Allmen und der rosa Diamant
Putzpersonal unerwünscht.«
Diese Begründung war Carlos eingefallen. Die Dame von Immolandia zweifelte keine Sekunde an ihrer Plausibilität und bat ihn um einen Augenblick Geduld.
Nach längerer Zeit kam sie mit der Information zurück, dass es auf die Etagen ankomme. »Erste und zweite Dienstag, dritte und vierte Mittwoch.«
»Vormittags oder nachmittags?«
Wieder ließ sie Allmen warten. Er hörte sie auf einer anderen Leitung telefonieren. »Vormittags«, lautete das Resultat ihrer Nachforschungen.
Allmen bedankte sich, versprach, die Information an die zuständige Abteilung weiterzugeben, die sich dann direkt melden werde.
Morgen war Mittwoch.
9
In der Nacht fielen die Temperaturen, und es regnete so stark, dass Carlos mehrmals aufstehen musste, um unter den Lecks im Glasdach der Bibliothek die Töpfe und Schüsseln zu leeren.
Jetzt, am frühen Vormittag, hatte es wieder zu regnen begonnen. Carlos, der seine Halbtagsarbeit je nach Witterung und anfallenden Arbeiten entweder vormittags oder nachmittags erledigte, hatte den Vormittag freigenommen.
Auf dem Weg vom Bahnhof Schwarzegg bis zur Gelbburgstraße musste er den Schirm aufspannen. In einer Hand trug er den Kleidersack mit dem Anzug. Wenn er ihm zu schwer wurde, tauschte er ihn gegen den Schirm aus. Immer öfter musste er die Hand wechseln.
Vor dem Haus stand ein Kombi mit Taxischild. Der Fahrer war seinem Fahrgast behilflich, eine Menge Gepäck im Laderaum zu verstauen. Carlos nahm den Lift in den dritten Stock.
Die Tür zu Apartment 12 stand offen. In der Diele standen ein paar Müllsäcke und ein Rollköfferchen. »Hallo?«, rief Carlos. Keine Antwort.
»Wen suchen Sie?«, fragte eine Stimme hinter ihm. Es war der Mann, der soeben das Taxi beladen hatte.
»Sind Sie Herr Sokolow?«
»Der wohnt schon lange nicht mehr hier.« Der Mann ging rein und holte das Rollköfferchen. »Und ich ab sofort auch nicht mehr.«
»Kennen Sie seine neue Adresse?« Versuchen konnte er es ja, fand Carlos.
»Nein, aber langsam fängt sie mich auch an zu interessieren.« Er schloss die Tür und entfernte sich grußlos.
Carlos ging von Wohnungstür zu Wohnungstür. Nirgends ein Putzteam zu sehen. Er stieg eine Treppe höher. Dort, vor Apartment 15, stand ein Putzwagen. Die Tür war halb offen. Das Jammern eines Staubsaugers drang heraus.
»Hallo?«, rief Carlos. »Con permiso?«
Der Staubsauger wurde abgestellt. Eine untersetzte grauhaarige Frau kam zur Tür. »Stf«
Carlos hatte Glück, die Frau war Ecuadorianerin. Das erleichterte das Gespräch.
»Ich suche Herrn Sokolow, Apartment 12.«
»Der wohnt nicht mehr hier.«
»Ich weiß. Eben bin ich seinem Nachfolger begegnet. Der wohnt auch nicht mehr hier.«
»Hier wohnt man nicht lange.«
»Wo bekomme ich jetzt seine neue Adresse?«
Die Frau zuckte mit den Schultern. »Sie sind nicht der Einzige, der das gerne wissen möchte.«
Carlos seufzte theatralisch und hob anklagend den Kleidersack in die Höhe. »Was mache ich jetzt damit?«
»Sind Sie von der chemischen Reinigung?«
»Chemische Reinigung? Schneider! Das ist ein Maßanzug!« Carlos öffnete den Reißverschluss. Zum Vorschein kam einer von Allmens vielen Maßanzügen. Aus sehr hellem Kaschmirstoff, bei dessen Farbwahl sein Patrón sich ein wenig vergriffen hatte. Der Anzug war ungetragen.
»Fassen Sie mal an. Über sechstausend!«
Die Frau streifte einen der Gummihandschuhe ab und berührte den Stoff voller Ehrfurcht. »Una maravilla!«, stieß sie aus.
»Wer bezahlt mir den jetzt?« Carlos schien den Tränen nahe.
Die Frau erbarmte sich. »Haben Sie etwas zum Schreiben?«
Carlos schloss den Reißverschluss des Kleidersacks, legte ihn vorsichtig auf den Boden und nahm aus seiner Brusttasche Notizblock und Kugelschreiber.
»Maria Moreno«, diktierte die Frau. »Kolumbianerin. Sie arbeitete auch hier. Sie hat erzählt, Sokolow habe ihr eine Stelle als Haushälterin angeboten.«
»Und? Hat sie sie angenommen?«
»Weiß nicht. Auf jeden Fall war sie auch weg, als er weg war. Maria Moreno.«
»Hab ich. Weiter?«
»Kolumbianerin.«
»Ja. Hab ich. Weiter?«
»Nichts weiter. Maria Moreno. Mehr weiß ich nicht. Maria Moreno, Kolumbien.«
Carlos seufzte. »Arbeiten Sie für die Immobilienfirma oder für ein Putzinstitut?«
Die Frau wurde misstrauisch. »Warum?«
»In deren Unterlagen müsste ihre Adresse doch zu finden sein.«
Sie sah ihn an, wie man ein begriffsstutziges Kind anschaut. Jetzt erst schaltete Carlos. Maria Morenos
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