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Allmen und die verschwundene María

Allmen und die verschwundene María

Titel: Allmen und die verschwundene María Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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dass sich am Schluss immer alles zum Guten wendet. Und seine Zuversicht wuchs, je mehr sie sich diesem Schluss näherten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich im nächsten Sack befand, wurde höher mit jedem, in dem es sich nicht befunden hatte.
    [92]  Doch kurz vor Mitternacht stellte sich Carlos’ Sichtweise als die realistischere heraus: In keinem der Säcke hatten sie die welke Dahlie gefunden.
    »¿Y entonces qué?«, fragte Carlos, was nun?
    »Morgen früh fragen wir die Leute vom Housekeeping. Vielleicht hat jemand die Dahlie entdeckt und sie behalten.«
    »Und wenn nicht?«
    Allmen hatte auch dafür eine Lösung parat: »Dann geben wir ihnen das beschädigte Bild. Und etwas Cash für die Reparatur.«
    Carlos schüttelte den Kopf. »Die werden das nicht akzeptieren«, prophezeite er düster. »Das sind Entführer. Sie kennen Entführer nicht, Don John.«
    5
    Im Korridor roch es nach Kaffee und Gebäck, als Allmen aus dem Zimmer trat. Es war noch vor sieben, die Dämmerungsschalter hatten die Straßenlaternen an der Promenade noch nicht ausgehen lassen.
    Vor sieben befand sich der Johann Friedrich von Allmen, der er war und sein wollte, höchstens noch auf den Beinen. Nicht schon . Bei allem Verständnis für Carlos und den Ernst der Lage.
    [93]  Er war denn auch entsprechend schlecht gelaunt, als er zu dem Nebenzimmer ging, in dem Carlos geschlafen hatte. Die Tür stand offen, und er hörte ihn mit einer Frau sprechen. Er betrat den Raum und erkannte das Zimmermädchen aus Ecuador, mit dem María während ihres verdeckten Einsatzes letzte Woche Dienst gehabt hatte.
    »Erinnern Sie sich an Señorita Pita Costa, Don John?«, sagte Carlos bei der Vorstellung. »Sie hat gestern das Zimmer von Señora Cutress nicht gemacht, aber sie weiß, wer.«
    »Adnan«, ergänzte Pita in ihrer geschwätzigen Art, die Allmen noch von der letzten Begegnung her in Erinnerung hatte. »Sie wohnt außerhalb der Stadt in…« – sie überlegte pantomimisch – »…egal, es fällt mir wieder ein, jedenfalls kommt sie eine halbe Stunde später als wir anderen, dafür bleibt sie länger. Sie wird bald hier sein, dann schicke ich sie zu Ihnen hinauf.«
    Auf dem Tisch in Carlos’ Zimmer stand ein Tablett mit zwei Tassen, einer Kanne Kaffee und einem Körbchen Croissants. Carlos’ Pflichtbewusstsein, selbst in Situationen wie dieser.
    Auf der Bettkante von Carlos’ Doppelbett nahmen sie wortkarg ihr Frühstück ein. Das Bett sah unberührt aus.
    Allmen raffte sich zu einer mitfühlenden [94]  Bemerkung auf: »Konnten Sie überhaupt nicht schlafen, Carlos?«
    »Ich habe es nicht versucht, Don John.«
    »Verstehe.« Das entsprach nicht der Wahrheit. Er verstand es nicht. Für Allmen war der Schlaf der ideale Zufluchtsort vor der Wirklichkeit. Je schlimmer sie war, desto tiefer war sein Schlaf. Was ihn manchmal wachhielt, waren nicht die Sorgen. Es war die Sorglosigkeit, denn sie hinderte ihn ab und zu daran, überhaupt schlafen zu gehen.
    Carlos sah müde aus. Sein schwarzes Haar war noch sorgfältiger gescheitelt und pomadisiert, sein Schnurrbärtchen noch exakter getrimmt und seine Haut noch glatter rasiert als sonst. Aber seine Augen hatten keinen Glanz, und die Ringe darunter sahen aus wie mit einem Graphitstift schattiert.
    »Bestimmt weiß diese Adnan etwas«, sagte Allmen, um Carlos aufzumuntern.
    »Si Dios quiere«, antwortete Carlos düster.
    Es klopfte, und eine kleine dunkelhaarige Frau trat ein. Sie trug die Uniform der Zimmermädchen des Schlosshotels: schwarzer Rock, schwarze Bluse mit weißem Kragen und weißen Ärmelumschlägen, weiße Schürze. »Sie suchen mich?«, fragte sie.
    Allmen stand auf, und Carlos tat es ihm nach. »Ja, danke, dass Sie gekommen sind. Wir haben nur eine kleine Frage.«
    [95]  »Bitte.«
    »Señorita Pita hat gesagt, Sie hätten gestern das Zimmer von Mrs.   Cutress gemacht.«
    »Ja. Warum?«
    »Jemand hat etwas verloren. Ein Stück von einem Bild. Eine Blume.« Allmen sah Carlos an, und der holte das Bild aus dem Kleiderschrank.
    Adnan sah es aufmerksam an und schwieg.
    »Sie sehen, dort, wo das Loch ist, fehlt eine Blüte, eine weiße. Frau Cutress hat sie in den Papierkorb geworfen. Ist sie Ihnen aufgefallen? Zufällig?«
    Das Zimmermädchen sah ihn ungläubig an. »Ich schaue nicht in den Müll. Ich schmeiße ihn weg.«
    »Natürlich«, beeilte sich Allmen zu sagen, »es ist nur… Wir haben den ganzen Abfall durchsucht. Die Blüte ist nirgends.«
    »Weiß nicht«, antwortete sie

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