit. Da müssen wir die Wirtsstube dazumieten. Und dann stehen immer noch Leute auf der Straße.«
    Allmen verlor allmählich die Geduld. »Dann können Sie uns vielleicht helfen«, sagte er.
    »Con mucho gusto«, antwortete Alfredo. Mit Vergnügen.
    Die Musik machte jedes weitere Gespräch unmöglich.
    Erst in der nächsten Pause konnten Carlos und Allmen ihre Frage anbringen.
    »Maria Moreno?«, wiederholte Alfredo und sah seine zwei Begleiterinnen fragend an. Auch sie sagten sich den Namen vor. »Maria Moreno?«
    Alle drei schüttelten den Kopf.
    Vielleicht hätte Allmen International Inquiries schon aufgegeben, wenn sich nicht eine

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