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Allmen und die Dahlien (German Edition)

Allmen und die Dahlien (German Edition)

Titel: Allmen und die Dahlien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Fioriti.
    »Allmen, John von Allmen, wir haben uns bei der Eröffnung des Snow White kennengelernt.«
    »Ach ja, wie geht’s? Woher haben Sie meine Nummer?«
    »Ich musste versprechen, es nicht zu verraten.«
    »Dann weiß ich, von wem. Weshalb hatten Sie angerufen?«
    »Ich möchte Sie zum Essen einladen.«
    Sie schwieg.
    » Pronto? Sind Sie noch da?«
    »Ich kann nicht mit Ihnen essen gehen.«
    »Warum nicht?«
    »Das wissen Sie. Der, der Ihnen meine Nummer gegeben hat, muss es Ihnen gesagt haben.«
    »Ich habe es ihm nicht geglaubt. Sie machten auf mich den Eindruck einer emanzipierten Frau.«
    Dalia Fioritis erneutes Schweigen ermutigte Allmen. »Es kann auch ein Lunch sein. Ein wenig schwelgen in Erinnerungen an Rom.«
    »Höchstens zu einem Drink.«
    »Wunderbar. Heute?«
    »Ein aperitivo. Sechs Uhr. Um sieben bin ich verabredet. Wo?«
    »In der Bar des Schlosshotels. Ein sehr diskreter Ort.«
    »Ein indiskreter Ort wäre mir lieber.«
    »Dann in der Goldenbar. Da geht kein Mensch hin, der nicht gesehen werden will.«
    8
    Allmen kam eine Viertelstunde früher in die Goldenbar. Es war die Zeit des Schichtwechsels zwischen denen, die noch, und denen, die schon da waren.
    Er wählte einen der kleinen Nischentische und winkte den Barkeeper heran, der bereits beginnen wollte, eine Margarita zu mixen.
    »Ein Flasche Cristal heute, Pedro. Ich erwarte noch jemanden.«
    Um sechs begann der Pianist behutsam mit Allmens Lieblingslied Where and When, und Allmen schickte ihm das übliche Glas Hauswein.
    Um zehn nach sechs erschien Dalia. Allmen stand auf, ging ihr entgegen, nahm ihr den Mantel ab und führte sie an seinen Tisch. Sie zogen die Blicke der Habitués an, Allmen würde beim nächsten Mal ein paar Bemerkungen zu hören bekommen.
    Dalia war noch schneewittchenhafter als beim letzten Mal, und das Licht in der vergoldeten Bar verlieh ihrer weißen Haut einen besonderen Schimmer. Sie bestellte wie erwartet Champagner. Pedro brachte ein zweites Glas und schenkte aus der goldenen Flasche im Eiskübel nach.
    Sie sprachen wie vereinbart von Rom, und Allmen war so verzaubert, dass er sich fragte, ob er von seinem ursprünglichen Plan absehen sollte, um die Stimmung nicht zu ruinieren.
    Doch bevor er sich entschieden hatte, servierte ihm Dalia einen so prächtigen Steilpass auf sein Thema, dass er nicht anders konnte. Sie fragte: »Was machen Sie im Leben?«
    »Kunst«, antwortete er.
    »Künstler?« Sie schien überrascht.
    »Nein, nein. Kunstvermittlung.«
    »Kunsthandel?«
    »So ähnlich. Ich bringe Kunstwerke und Menschen zusammen. Wieder zusammen.«
    Sie nahm ihren Kelch vom Tisch, führte ihn nachdenklich bis fast zum Mund und ließ ihn dort verharren. »Gestohlene Kunstwerke?«
    »Verschwundene. Verschollene. Abhandengekommene. Ich löse Kunsträtsel. Es gibt Werke, von denen die Kunstgeschichte weiß, dass sie geschaffen wurden, aber nicht, wo sie sich heute befinden.«
    Da führte sie das Glas an die Lippen und trank. »Erzählen Sie mir mehr.«
    Jetzt.
    Allmen griff in die Brusttasche und holte das Foto heraus. Er nahm es aus dem halbdurchsichtigen Papier und hielt es ihr hin.
    Es gelang ihr nicht, zu verbergen, dass sie das Gemälde kannte. Sie warf einen kurzen Blick darauf und einen langen auf ihn. Als müsse sie sich ein neues Bild von ihm machen.
    »Das ist eines der Werke, deren Geheimnis ich auf die Spur kommen will. Dahlien. Dalias. «
    Sie zuckte mit gespielter Gleichgültigkeit mit den Schultern und trank einen Schluck.
    Allmen steckte das Foto wieder ein.
    Eine Stimme neben ihnen sagte: »Si parte!«
    Allmen sah auf. Es war der junge Italiener vom Snow White Club. Er hielt ihren Mantel in beiden Händen, bereit, ihr hineinzuhelfen. Allmen würdigte er keines Blickes.
    Dalia Fioriti sah erschrocken zu ihm hoch. »Si parte!«, wiederholte er. Sie stand auf, ließ sich in den Mantel helfen und sagte: »Ich wollte ohnehin gerade gehen.«
    Auch Allmen war aufgestanden. Er wollte ihr die Hand geben, aber sie sagte nur »Ciao« und ging zum Ausgang. Gefolgt von ihrem Aufpasser.
    Die Goldenbar hatte sich zum Glück etwas gefüllt gehabt, und die Szene war nicht so aufgefallen. Aber von den Stammgästen an der Bar fing er doch ein paar spöttische Blicke auf. Er tat, als ob er sie nicht bemerken würde, winkte den Kellner herbei und ließ sich sein Glas füllen.
    Er stand unter dem leichten Schock, der sich immer dann einstellt, wenn ein Verdacht plötzlich zur Gewissheit geworden ist. So, wie Dalia Fioriti

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