Allwissend
stand am Straßenrand neben seinem Wagen. Die Tür war geöffnet. Dance runzelte die Stirn. Auf dem Beifahrersitz saß ein Jugendlicher mit stacheliger Frisur. Er trug eine dunkelbraune Jacke und darunter ein Aerosmith-T-Shirt.
Boling winkte sie zu sich. Ihr fiel sofort seine dringliche Miene auf. Das sah ihm gar nicht ähnlich.
Und sie merkte, wie unglaublich erleichtert sie war, ihn unversehrt vorzufinden.
Dann wurde sie neugierig, denn sie sah, was in seinem Hosenbund steckte. Sie war sich nicht ganz sicher, aber es schien der Griff eines großen Messers zu sein.
Kapitel 31
Dance, Boling und der Teenager saßen in ihrem Büro beim CBI. Jason Kepler war ein siebzehnjähriger Schüler von der Carmel South Highschool, und er, nicht Travis, war Stryker.
Travis hatte den Avatar zwar vor Jahren erschaffen, ihn aber online an Jason verkauft, zusammen mit »einem Riesenhaufen Rufpunkten, Lebenspunkten und Ausrüstung«.
Was auch immer das sein mochte.
Dance erinnerte sich daran, dass Boling erzählt hatte, die Spieler könnten ihre Avatare und weitere Gegenstände aus dem Spiel verkaufen.
Der Professor erklärte, wie er in Travis' Daten einen Hinweis auf die Öffnungszeiten der Lighthouse Arcade gefunden hatte.
Dance war dem Mann für seine hervorragende Detektivarbeit dankbar. (Obwohl sie ihm später noch ordentlich eins auf den Deckel geben würde, weil er nicht sofort den Notruf gewählt hatte, sondern auf eigene Faust zu der Spielhalle gefahren war, um den Jungen zu suchen.) Auf dem Schreibtisch hinter ihnen lag in einer Beweismitteltüte das Küchenmesser, mit dem Jason den Professor bedroht hatte. Es war eine tödliche Waffe, und der Junge hatte sich genau genommen einer schweren Tätlichkeit schuldig gemacht. Da Boling jedoch nicht verletzt worden war und Jason ihm das Messer freiwillig ausgehändigt hatte, würde Dance sich wohl mit einer strengen Verwarnung des Teenagers begnügen.
Boling schilderte nun, was geschehen war: Der junge Mann, der hier vor ihnen saß, hatte ihn an der Nase herumgeführt. »Erzählen Sie ihr, was Sie mir erzählt haben.«
»Also, ich hab mir Sorgen um Travis gemacht«, sagte Jason mit großen Augen. »Sie wissen ja nicht, wie das ist, wenn jemand aus deiner Familie so übel angegriffen wird wie Travis in dem Blog.«
»Aus Ihrer Familie?«
»Ja. Im Spiel, in DQ, sind wir Brüder. Ich meine, wir haben uns noch nie getroffen oder so, aber ich kenne ihn echt gut.« »Noch nie getroffen?«
»Na ja, schon, aber nicht in der wirklichen Welt, nur in Aetheria. Ich wollte ihm helfen. Aber vorher musste ich ihn finden. Ich hab versucht, anzurufen oder ihn per Instant Message zu erreichen, aber es ist mir nicht geglückt. Als letzte Möglichkeit fiel mir ein, in der Spielhalle herumzuhängen. Vielleicht hätte ich ihn ja überzeugen können, sich zu stellen.«
»Mit einem Messer?«, fragte Dance.
Seine Schultern hoben sich erst und sackten dann herab. »Ich dachte, es könnte nicht schaden.«
Der Junge war mager und kränklich blass. Es waren Sommerferien, aber ironischerweise kam er zurzeit wahrscheinlich viel seltener nach draußen als im Herbst und Winter, wenn er notgedrungen zur Schule gehen musste.
»Jason war in der Lighthouse Arcade, als ich dort ankam«, übernahm Boling den Bericht. »Der Angestellte ist einer seiner Freunde, und als ich mich nach Stryker erkundigt habe, hat er so getan, als würde er etwas nachsehen. Stattdessen hat er Jason vor mir gewarnt.«
»He, es tut mir leid, Mann. Ich wollte Sie nicht verletzen oder so. Ich wollte nur herausfinden, wer Sie sind und ob Sie irgendeine Ahnung haben, wo Travis steckt. Ich konnte ja nicht wissen, dass Sie zu diesem Bureau-of-Investigation-Ding gehören.«
Boling lächelte verlegen, als seine Amtsanmaßung zur Sprache kam. Er fügte hinzu, er habe gewusst, dass Dance mit Jason würde reden wollen, und habe es daher für besser gehalten, ihn direkt zu ihr zu bringen, anstatt auf das Eintreffen der Polizei zu warten.
»Wir haben uns einfach in den Wagen gesetzt und TJ angerufen. Er hat uns verraten, wo Sie waren.«
Es war eine gute Entscheidung gewesen - und nur geringfügig illegal.
»Jason, auch wir möchten nicht, dass Travis etwas zustößt«, sagte Dance nun. »Und wir möchten nicht, dass er anderen Leuten Schaden zufügt. Was meinen Sie, wo könnte er stecken?«
»Er könnte überall sein. Wissen Sie, er ist wirklich schlau. Er weiß, wie man draußen im Wald überlebt. Er ist ein Experte.« Der Junge
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