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Allmen und die Dahlien (German Edition)

Allmen und die Dahlien (German Edition)

Titel: Allmen und die Dahlien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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ersten Mal zurück. »Nur wenn andere Leute rauchen.«
    Er sah ihr dabei zu, wie sie an ihrer Zigarette zog wie eine Kettenraucherin. »Weshalb hängt über Hardy Freys Bett ein Foto des verschwundenen Bildes?«
    Sie kniff die Augen vor dem Rauch zu. »Was ist Ihre Vermutung?«
    »Er war es, der Ihnen das Original geschenkt hat.«
    »Bravo.«
    »Wussten Sie von Anfang an, dass es gestohlen war?«
    »Ich hatte es vermutet. Schockiert Sie das?«
    »Offen gestanden: Nein.«
    »Es war der teuerste Blumenstrauß, den mir je ein Mann geschenkt hat. Dahlien habe ich ab und zu bekommen, bei meinem Namen. Aber solche noch nie.«
    »Verstehe«, sagte Allmen, »aber warum haben Sie mir nichts davon gesagt?«
    »Es geht um den Verbleib des Bildes. Nicht um seine Herkunft.«
    »Vielleicht hat ja beides miteinander zu tun.«
    »Glauben Sie das?«
    »Wir klären es ab.«
    »Tun Sie das.« Sie drückte ihre Zigarette aus und fischte nach ihrem roten Funksender an der Goldkette.
    »Und? Wie ist es weitergegangen, mit Ihnen und Leo Taubler?«
    Er sah ihr an, dass ihr die Antwort nicht leichtfiel. Doch schließlich sagte sie: »Er reiste nach Brasilien, und ich spielte noch ein paar Monate Dame der Gesellschaft und folgte ihm. Wir lebten fast zehn Jahre zusammen.«
    »Wo?«
    »Überall ein bisschen.«
    »Und wie ging es auseinander?«
    Dalia drückte auf die Taste. »So, wie diese Geschichten eben auseinandergehen.«
    »Aber zum Schluss haben Sie immerhin wieder zueinandergefunden.«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Nein«, widersprach sie, »das haben wir nicht.«
    5
    Allmen hätte zwar lieber einfach so mit Carlos gesprochen, aber dieser bestand auf einer Schuhputzsession. Er könne beim Schuhputzen besser denken.
    So saß er also wieder auf dem hochgedrehten Klavierstuhl und sah auf Carlos hinunter. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass sich dessen blauschwarzes pomadisiertes Haar am Hinterkopf ein wenig zu lichten begann. Nur ganz wenig, und nur aus diesem Winkel und in diesem Licht sichtbar. Er hoffte, dass Carlos es noch lange nicht bemerken würde.
    »Carlos?«
    » ¿Que manda, Don John?«
    »Sie haben mir erzählt, dass kürzlich bei Murphy’s ein Dahlienstrauß von Fantin-Latour für mehr als das Doppelte des Schätzpreises von sechshunderttausend Franken ging.«
    » Así es, Don John.«
    »Zwei anonyme Telefonbieter hatten den Preis auf eine Million zweihundertachtzigtausend hochgetrieben.«
    »Exacto.«
    »Ich weiß, wer damals verloren hat.«
    » No me diga, Don John.«
    »Rebler.«
    Carlos nahm es schweigend zur Kenntnis, bearbeitete Allmens rechten Schuh und dachte nach.
    Allmen fuhr fort: »Er hat eine schöne junge Freundin. Italienerin. Sie heißt Dalia.«
    »Entiendo.«
    »Wissen Sie, bei wie viel er ausgestiegen ist?«
    »Bei einer Million zweihunderttausend, Don John.«
    »Er wollte also eine Million zweihunderttausend Franken ausgeben, nur um seiner Freundin eine kleine Freude zu machen.«
    Carlos blickte zu Allmen hinauf. »Alte Männer und junge Frauen, Don John.«
    Allmen lächelte. »So groß ist der Altersunterschied zwischen Ihnen und María zum Glück nicht.«
    » Diez años son bastante, Don John.« Zehn Jahre sind genug.
    Carlos begann die erste Politur mit dem langen straffen Tuch. Ein Arbeitsschritt, bei dem er nie sprach. Danach bemerkte er: »Im Internet habe ich viele Fotos von Señor Rebler gefunden, auf denen auch Señor Tenz zu sehen ist.«
    »Eben.«
    »Und bei seinem Großonkel hing ein Foto von Madame Gutbauers Dahlienbild.«
    »Er kannte bestimmt die Geschichte des Bildes.«
    »Und wusste, wo das Original hing.«
    »Die Beziehungen, Carlos, las relaciones .«
    Carlos hatte eine weitere geheime Tinktur auf die Schuhe aufgetragen und begann nun mit der zweiten, der finalen Politur, die die Kappen von Allmens Oxford-Schuhen zum Spiegeln brachte.
    Als er damit fertig war, bedankte sich Allmen und stand auf. Carlos fing an, das Schuhputzzeug in seine schwarze Kiste zu räumen.
    »Wir müssen diesen Tenz finden, Carlos.«
    »Oder die italienische Dalia, Don John.«
    6
    Treppenhaus und Wohnungstür waren so großzügig angelegt, dass Möbelträger mit Konzertflügeln keine Probleme hätten. Allmen hörte Geräusche aus der Wohnung, aber er klingelte und klopfte seit über fünf Minuten vergeblich.
    Gerade, als er begann, eine Notiz zu schreiben, erschien ein Schatten hinter der verzierten Milchglasscheibe, und einer der Flügel wurde aufgemacht.
    Ein junger Mann im Trainingsanzug stand vor ihm. Er trug einen

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