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Allmen und die Dahlien (German Edition)

Allmen und die Dahlien (German Edition)

Titel: Allmen und die Dahlien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Raum schattenlos aus. Im Schlafzimmer herrschte die gleiche Stimmung. Ein seiner Geheimnisse beraubter Raum, nüchtern und banal.
    María deutete auf das gerahmte Foto über dem Bett. » ¡Las Dalias desaparecidas, die verschwundenen Dahlien!«
    Allmen ging näher an das Bild heran. Es war die gleiche Schwarzweißfotografie des Gemäldes, das Carlos im Internet gefunden hatte.
    Er setzte sich in den Polstersessel neben dem Bett, über dessen Rückenlehne noch immer zwei Kleidungsstücke gelegt waren. Ein Unterhemd und ein gestreiftes Hemd mit noch geknoteter Krawatte und Manschettenknöpfen. Was hatte Hardy Frey mit den Dahlien zu tun?
    Aber María Moreno war noch nicht fertig. »Hay más sorpresas«, sagte sie, es gibt noch mehr Überraschungen. Sie hielt ihm den Ausdruck von Dalia Gutbauer und Leo Taubler unter die Nase. »Kommen Sie«, befahl sie.
    Er stand auf und folgte ihr. Im Salon führte sie ihn zu einer mit Fotos behängten Wand. Eines der Bilder zeigte denselben Mann. Zwar nicht im Smoking, sondern im Straßenanzug an einen Sportwagen gelehnt, einen Wartburg aus den fünfziger Jahren, falls Allmen sich nicht täuschte.
    Kein Zweifel: Hardy Frey und Leo Taubler waren ein und dieselbe Person.
    Als er den Salon verließ, wieder dieser Geruch.
    Plötzlich wusste er, wonach: nach Alter.

Zweiter Teil
    1
    Keine Dreiviertelstunde nachdem er die Suite drei hundertvier verlassen hatte, tigerte er in seiner Glasbibliothek auf und ab und wartete auf Carlos.
    Dieser war im Keller der Villa mit der Heizung beschäftigt. Der Brenner sprang nicht an, der Heizungstechniker ließ auf sich warten, und Carlos versuchte, die Panne selbst zu beheben. Anstatt sich um seinen frierenden Patrón zu kümmern.
    Einer der Momente, in denen Allmen die Spießigkeit seines Dieners verfluchte, mit der dieser auf seinem gesicherten Einkommen als Hauswart und Gärtner beharrte.
    Es war kalt im schlecht isolierten ehemaligen Treibhaus. Grauschwarze Regenwolken hatten die hellgraue Hochnebeldecke aufgefressen. Es würde ihn nicht überraschen, wenn es auch noch zu schneien begänne.
    Allmen beschloss, seinen Diener dadurch zu bestrafen, dass er höchstpersönlich Feuer machte. Er öffnete die Tür des Schwedenofens, zerknüllte ein paar Zeitungen, stopfte sie in die Brennkammer und machte sich auf die Suche nach Holz.
    Er hatte Carlos schon oft dabei beobachtet, wie er Feuer machte, aber noch nie darauf geachtet, wo er das Holz herholte. In der Küche war es nicht. Auch in dem Raum, der als Waschküche und Lagerraum diente, fand er es nicht. Schließlich zog er einen Mantel an und ging hinaus. Hinter dem Haus fand er tatsächlich einen sehr ordentlichen Holzstapel, den er vorher noch nie beachtet hatte. Er nahm drei Scheite und ging damit zurück zum Haus.
    Carlos musste gerade das Vestibül betreten haben. Allmen war sich sicher, dass er ein Grinsen unterdrückte, als er ihn im Kamelhaarmantel mit seinen drei Holzscheiten sah. Er kam auf ihn zu und nahm sie ihm ab. Seine Hände waren rußverschmiert, und er stank nach Heizöl.
    Carlos ging in die Bibliothek, Allmen folgte ihm im Mantel und sah zu, wie er die Zeitungen aus dem Ofen entfernte, aus einer Blechschachtel Anfeuerholz nahm, es aufschichtete und mit einem einzigen Streichholz in Brand setzte, alles in höchstens einer Minute. Er entschuldigte sich und kam zehn Minuten später sauber und in schwarzer Hose, weißem Hemd, Kellnerjacke und schwarzer Krawatte zurück. » ¿En qué le puedo servir, Don John?«, fragte er, wie kann ich Ihnen behilflich sein.
    »Siéntese usted«, sagte Allmen.
    Carlos nahm Platz im zweiten Lesesessel und wartete.
    »Hardy Frey ist Leo Taubler!«, platzte Allmen heraus.
    »¡No me diga!«
    Er reichte ihm das Foto von Dalia Gutbauer und Leo Taubler aus den fünfziger Jahren. »María hatte recht. Wie auf den Erinnerungsfotos von Hardy Frey – derselbe Mann. Was wissen Sie über ihn?«
    »Mucho«, antwortete Carlos. Er entschuldigte sich, ging die Treppe hinauf und kam mit dem Mäppchen seiner Internetrecherchen zurück. Er reichte Allmen ein Foto.
    Es zeigte zwei Männer auf einer Hotelterrasse vor Topfpalmen, beide gutaussehend und elegant gekleidet, der eine formell, der andere sportlich, offenes Hemd mit Seidentuch. Kein Zweifel: Der mit dem Seidentuch war Leo Taubler.
    Die Bildunterschrift lautete: »Kurt Bergler, alias ›Räuber Knigge‹, hier mit seinem Freund, Leo Taubler, dem man vergeblich eine Mittäter- oder Mitwisserschaft nachzuweisen

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