Allmen und der rosa Diamant
und versprach, dass Herr de Leon sich mit ihr in Verbindung setzen werde.
Er kannte die Spätbergstraße. Sie lag keine fünf Gehminuten von der Villa Schwarzacker entfernt. Er steckte das Handy zurück in die Innentasche seines Jacketts und winkte Gianfranco für die Rechnung.
Während er wartete, fiel ihm ein Gast auf. Er saß ein paar Tische weiter, wie Allmen mit dem Rücken zur Wand, und las die International Herald Tribune. Allmen konnte ihn in dem breiten Wandspiegel beobachten. Einmal blickte der Mann über den Zeitungsrand, und ihre Blicke begegneten sich. Jetzt erst fiel Allmen die große Ähnlichkeit mit einem Schauspieler auf. Der Name lag ihm auf der Zunge, aber er kam nicht drauf.
Er wandte sich wieder seinem Buch zu, aber der Name des Schauspielers ließ ihm keine Ruhe. Immer wieder blickte er zu dem Mann mit der Zeitung. Als sich ihre Augen erneut begegneten, sah der Mann gleich darauf an ihm vorbei. Allmen folgte seinem Blick und bemerkte zwei Männer, die halb abgewandt an einem Fenstertisch saßen.
Als er bezahlt hatte und an ihnen vorbei zum Ausgang ging, hörte er sie reden. Es waren Engländer.
12
Das Haus in der Spätbergstraße 19 war eine architektonisch etwas verunglückte Villa aus den sechziger Jahren. Sie war in einer Mischung aus englischem und Tessiner Landhausstil gebaut, in dieser Gegend ohne Vorbilder und zum Glück auch fast ohne Nachahmer.
Sie stand nur etwa zehn Meter von der dichten Thujahecke entfernt, die das Grundstück gegen die Straße abschirmte. Dafür blieb im Westen, auf der Vorderseite des Gebäudes, ein breites Stück Land übrig. Von dort aus musste man einen schönen Blick auf See und Berge haben.
Das Haus sah unbewohnt aus. Die Fensterläden der unteren Etage waren geschlossen, die Fenster der oberen besaßen keine Vorhänge. Der Rasen, der den Plattenweg zur Haustür umgab, hatte einen Schnitt nötig, und der Briefkasten, der in den Gartentorpfeiler eingelassen war, quoll über von Quartierzeitungen und Prospekten, trotz der Aufschrift »Stopp! Keine Reklame!«. Ins Namensschild des Briefkastens hatte jemand von Hand »A. S.« geschrieben.
»A. S.«, Artjom Sokolow.
Allmen drückte auf die Klingel. Ohne Hoffnung, einfach, um nichts unversucht gelassen zu haben.
Und tatsächlich: In der oberen Etage wurde ein Fenster geöffnet. Ein jüngerer Mann in Anzug und Krawatte wurde sichtbar. »Zu wem wollen Sie?«
»Ich habe eine Frage zu diesem Haus.«
Der Mann taxierte Allmen und beschloss, dass ihn die Frage dieses eleganten Herrn interessierte. »Moment!«, rief er und schloss das Fenster.
Kurz darauf öffnete er das Gartentor und kam auf Allmen zu. Er gab ihm die Hand und stellte sich als »Schuler« vor.
»Allmen, freut mich.« Er gab ihm seine Karte, wieder die als ceo.
Schuler warf einen Blick darauf. »Aha, sozusagen ein Nachbar. Was kann ich für Sie tun?«
Schulers kurze Haare waren über der Stirn etwas länger und mit viel Gel zu Igelstacheln gestylt. Er benutzte zu viel eines zu aufdringlichen Eau de Toilette.
»Ich komme hier immer wieder vorbei und sehe das Haus leerstehen. Steht es zum Verkauf?«
Schuler schüttelte den Kopf. »Leider nicht. Das Objekt wird nur vermietet.«
»Ach so. Nun, ich wäre auch an einer Miete interessiert. Sie müsste allerdings sehr langfristig sein.«
»Das Haus ist bereits vermietet. Bedaure.« Schuler sah wirklich aus, als bedaure er es. »Sind Sie der Mieter?«
»Nein, ich bin von der Hausverwaltung.« Er fischte eine Visitenkarte hinter seinem Einstecktuch heraus und überreichte sie Allmen. »Immolux«, stand dort, »Ihr Spezialist für Immobilien der Sonderklasse. Esteban Schuler, Assistant Vice President«.
»Aber sehr bewohnt sieht das Haus nicht aus, Herr Schuler.«
Schuler seufzte. »Ist es auch nicht. Der Mieter ist nie richtig eingezogen.«
»Wie schade für ein solches Juwel.«
Beide betrachteten voller Mitgefühl das verschmähte Haus.
»Hat er denn die Absicht zurückzukommen?«, wollte Allmen wissen.
»Wir gehen davon aus. Der Vertrag läuft bis Jahresende.«
»Vielleicht wäre er interessiert an einer Ablösung. Ich würde keine Sekunde zögern.«
Schuler musterte den Interessenten mit der vertrauenerweckenden Adresse. »Sie wohnen ja auch schön.«
»Die Villa Schwarzacker? Die würde ich natürlich nie aufgeben. Sie wird nur langsam etwas eng für die Zwecke meiner Firma. Was ich suche, ist etwas zum Wohnen. Gehdistanz.«
Schuler erklärte sich bereit zu einer kleinen
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