Allmen und die Dahlien (German Edition)
Spaß noch.« Und dann zu Allmen: »Und grüßen Sie mir Claude. Wenn der abtaucht, steckt immer eine Frau dahinter.«
Kurz darauf verlor er di Gioya aus den Augen. Allmen lungerte noch etwas herum, wechselte da und dort ein paar Worte mit Bekannten, versuchte noch zweimal den Trick mit der Telefonnummer und ging schließlich für einen letzten Drink zurück an die Bar.
Kaum hatte er den Bourbon vor sich stehen, setzte sich Schneewittchen neben ihn. Mit Haut so weiß wie Schnee. Der Barmixer brachte ihr ungefragt ein Glas Champagner. »Alla salute!«
»Grazie«, antwortete sie. Sie nahm einen Schluck und gähnte undamenhaft. Sie bemerkte, dass er sie ansah, lachte und hielt verlegen die Hand vor den Mund.
»Stanca?«, fragte er, »müde?«
»Stufa«, antwortete sie, »gelangweilt.«
»Romana?«, fragte er.
»Das haben Sie aus einem Wort herausgehört, dass ich Römerin bin?«
»Ich habe lange in Rom studiert«, erklärte er. Was nur halb stimmte. Aber immerhin war er an der Uni eingeschrieben gewesen.
Mehr als eine halbe Stunde unterhielten sie sich über Rom, und wenn sie ein paar Jahre älter gewesen wäre, hätte Allmen das gereicht, um sich unsterblich zu verlieben. Sie war aber höchstens zwanzig, und so verliebte er sich nur ein klein wenig. Aber er war trotzdem enttäuscht, als plötzlich ein junger Italiener auf sie zukam und sagte: »Si parte!« Wir gehen.
Schneewittchen rutschte vom Hocker, berührte ihn an der Schulter und sagte: »Ciao!«
»John«, ergänzte er.
Aber sie sagte ihren Namen nicht. Lächelte nur und ging.
Er sah ihr nach, wie sie dem jungen Mann folgte. Der ging nicht auf den Ausgang zu, sondern in die andere Richtung, wo sie zwischen den lauter gewordenen Gästen verschwanden.
Mit di Gioya hatte er abgemacht, dass er ihm eine SMS senden würde, wenn er gehen wollte. Er schrieb »Let’s go!« und hörte hinter sich den Ton einer eingehenden Nachricht. Allmen sah sich um. Direkt hinter ihm stand Remo. Er trug bereits seinen Mantel und den von Allmen über dem Arm.
Auf dem Weg zu Herrn Arnolds Wagen musste er di Gioya etwas stützen.
Nur noch ein Türsteher stand am Eingang, ein paar Taxis warteten, der Schnee war in Regen übergegangen.
Auf dem Parkplatz leuchteten Scheinwerfer auf. Ein großer Wagen näherte sich. Es war Herrn Arnolds Fleetwood.
Er stieg aus, warf di Gioya einen prüfenden Blick zu und half ihm auf den Rücksitz.
Auf dem Weg sagte Remo mit schwerer Zunge: »Süß, nicht wahr, die kleine Dalia.«
»Ach, so heißt sie, Dalia?«
»Aber Finger weg, die gehört dem Rebler.«
»Der ist doch mindestens vierzig Jahre älter.«
»Und verknallt wie ein Schuljunge. Er hat einen seiner Gorillas zu ihrem Aufpasser gemacht. Er überhäuft sie mit Geschenken. Kürzlich wollte er ihr für ein Vermögen ein Dahliengemälde von Fantin-Latour schenken, zu Ehren ihres Vornamens.«
»Und?«
Remo di Gioya kicherte. »Jemand hat ihn überboten.«
Den ganzen Weg bis zu seiner Haustür kicherte er immer wieder. »Tino Rebler! Überboten!«
3
Das einzige Licht im Raum kam von dem Film, den der Beamer an die Leinwand warf. Dort sang und steppte Fred Astaire mit Ginger Rogers in einem weißen Pavillon. Es war still, keine Musik, kein Gesang, kein Klappern der Steppschuhe.
Der Raum war leer bis auf zwei Reihen Kinobestuhlung, zehn üppig gepolsterte Plüschsessel. In der Mitte der vorderen Reihe saß Dalia Gutbauer. Sie trug einen großen Kopfhörer und bewegte den Kopf in einem unhörbaren Rhythmus. Hinter ihr, um einen Platz versetzt, saß ihre Pflegerin. Ohne Kopfhörer, dafür mit einer Brille, von der eine kleine LED -Leuchte etwas Licht auf das Buch warf, in dem sie las. Sie hatte die Tür gehört und wandte sich jetzt zu den beiden Eindringlingen um.
Allmen hatte Cheryl Talfeld gleich am Morgen angerufen und darauf bestanden, Madame Gutbauer zu sprechen. Es sei entscheidend für den Erfolg der Ermittlungen.
Eine Viertelstunde später hatten sie sich in der Lobby getroffen. Statt ihm die Hand zu geben, fragte sie: »Was haben Sie herausgefunden?«
»Informationen, die mir Frau Gutbauer vorenthalten hat.«
»Nämlich?«
»Ihre wahre Beziehung zu Hardy Frey.«
»Die hat doch nichts mit dem Bild zu tun. Die ist privat.«
»In seinem Schlafzimmer hängt ein Foto des Bildes.«
Diese Information verschlug ihr für einen Moment die Sprache. Dann fragte sie: »Und was wollen Sie jetzt von Madame Gutbauer?«
»Wissen, was sie mir sonst noch verschweigt.«
»Madame
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